0045 - Der Höllensumpf
war nie verlegen um Gags. Einmal hatte er sogar Alligatoren im riesigen nierenförmigen Swimming-pool ausgesetzt, sie vor den Augen seiner Gäste schlachten und ihre Häute verarbeiten lassen. Als Abschiedspräsent konnte jede der Damen eine neue Krokoledertasche mit nach Hause nehmen, die noch nach brackigem Wasser stank.
Chris Morenos Feiern waren deshalb nicht zu unrecht berühmt.
Offiziell galt er als der Besitzer einiger florierender Nachtclubs, doch es war gleichzeitig ein offenes Geheimnis, dass auch noch Geld aus dunkleren Kanälen in seine Schatullen floss. Doch Morenos Beteiligungen an der Prostitution und dem Rauschgifthandel waren nicht Gegenstand auch nur eines einzigen der Partygespräche. Es war einfach ungehörig, darüber zu sprechen. Zum größten Teil lag das daran, weil man nie eine strafbare Handlung hatte nachweisen können.
Er ließ es sich eine ganze Stange Geld kosten, zweimal im Jahr als der Selfmademan und Mann von Welt zu gelten. Selbst der Oberbürgermeister von Miami konnte sich diesen Einladungen nicht verschließen.
Mr. Kelly Paddington stand in einem Kreis illustrer Persönlichkeiten aus der Stadtverwaltung und wiederholte zum ersten Mal in dieser Nacht, wie miserabel es mit den kommunalen Geldern bestellt sei. Sie würden nicht einmal mehr für die dringendsten Investitionen ausreichen, und mal müsse man wohl die Abgaben wieder einmal erhöhen. Immerhin war es schon fast ein Jahr her, seit die Kurtaxe angehoben worden war.
Niemand hörte ihm so richtig zu, denn Mr. Kelly Paddington sprach bevorzugt von den finanziellen Problemen der Stadt, wenn er getrunken hatte. Und betrunken war Mr. Paddington schon seit zehn Uhr abends. Es hätte nur mehr gefehlt, dass er mit einem Hut sammeln gegangen wäre. Es war immer dasselbe mit Mr. Kelly Paddington. Daher hatte sich Chris Moreno auf diesen Abend vorbereitet. Doch er wollte erst kurz vor Sonnenaufgang mit dem Scheck herausrücken, den er der kommunalen Verwaltung zur besseren Bewältigung ihrer Sorgen vorbereitet hatte. Natürlich sollten möglichst viele Leute bei der Übergabe zusehen. Vor allem jedoch mussten ein Reporter und ein Fotograf von der Miami-Beach-Gazette zugegen sein.
Mr. Chris Moreno suchte deshalb nach dem Journalisten, der sich auf dieser Party durchgefressen und durchgesoffen hatte. Allerdings wurde Dick Richard Weston nie betrunken, so viel er auch in sich hineinschüttete. Es gab tatsächlich Leute in Miami Beach, die im Zusammenhang von Dick Richard Westens Trinkfreudigkeit schlicht von einem Wunder sprachen. Auch sonst sah man dem schrulligen Reporter von der »Gazette« einiges nach, wie zum Beispiel seinen Namen. »Dick« bedeutet nichts anderes als die Kurzform von Richard, so dass Weston sich praktisch Richard Richard nannte. Doch das nahm ihm niemand besonders übel, weil Dick Richard Weston sehr viel Einfluss hatte und außerdem die Klatschkolumne in der Miami-Beach-Gazette schrieb, in der sich manche Damen und Herren aus der Gesellschaft gerne beweihräuchert sahen. Weil Mr. Dick Richard Weston außerdem gern eine spitze Feder schrieb, war er überall ein viel umworbener Gast.
Chris Moreno schaute zum östlichen Horizont, aufs Meer hinaus, wo schon die ersten verdächtigen Strahlen das Ende der Party ankündigten. Er hatte nicht mehr viel Zeit, und fast bereute er es schon, ausgerechnet den Moment des Sonnenaufgangs für die Übergabe des Schecks auserwählt zu haben, weil Mister Weston nirgends zu finden war. Aber manchmal hatte eben auch er romantische Anwandlungen. Und als festlicher Rahmen für die Überreichung eines Schecks über 50.000 Dollar erschien ihm der Augenblick eines Sonnenaufgangs besonders geeignet, noch dazu, wo die Miami-Beach-Gazette ihre Gesellschaftsseite am Montag immer farbig druckte.
Chris Moreno hoffte, für seine Party mindestens eine halbe Seite eingeräumt zu bekommen. Auch der Chefredakteur des Blattes hatte bereits eine entsprechende »milde Gabe« ausgehändigt erhalten.
Er fand Dick Weston in der Gesellschaft einer nicht mehr ganz taufrischen Dame, die ihren faltigen Hals hinter blitzenden Perlenketten verbarg. Sie trug ein ganzes Gehänge davon vor der welken Front, und das wertete sie wiederum um ein paar hunderttausend Dollar auf. Außer ihrem Geld hatte Mrs. Brabenworthy nicht mehr viel zu bieten, wenn man von ihren Eskapaden mit jungen Männern absah, die wiederum Stoff für Westons Kolumne boten.
»Entschuldigen Sie bitte, Mrs. Brabenworthy«, sagte Chris
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