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0045 - Der Höllensumpf

0045 - Der Höllensumpf

Titel: 0045 - Der Höllensumpf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Franc Helgath
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Seminola-Indianern gehört.«
    »Ich weiß, worauf du anspielst«, sagte Bill Fleming. »Die Seminolas sind bekannt dafür, dass sie sich während einer Art Mannbarkeitsfeier Gesichter und Oberkörper mit scharfen Messern zerschnitten und rote Erde in die blutenden Wunden streuten. Wer die schönsten und wohl auch schmerzhaftesten Ornamente auf seinem Körper hatte, hatte Aussicht, zum nächsten Häuptling gewählt zu werden, wenn der alte starb.«
    »An die Seminolas habe ich tatsächlich gedacht«, gab Professor Zamorra zu. »Weißt du noch mehr über sie?«
    »Das sind zwei Fragen«, sinnierte Bill laut. »Ich werde versuchen, dir alle zwei zu beantworten, aber nacheinander.«
    »Fang an.«
    Nicole hatte aufgehört an ihrem belegten Brötchen zu kauen. Ihre Blicke wanderten zwischen dem Chef und Bill Fleming hin und her.
    An Bills Mund blieben sie hängen.
    »Der Stamm der Seminolas hat schon immer die Historiker herausgefordert«, begann Bill Fleming, und er sprach so leise, dass Professor Zamorra und Nicole Duval ihn gerade noch verstehen konnten. »Er hat uns so viele Rätsel wie kein anderer Indianerstamm aufgegeben. Wo die Indianer des Nordens hergekommen sind, wissen wir beispielsweise. Sie kamen mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit über die Behringstraße auf den amerikanischen Kontinent, als Alaska und der asiatische Kontinent noch zusammenhingen. Bei den Seminolas ist das anders. Von ihnen wissen wir nicht, woher sie kommen. Sie sind allenfalls eine Mischrasse aus roten Mongoloiden und Indios des mittelamerikanischen Kontinents. Vor ihnen – und das ist die zweite Frage, die in der ersten enthalten war – haben die Ogas Florida bevölkert. Doch auch die waren kaum den mittelamerikanischen Rassen zuzuordnen. Es gibt Theorien darüber, dass sie aus der Karibik nach Florida gekommen sind. Dagegen spricht jedoch, dass ihre Kultur die Seefahrt kannte. Die war aber sowohl bei den Azteken, Tolteken, Mixteken oder Majas so gut wie unbekannt. Die Ogas nahmen alleine schon deshalb eine Sonderstellung ein. Und wenn ich ganz ehrlich sein soll: Kein Ethnologe oder Historiker der Welt kann die Ogas richtig einordnen. Die Seminolas übrigens genauso wenig.«
    »Wie ist das nun wieder zu verstehen?«
    Bill Fleming bedachte den Freund mit einem missglückten, scherzhaft gedachten Seitenblick.
    »Freut mich zu hören, dass du auch nicht alles weißt. Aber bündige Auskünfte sind über die Seminolas nicht zu holen. So wenig wie über die Ogas. Ihre Geschichte verläuft im absoluten Dunkel. Sie haben auch keine Baudenkmäler hinterlassen. Sie haben nie eine Schrift entwickelt.«
    »Das wundert mich«, gestand Zamorra. »So wie du sagst, waren die Ogas ein seefahrendes Volk. Damit müssten ihnen zumindest die Grundkenntnisse der Nautik gegenwärtig gewesen sein. Das wiederum würde bedeuten, dass sie Mathematik und Astronomie betrieben haben müssten.«
    »Anzunehmen«, entgegnete Bill knapp. »Aber die Seminolas haben nichts von den Kenntnissen ihrer Vorväter in die Gegenwart gerettet. Als die Spanier Florida in Besitz nahmen, leisteten sie nicht einmal Widerstand. Sie ließen sich töten wie das Vieh. Nur der kleinste Teil des Volkes konnte sich in das Innere Floridas retten.«
    Professor Zamorra schaute interessiert auf. »Bedeutet das, dass es heute noch Seminolas gibt?«
    Bill Fleming hob die Schultern, ein etwas hilfloses Zucken, mit denen gebildete Amerikaner den Tatsachen der Sklaverei und der rücksichtslosen Ausrottung der Indianer heute begegnen. Die Amerikaner beziehen ihre Erbschuld aus dem jüngeren Teil der Geschichte und reagieren manchmal leicht verletzt, wenn sie darauf angesprochen werden.
    »Ein paar wird es sicher noch geben«, sagte Bill Fleming gedankenverloren. »Alle sind nicht ausgerottet worden. Einige Kolonien leben noch draußen in den Sümpfen. Auf einer Art schwimmenden Insel. Du wirst in keinem Fremdenführer darüber lesen, denn wir Amerikaner sind nicht sehr stolz auf diese Tatsache. Deshalb gibt es auch keine Touristenboote dorthin. Das Leben der heutigen Seminolas ist trüb. Nachdem ihnen die Basis für ein selbständiges Leben entzogen worden war, leben sie mehr schlecht als recht von der staatlichen Wohlfahrt. Ihre Bedürfnislosigkeit kommt dem Steuerzahler noch entgegen.«
    »Du kennst so einen Seminola-Stamm?«
    »Ja. Ich war als junger Mann einmal dort.«
    »Dann kann das doch erst kürzlich gewesen sein«, warf Nicole ein, um dem Gespräch den plötzlich aufgekommenen,

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