0046 - Das Haus der Verfluchten
hören.
Der Zug kam immer näher an das Schloss heran, und immer deutlicher wurden die Geräusche.
Jetzt preschte ein Reiter durch die Einfahrt und parierte sein Pferd unmittelbar vor der Freitreppe durch.
Er sprang aus dem Sattel und jagte die Stufen hinauf.
Als er vor dem Portal stand, öffneten sich die Flügel, und Baron Bradois stand in der großen Tür.
»Was gibt es? Was bringst du für Nachrichten?«
»Herr, es ist fürchterlich! Wir haben vier Aufständische gefangen genommen. Es sind Hugenotten!«
»Und was soll daran so fürchterlich sein? Wo sind meine Söhne? Warum bringen nicht sie die Meldung?«
»Herr, das ist es ja eben, Eure Söhne sind tot! Sie wurden von den vier Männern erschlagen! Wir kamen dazu, als die vier gerade die Körper Eurer Söhne wegschaffen wollten.«
Baron Bradois stand wie erstarrt. Kein Muskel zuckte in seinem Gesicht.
Schließlich fragte er: »Die Körper? Was ist mit den Köpfen geschehen?« Nicht nur die Beobachter, sondern auch der Bedienstete fühlte, dass diese Frage von größter Wichtigkeit zu sein schien.
»Die Köpfe sind verschwunden, Herr, aber sie können nicht weit sein, denn die Leichname Eurer Söhne bluteten noch, als wir dazu kamen.«
»Es ist gut, lass diese Verbrecher vorführen!«
Vier Männer waren auf Pferde gebunden, sie konnten sich nicht bewegen. Einer von ihnen hatte eine seltsame Ausbuchtung in seinem Wams.
Dann folgten einige Bewaffnete. Die letzten Reiter führten vier Pferde, auf denen regungslose Gestalten lagen.
Lucille zuckte zusammen, als sie sah dass diese Männer offensichtlich keinen Kopf mehr hatten.
Immer noch tropfte Blut herunter, fiel auf den Boden und auf das Fell der Pferde, die nur mit Mühe zu bändigen waren.
Immer noch stand der Baron regungslos auf der Freitreppe. Ohne einen Muskel zu bewegen, sah er dem Zug zu, der jetzt im Hof war und sich verteilte.
Fackeln loderten auf, und andere Diener zerrten vorbereitete Reisighaufen heran und setzten sie in Brand.
In Minutenschnelle war der gesamte Hof in das flackernde Licht offener Flammen getaucht.
Besonders das Gesicht des Schlossherrn nahm einen unheimlichen Eindruck an.
Die Flammen schienen darüberzuhuschen und das Aussehen des Mannes in ständiger Veränderung zu halten.
»Nehmt Fackeln, reitet an den Ort des Überfalles, und sucht mir die Köpfe meiner Söhne! Sucht so lange, bis ihr sie gefunden habt!«
Die Stimme des Barons hatte einen unheimlichen Klang. Sofort stoben acht Reifer zurück in die Nacht.
Im Hinausreiten griffen sie sich einige Bündel mit Fackeln und waren nach wenigen Minuten außer Hörweite.
»Und nun zu euch, ihr Mörder!«, schrie der Schlossherr. »Wie könnt ihr es wagen, Hand an ein Mitglied meiner Familie zu legen? Wie könnt ihr es wagen, euch gegen einen Bradois aufzulehnen?«
»Aber Ihr lasst unschuldige Frauen und Männer verbrennen, was?« Der Mann mit der Ausbuchtung in seinem Rock hatte gesprochen.
Baron Bradois war offensichtlich entsetzt.
»Das waren Hexen, verurteilt durch das Gesetz der Kirche! Ihr solltet dankbar sein, dass ich dieses Land von diesen Wesen befreie!«
»Und wir sollen wohl auch dankbar sein, dass Ihr unser Land stehlt, dass Ihr und eure Freunde von der Kirche unsere Frauen und Kinder umbringt?«
»Ihr scheint mir selbst vom Hexenwahn befallen zu sein! Ich überlege, ob ich euch nicht vor das Gericht stellen soll!« Die Augen des Barons funkelten. »Was hast du da unter deinem Kittel?«, brüllte er plötzlich.
Einer der Bewaffneten ritt heran und schnitt mit einem Dolch die Fesseln durch.
Dann griff er unter den Rock des Bauern und holte ein Buch hervor. Der Soldat trieb sein Pferd bis zur Freitreppe und wollte seinem Herrn dieses Buch reichen.
»Ich spüre es, das ist ein Werk des Bösen«, schrie der Baron und wich zurück.
In dem Moment tauchten hinter ihm die drei Mönche auf. Einer hielt das schwere goldene Kreuz in den Händen.
Baron Bradois konnte gerade noch zur Seite treten, sonst wäre er von dem Mann berührt worden.
»Hatten eure Söhne doch noch Erfolg?«, fragte der älteste Mönch.
»Nein, sie sind erschlagen worden, und man hat ihnen die Köpfe abgeschnitten! Dort sind die Leichname meiner vier Söhne. Der fünfte ist heute Nacht auf dem Schloss geblieben.«
Mit ausgestrecktem Arm wies der Adelige auf die Pferde, die immer noch mit den sterblichen Überresten seiner Söhne belastet waren.
Sofort eilte der Mönch zu diesen Pferden und befahl den Männern:
»Legt sie
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