0046 - Das Haus der Verfluchten
werden wir an den vorbereiteten Platz legen. Wenn die Dämonen zurückkehren sollten, können sie das nur mit Hilfe des übernommenen Menschen ausführen.«
Sie gingen gemeinsam zur Kammer des alten Jean-Paul. Auch Lucille wollte nicht in ihrem Zimmer bleiben.
Der Raum war leer, und das Bett sah so aus, als ob es noch nicht benutzt worden wäre.
»Was machen wir nun?«, fragte der Verwalter ratlos.
»Wir haben kurz vor Mitternacht«, sagte Zamorra, »wir können nur die Erscheinungen abwarten. Jetzt werden wir aber den Totenschädel hier in das vorbereitete Grab legen.«
Sie gingen gemeinsam zu dem kleinen Friedhof, und der Professor gab den Schädel in die Öffnung des einen Grabes.
Martin hatte die Schrotflinte mit einem Spaten vertauscht und schaufelte das Loch zu.
»Was geschieht mit Jean-Paul?«, wollte er wissen.
»Das kann ich noch nicht sagen, aber da es sich offenbar um untergeordnete Dämonen handelt, wird er wohl mit dem Leben davonkommen. Das heißt, wenn wir ihn finden und die Dämonen vertreiben, vernichten können.«
Lucille stellte eine Frage.
»Wie ist es überhaupt möglich, dass diese Wesen, die Sie als untergeordnet bezeichnen, einen solchen Plan entwickeln?«
»Es kann nur so sein, dass die Dämonen mich belogen haben. Der, den sie ihren Meister nennen, ist auch noch in dieser Existenzebene zu finden. Das heißt also, dass der Dämon des Barons, den wir nachts sahen, immer noch auf unserer Welt weilt. Wo ist eigentlich das Grab des Dämons?«
»Das müssten wir in der Familienbibel nachsehen«, sagte Martin, »aber dort sind viele Lücken.«
»Wir haben nicht mehr viel Zeit, und es ist bald Mitternacht.« Zamorra drängte zur Eile.
Sie liefen in das Verwalterhaus, und Martin schloss einen alten Schrank auf.
Er holte ein schweres Buch hervor, dessen Einband mit eisernen Beschlägen versehen war!
»Es genügt, wenn wir ab 1685 suchen«, sagte der Professor.
»Hier ist es«, Martin blätterte noch ein paar Seiten um und nickte dann bekräftigend. »Baron Jean-Yves Bradois, gestorben am 28. Oktober Anno Domini 1685 unter seltsamen Umständen. Sein einziger überlebender Sohn und Erbe stand am nächsten Morgen zitternd und von Fieberschauern geschüttelt im Hofe seines Schlosses. Er gab an, Grauenhaftes in der Nacht gesehen zu haben. Der alte Baron lag mit verkrümmten Gliedern im Hofe des Schlosses. Alle Arm- und Beinknochen schienen gebrochen zu sein. Der Kopf hing so am Körper, dass jeder sah, dass das Genick gebrochen war. Nach der Beisetzung des alten Barons verließ der junge Herr das Schloss. Grauen packte alle, als der Sarg mit dem Toten am nächsten Tag oben auf dem Grabhügel stand! Mutige Männer hoben erneut die Grube aus und legten ein Kreuz auf den Sarg, und am folgenden Morgen war alles so, wie es bei einem christlichen Grabe sein sollte. Auf Wunsch des jungen Barons wurde sein Vater nicht auf dem Friedhof, sondern im Schlossgarten beigesetzt und zwar dort, wo früher die Kapelle des Schlosses stand, die eines Nachts rätselhafterweise abgebrannt war.«
»Da haben wir ja auch etwas über die Kapelle!«, sagte Martin.
»Nur wo dieser Ort gewesen ist, geht nicht aus diesen Worten hervor.«
»Das müssen wir heute Nacht klären«, sagte Zamorra.
***
Wirbelnde Nebel zogen über den Himmel und sanken dann immer tiefer.
Jetzt war der ganze Platz vor dem Schloss mit fast undurchdringlichen Schleiern bedeckt.
Zamorra hielt Lucille Renard am Arm. Seine andere Hand umschloss das Amulett.
Mit der Zeit riss ein Nebelschleier nach dem anderen auf, und das Schloss der Bradois präsentierte sich ihnen so, wie es vor Jahrhunderten ausgesehen hatte.
Der Hof war leer, weder Scheiterhaufen noch Galgen waren zu sehen. Kein Mensch, kein Tier lief herum.
In der Halle des Schlosses brannte Licht, und man hörte gedämpfte Stimmen. Zamorra zog die neue Besitzerin mit sich.
»Kommen Sie, es ist für uns ungefährlich. Wir wollen hören, was in der Halle gesprochen wird.«
Als sie neben dem Fenster standen, sahen sie, dass sich der Schlossherr mit den drei Mönchen unterhielt.
Lucille wollte fragen, was der Professor erwartete, dann fiel ihr aber ein, dass seiner Meinung nach dieses die Nacht sein musste, in der die vier Söhne des Schlossherrn von den Hugenotten umgebracht werden würden.
Sie hatte gerade diesen Gedanken beendet, als Fackelschein auf dem Weg aufleuchtete.
Geschrei ertönte, und dazwischen waren das Klirren von Waffen und das Stampfen von Pferdehufen zu
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