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0047 - Die Geisterfürstin

0047 - Die Geisterfürstin

Titel: 0047 - Die Geisterfürstin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Franc Helgath
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ketzerisch klingt. Hast du nicht dieses ewige Versteckspiel satt? Ihr liebt euch doch!«
    Zamorras Gesichtszüge froren ein. »Du bist betrunken, Bill!«
    »Ein wenig. Sicherlich. Muss ich dich wirklich mit einem Sprichwort bedienen? Ich muss zugeben, es fällt mir schwer. Aber Gegensätze ziehen sich nun einmal an, und daran wirst du auch nichts ändern können. Nicole ist jung, hübsch, ein Vollweib. Du bist älter. Nicht mehr so jung und ein Wissenschaftler. Hast du dich jemals um Sex gekümmert?«
    »Ich glaube, du gehst jetzt auf dein Zimmer«, sagte Professor Zamorra, und es lag nicht in seiner Absicht, dass diese Aufforderung wie ein Befehl klang.
    Bill fasste es trotzdem so auf. Für ihn war an diesem Abend alles ein wenig zuviel gewesen. Zamorra gab irgendwie zu, dass er Nicole liebte. Er wollte effektiv in die Vergangenheit reisen? Ganz ohne Zeitmaschine, sondern nur mit einem ziemlichen meschuggen Runenzeichen?
    Das Bibliothekszimmer begann vor Bills Blick zu kreisen. Er spürte es gar nicht mehr, wie Zamorra ihn sorgfältig auf die daneben stehende Couch bettete.
    Die Sonne schien voll ins Zimmer.
    Man sollte Whisky nicht mit Eis trinken, dachte Professor Zamorra.
    ***
    Am nächsten Mittag rief Kommissar Clermont aus Paris an. Seine Stimme klang übernächtigt. Er sagte dann auch, dass er bisher noch kein Auge zugetan habe und deshalb den Besuch nicht machen könne. Er käme gerne ein anderes Mal. Und ob er – Zamorra – inzwischen etwas herausgefunden habe, was ihm bei seinen Ermittlungen weiterhelfen könne.
    Zamorra verneinte. Zwar hatte er Neuigkeiten, doch mit denen konnte Clermont mit Sicherheit nichts anfangen. Erwartungsgemäß hatten auch Clermonts Ermittlungen nichts ergeben, was Zamorra nicht schon gewusst oder geahnt hätte. Nur war inzwischen noch ein elftes Opfer seinen Verletzungen erlegen. Untersuchungen der Wundränder hätten ergeben, dass es sich bei der Mordwaffe einwandfrei um eine scharfe Schneide aus purem, ungehärtetem Gold gehandelt habe, was die Lage Clermonts nicht unwesentlich erschwerte. Seine Vorgesetzten verlangten jetzt von ihm, dass er diese Waffe finde. Was Yves St. Laurent in seiner Show verwendet habe, seien samt und sonders Attrappen gewesen, mit denen man diese Verwundungen nicht habe zufügen können.
    Professor Zamorra ließ den Hörer auf die Gabel zurücksinken. Er war froh, dass Clermont nicht kam. Um so eher konnte er sein Experiment durchführen, von dem er noch nicht wusste, ob es überhaupt klappen würde.
    Er ging hinüber zum Wandtresor, schloss ihn auf und entnahm ihm eine kleine, wertvolle Schatulle, die innen mit rotem Samt ausgeschlagen war. In ihr lag an einer silbernen Kette das Amulett von Leonardo de Montagne, dem Magier und berühmtesten Ahnherrn einer Ahnengalerie, die lange Fluchten seines Schlosses schmückten.
    Leonardo de Montagne war der erste in der Reihe.
    Zamorra holte das Amulett heraus und legte es sich um den Hals.
    Das Metall fühlte sich seltsam warm und vertraut an auf seiner Haut. Dann schob er die Schatulle wieder an ihren Platz zurück und verdrehte die Nummernringe am Zahlenschloss. Langsam und wie in Trance einen Fuß vor den anderen setzend, wandelte er durch sein Schloss, bis er in den Flur gelangte, an dem die Gemälde aus früheren Jahrhunderten hingen.
    Schon vor dem ersten blieb er nachdenklich stehen.
    Er schaute in ein wässrig blaues Augenpaar, das wissend zu ihm heruntersah. Ein schlohweißer, zweispitziger Bart, zwischen den beiden Spitzen halb verdeckt das Amulett, von einem leichten Strahlenglanz umgeben.
    Doch Zamorra starrte nur in diese so ungeheuer gütigen und weisen Augen. Er stand manchmal so da vor dem Bild seines Ahnherrn.
    Immer dann, wenn schwerwiegende Ereignisse bevorstanden und Zamorra Kraft schöpfen wollte für das Kommende. In stummer Zwiesprache versunken stand er da, und auch diesmal verfehlte dieses Zeremoniell seine Wirkung nicht auf ihn.
    Wie von selbst strafften sich Zamorras Schultern, hob sich sein Brustkorb, nahmen seine Augen jenen harten Glanz an, den sie bekamen, wenn seine innere Anspannung ganz besonders groß war.
    Das Amulett auf seiner Brust erwärmte sich noch mehr, als würde es die Strahlen der Sonne auffangen, obwohl es düster war in diesem Gang. Es war, als würde das Amulett sich mit geheimnisvollen Kräften laden, um sie wieder freizugeben, wenn sie im Kampf gegen Gespenster und Dämonen gebraucht wurden.
    Zamorra atmete tief durch, füllte seine Lungen mit der kühl-

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