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0047 - Die Geisterfürstin

0047 - Die Geisterfürstin

Titel: 0047 - Die Geisterfürstin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Franc Helgath
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Opfers war vollbracht. Das Blut zweier Menschen geflossen, wenn auch nicht wirklich, so doch so täuschend echt, dass es der Realität gleichkam. Ihre Köpfe waren in die »Schwarzen Wasser Suukaatans« getaucht und hatten es zum Kochen gebracht, wie die violetten Nebelschwaden andeuten sollten.
    Gebannt starrte Professor Zamorra nach vorn. Er spürte es förmlich, dass etwas in der Luft lag, etwas sehr Schreckliches, das das Geschehen auf der Bühne zu einem harmlosen Schauspiel herabwürdigen würde.
    Die Eunuchen waren vorgetreten. Mit ihren Waffen ritzten sie symbolische Zeichen in die »Leichen« der beiden getöteten Mädchen.
    Blutrot quoll es daraus hervor. Die Zeichen waren gut zu erkennen. Sie sahen aus wie Runen, wie die altgermanischen Schriftzeichen. Aber eben nur so ähnlich. Tatsächlich hatten sie nichts damit zu tun.
    Und diesmal war es nur Zamorra, der die Bedeutung der Zeichen erkannte. Das heißt, er kannte die Zeichen selbst.
    Ein Teil von ihnen existierte auch auf dem silbernen Amulett Leonardo de Montagnes, das er von seinen Vorvätern geerbt hatte und das ihm Macht über Geister und Dämonen gab. Der Fund dieses Amuletts war Auftrag und Verpflichtung zugleich, überall, wo er auf sie traf, die Mächte des unnatürlichen Todes und der Finsternis zu bekämpfen.
    Zamorra brauchte nicht einmal die Augen zu schließen, um sich dieses Amulett vergegenwärtigen zu können.
    Der Drudenfuß in der Mitte leuchtete in reinem Silberglanz. Ein schmales Band umgab ihn, das die zwölf Tierzeichen trug, ein äußerer Ring enthielt geheimnisvolle Zeichen und Symbole, deren Bedeutung der Professor trotz intensiver Forschungsarbeit bisher nur zum Teil enträtseln hatte können.
    Einige der unenträtselten Zeichen erkannte er auf den Körpern der angeblich getöteten Mädchen wieder. Ein Zittern durchlief ihn.
    Dieses Zeichen, das aussah wie das chinesische Schriftzeichen für Haus, musste das »Zeichen der Verlockung« sein. Mit plötzlicher Klarheit ging ihm das auf. Und genauso plötzlich kam das übersteigerte Unbehagen, das ihn überfiel. Es trat so heftig auf wie ein körperlicher Schmerz.
    »Su- u- ka- atan…«, kreischte der Chor, schlugen die Zimbeln, wirbelten die Trommeln, tönten die Panflöten.
    »Weg hier!«, zischte Zamorra und sprang auf. Er zog Nicole und Bill einfach mit sich. Die Zuschauer in den Reihen protestierten, als sie aufstanden. Professor Zamorra nahm keine Rücksicht darauf.
    Normalerweise hätte er dem Publikum zuschreien müssen, dass es schleunigst den Saal verlassen sollte. Besser eine Panik als das, was bald geschehen würde. Die Ahnungen hatten Zamorra noch nie getrogen, und so bildhaft deutlich waren seine Ahnungen noch selten gewesen.
    Aber das Publikum hätte seine Stimme bei diesem infernalischen Lärm aus dem Orchestergraben gar nicht verstanden.
    So musste es sitzen bleiben, um den Wahnsinn abzuwarten, um schutzlos dem ausgeliefert zu sein, was in kurzer Zeit geschehen würde.
    »Was ist…?«, fragte Nicole und konnte ihre Frage nicht zu Ende formulieren, denn Zamorra unterbrach sie grob.
    »Halt bloß den Mund jetzt. Ich werde euch beiden das später erklären, wenn es für uns überhaupt noch ein später gibt.«
    Sie hasteten den geneigten Gang hoch, als es auch schon losging.
    Wieder applaudierte das Publikum wie toll.
    Dieser »Trick« war auch wirklich einmalig.
    Quer über dem Zuschauerraum war ein brennender Strahl wie ein breiter Laufsteg aus dem Nichts entstanden. An seinen Rändern züngelten bläuliche Flammen hoch.
    Und mitten aus der Empore kam eine Frau geritten. Sie ritt tatsächlich. Die Illusion wäre vollkommen gewesen, wenn es sich nur um eine Illusion gehandelt hätte, doch was jetzt geschah, hatte nichts mit Bühnentechnik und Zauberkunststückchen zu tun.
    Das war bittere Wirklichkeit, und von allen im Saal wusste das nur Professor Zamorra.
    Aus den Nüstern des Pferdes stob Feuer wie aus einem Drachen.
    Es war ein übergroßes, ein rassiges Pferd von edlem Bau. Wild schlug der Schweif.
    Die Köpfe der Zuschauer fuhren herum.
    Oben auf der Bühne hatte sich scheinbar Verwirrung breit gemacht. Die Akteure schrien auf, wie es nicht in ihren Rollenbüchern stand. Mit dieser Einlage hatte niemand von ihnen gerechnet.
    Mit der Einlage, dass Naonda, die Todesamazone, wirklich kommen würde. Die Frau saß gravitätisch auf ihrem Hengst. Ihre vollen Brüste waren hinter einem silbern schimmernden Panzer verborgen.
    Und das Krummschwert in ihren Händen

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