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0049 - Das Grauen an der Themse

0049 - Das Grauen an der Themse

Titel: 0049 - Das Grauen an der Themse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Wunderer
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kümmerten, sondern nur einen Unterschlupf für ihr hinterhältiges Treiben suchten. Und es lag abseits, damit keine Nachbarn mitbekamen, was hier vor sich ging.
    »Wollen wir uns nicht von hinten vorsichtig anschleichen?« schlug Jane vor.
    Ich winkte ab. »Der Schwarze Tod und seine Helfer wissen längst, daß wir hier sind.«
    Ich schritt offen auf die Eingangstür zu. Sie wich unter einem leichten Druck meiner Fingerspitzen zurück. Vorsichtig betrat ich die staubige Halle.
    Hier drinnen funktionierte das elektrische Licht nicht. Ich schaltete eine mitgebrachte Taschenlampe ein und leuchtete herum.
    Auf den ersten Blick war keine Falle des Schwarzen Todes zu erkennen. Ich rechnete aber auch nicht damit, daß er so simpel vorging. Diesmal ließ sich der Schwarze Tod bestimmt nicht leicht durchschauen.
    Wir durchsuchten das gesamte Haus vom Keller bis zum Dachboden. Nicht der kleinste Hinweis auf das Wirken einer dämonischen Macht. Dennoch war ich überzeugt davon, daß dies genau das Haus war, in dem uns der Schwarze Tod haben wollte. Hier sollte die entscheidende Auseinandersetzung stattfinden.
    Ich brauchte mich nicht mit Jane abzusprechen. In der Halle stellte ich meinen Koffer auf den Fußboden, klappte ihn auf und holte die magische Kreide heraus.
    Mit raschen Strichen zeichnete ich einen Kreis rings um uns und versah ihn mit starken Symbolen gegen das Böse. Dann setzten wir uns auf den Boden und begannen zu warten.
    Ich hatte den ersten Schritt getan. Nun lag es am Schwarzen Tod, den Kampf zu beginnen.
    ***
    Mitcham lag um zehn Uhr abends wie ausgestorben da. In diesem Londoner Vorort waren die Leute alle schon zu Hause. Niemand ging spazieren, niemand hatte zu einem Bummel Lust. Wollte doch jemand ausgehen, fuhr er ins Stadtzentrum.
    Daher gab es keine Zeugen, als sich dem Haus am Friedhof zwei Personen näherten. Von der einen Seite kam Angela Alessi, die noch immer unter dem Bann des Folianten stand.
    Von der anderen Seite schritt der Untote heran. Jack Fiddler war wie ein Roboter vom Schwarzen Tod programmiert worden. Er führte seine Befehle mit tödlicher Präzision aus.
    Dicht hintereinander bogen sie in die Sackgasse ein. Nur wenige Schritte vor dem lebenden Leichnam betrat Angela Alessi das Haus.
    ***
    Von Zeit zu Zeit warf ich einen ungeduldigen Blick auf die Uhr. Der Schwarze Tod ließ uns warten. Es wurde neun, halb zehn, zehn Uhr.
    Von Ferne drangen die Schläge einer Kirchturmuhr zu uns. Ich zählte lautlos mit. Jane flüsterte die Zahlen.
    »… acht, neun, zehn.«
    Bei zehn flog die Eingangstür auf. Wir zuckten zusammen. Jane packte meinen Arm.
    Ich brauchte die Taschenlampe gar nicht, weil im selben Moment die Halle des leerstehenden Hauses in einen bleichen Lichtschein getaucht wurde. Daher erkannte ich auch ohne meine Lampe Angela Alessi, die drei Schritte in die Halle herein trat und stocksteif stehenblieb.
    In ihrem eingefallenen Gesicht arbeitete es. Leben kam in ihre Augen.
    »Sie erwacht aus ihrer Trance«, murmelte Jane. »Der Schwarze Tod entläßt sie aus seinem Bann!«
    Sie hatte recht. Angela Alessi sah sich verwirrt um, starrte auf das Buch in ihren Händen und begriff offenbar gar nichts. Sie blickte zu uns herüber und runzelte die Stirn.
    »Wer sind Sie?« fragte sie leise. »Und wo bin ich?«
    Bevor ich antworten konnte, flog die Tür auf. Chefinspektor Molder stürmte in die Halle.
    »Endlich!« schrie er Angela an. »Jetzt entwischen Sie mir nicht mehr.« Er stutzte, als er uns beide auf dem Boden sitzen sah. »Sinclair?« fragte er überrascht. »Was machen Sie hier?«
    Ich stand auf und ging auf meinen Kollegen zu. »Das ist eine lange Geschichte.« Ich wollte ihm nicht die ganze Wahrheit sagen. »Aber wie haben Sie Mrs. Alessis Spur gefunden?«
    Ich stand dicht vor Angela und Molder und wartete gespannt auf die Antwort, doch mein Kollege rührte sich nicht von der Stelle. Für einen Moment glaubte ich, daß ich vor Müdigkeit schlecht sah. Seine Umrisse flimmerten, als würde er von einem leichten Nebel eingehüllt. Sein Gesicht war nur noch ein verschwommener Fleck.
    Im nächsten Moment klärte sich das Bild wieder, doch nun stand nicht mehr Molder vor mir. Auf Anhieb erkannte ich den Mann, der in Enfield versucht hatte, mir das Gesicht auf den Rücken zu drehen.
    Blitzartig begriff ich die Zusammenhänge. Das also war die Falle des Schwarzen Todes!
    Er hatte Angela Alessi geschickt und vor unseren Augen aus seinem Bann entlassen. Sie sollte ungefährlich wirken.

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