Die Krieger 4 - Das Geheimnis der Pforte
Die Krieger: Das Geheimnis der Pforte
M
ein Name ist Sombre, der Bezwinger. So wird es für
alle Zeiten sein. Ganz gleich, wie die Menschen mich in den kommenden Jahrhunderten nennen, dieser Name wird bleiben – tief in meinem Innern und vor den anderen Göttern. Ein Name, der untrennbar mit meinem Dasein verbunden ist, für alle Ewigkeit.
Und das macht mich zornig.
Anders als bei meinen Brüdern und Schwestern hat nur ein einziger Sterblicher meinen Namen ausgewählt, diesen alles entscheidenden Namen. Ein jämmerliches Geschöpf, das so viel schwächer war als ich und dennoch mein Schicksal in Bahnen gelenkt hat, aus denen ich nicht ausbrechen kann. Dieser Mensch, der sich Saat rief, formte meinen Geist, verlieh mir meine Kräfte und bestimmte mein Wesen.
Für all das hasse ich ihn.
Im Grunde gefällt es mir, Sombre der Bezwinger zu sein. Mir gefallen die Ehrfurcht und die Angst, die mein Name den Menschen einflößt. Mir gefällt meine Macht, die außergewöhnlich ist, selbst unter Unsterblichen. Und dennoch beneide ich meine älteren Brüder und Schwestern um einige ihrer Fähigkeiten. Denn ich kann nicht in die Zukunft sehen. Ich kann die Naturgewalten nicht beherrschen. Ich kann mich nicht binnen weniger Augenblicke von einem Ort an einen anderen versetzen – außer in Gestalt eines Avatars, eines Schattens meiner selbst. Doch am schlimmsten ist, dass ich nicht imstande bin, Leben zu erschaffen. Aus meinem Willen wird kein neues Wesen entstehen. Mein Atem wird keiner Kreatur den Lebensfunken einhauchen. Dabei würde es mir die größte Freude bereiten, aus Schlamm und Erde eine unbesiegbare Armee zu formen, Geschöpfe, die ganz allein meiner Vorstellungskraft entsprungen wären. Geschöpfe, die mir blind gehorchen würden. Doch das ist mir versagt, wie ich mit Zorn und Bitterkeit feststellen musste. Alles Wüten und Klagen half nichts. Ich musste anders vorgehen.
Ich bin zornig, weil Saat mir aus Selbstsucht die Schöpfungskraft verwehrt hat. Ich bin zornig, weil ich durch den Glauben eines einzigen Mannes herangewachsen bin. Und ich bin zornig, weil ich seinen Verrat nicht schon früher erkannte!
Mir scheint, dass ich die Augen absichtlich davor verschloss. Es wäre mir ein Leichtes gewesen, die Schranken einzureißen, die der Sterbliche zwischen seinem und meinem Geist errichtet hatte. Allein die Tatsache, dass er seine Gedanken vor mir verbarg, hätte mich misstrauisch machen müssen. Aber ich war noch nicht lange genug auf der Welt, um die Heimtücke der Menschen zu kennen. Selbst die dämonische Macht des Jal’karu hatte mich nicht darauf vorbereitet. Während all der Jahre, die wir Seite an Seite durch die Unterwelt irrten, hatte Saat nämlich behauptet, mein Freund zu sein. Mit dieser Gewissheit wuchs ich auf, ohne sie je zu hinterfragen. Alles, was ich lernte, brachte er mir bei, und so war seine Freundschaft für mich so selbstverständlich wie der Name, den ich einmal tragen würde. Beinahe hätte ich für alle Ewigkeit daran geglaubt.
Doch dem Hexer wurde zum Verhängnis, dass wir in die Welt der Menschen hinausfanden, noch bevor ich meine Entwicklung vollendet hatte. Die unzähligen Krieger und Sklaven, die Saat dazu brachte, mich zu verehren, führten sein Werk fort und prägten meinen Geist. Ihre Gebete öffneten mir die Augen, und als Saat mit einem Mal überraschende Entscheidungen zu treffen begann, wurde ich argwöhnisch. Zum Beispiel verzichtete er auf die Hinrichtung einer Priesterin, die zu jenen verfluchten Sterblichen gehörte, aus deren Reihen mein Erzfeind hervorgehen würde. Und dabei trug sie ein Kind im Leib, das wie alle Nachkommen jener Familien meinen Untergang herbeiführen könnte.
In jener Nacht suchte mich ein Junge namens Yan in meinem Mausoleum auf. Er war nicht der Erzfeind, und er hatte nicht vor, mir im Kampf entgegenzutreten, ganz im Gegenteil. Von ihm erfuhr ich Saats wahre Absichten.
Der Hexer wollte die Kontrolle über den Körper des Erzfeinds übernehmen, sobald dieser geboren wurde, um mich zu besiegen und dadurch Unsterblichkeit zu erlangen.
Der Zweifel, der sich schon seit mehreren Monden in mir regte, brannte plötzlich wie ein Feuer. Ich wollte nur noch eins: Saat seiner finsteren Gedanken überführen. Diesmal fegte ich seinen gedanklichen Schutzschild beiseite und tauchte ein in die Tiefen seiner erbärmlichen Seele.
Im ersten Augenblick war ich wie erstarrt. Ich hatte einen Teil meiner selbst verloren. Alles, was mich seit der gemeinsamen
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