005 - Gekauftes Glück
klar?"
Dora knickste und murmelte: „Ja, Mylady." Aufmerksam blieb sie vor dem Zaun stehen und sah zu, wie der junge Jonathan und der alte Tom den Durst löschten.
Margaret kicherte, als sie sich zu Ashleigh gesellte, und wies dann mit einem Nicken zum See, wo das Boot lag. „So, wie ich Dora kenne, wird sie die Henkelkrüge in der Sekunde an sich reißen, in der sie leer sind. Und die Blumen werden auch in Rekordzeit geschnitten und arrangiert sein. Sie schafft es stets, ihre Arbeit in der Hälfte der Zeit zu tun, wenn sie danach einen freien Nachmittag hat. Ich garantiere, daß sie heute sogar noch eine zusätzliche Stunde herausschinden wird. Ah, Dienstboten! Sie sind eine solche Piage!"
Ashleigh enthielt sich eines Kommentars, denn ihre Einschätzung von Doras Los war, daß die Zofe eine der am härtesten arbeitenden Bediensteten in Ravensford Hall war ... und die unglücklichste. Das arme Mädchen rannte Tag und Nacht für Margaret hin und her, um ihr jeden Wunsch zu erfüllen, und Ashleigh hatte sie niemals lächeln gesehen.
Doch sie verdrängte diese Gedanken, als sie sich mit Lady Margaret dem kleinen Boot näherte und genötigt war, Margarets Instruktionen beim Einsteigen zu beachten. Schließlich unternahm Margaret alles, um nett zu ihr zu sein, und sie war der Meinung, dann sei es nicht angebracht, schlecht über die Frau zu denken.
In ungläubigem Schweigen saß Mary da und las den Brief, den sie soeben zu Ende gelesen hatte, ein weiteres Mal. Es war nicht möglich! Das war einfach nicht möglich! Doch selbst wenn sie sich sträubte, das Gelesene für wahr zu halten, wußte sie, daß es die Wahrheit war. Der Brief war von Margaret Westmont unterschrieben, stammte aus dem Jahr 1766 und trug die Anrede „Andrew, mein allerliebster Geliebter". Das Schreiben mit zitternden Händen haltend, las Mary: Andrew, mein allerliebster Geliebter,
wir hatten wirklich Glück, daß der ausgedehnte Aufenthalt meines Bruders auf seinem Besitz in Surrey geholfen hat, ihm meinen Zustand zu verheimlichen. Doch Deine Nachricht, daß Janes Tochter eine Totgeburt war, muß, obwohl die Sache natürlich bedauerlich ist, auch als Glücksfall betrachtet werden. Natürlich teile ich Deinen Kummer über den Verlust des Kindes, aber Kopf hoch, mein Liebster! In einigen Stunden werde ich - ja, die Wehen haben beim Schreiben dieses Briefes bereits eingesetzt - dir ein Kind schenken, das nun als Dein legitimer Sprößling sehr viel leichter in Deinem Haus unterzubringen ist. Ich hoffe, es wird ein Sohn sein, und wenn das, was Du mir erzählt hast, stimmt, dann dürften wir keine Schwierigkeiten haben, ihn Deiner verwirrten, niedergeschmetterten Frau in die leere Wiege zu legen und sie davon zu überzeugen, es sei ihr Kind.
Wundervolle Neuigkeiten, mein Liebster! Zwischen sieben und acht Uhr gestern abend habe ich Zwillingen das Leben geschenkt! Das erste Kind ist ein Junge, und ich habe ihn, wie mit Dir besprochen, David genannt. Das zweite Kind ist ein Mädchen, das ich, Deinem Wunsch entsprechend, Caroline genannt habe. Wie wir ebenfalls besprochen haben, habe ich dafür gesorgt, daß die aus Glasgow mitgebrachte Hebamme umgehend nach Hause gefahren wird. Sie reist in dem Moment ab, wenn das taubstumme Mädchen aus dem Dorf bei mir ist, um sich um mich zu kümmern.
Niemand darf je herausfinden, was Du und ich getan haben ...
Mary ließ den Brief in den Schoß fallen, viel zu verblüfft, um klar denken zu können.
David ... Caroline ... aber das waren doch die Hastingszwillinge, die ... Caroline!
Caroline hatte Edward geheiratet, nachdem er geschieden worden war. Aber ... aber das bedeutete, daß Margaret alles gewußt und zugesehen, nein, sogar bewußt dafür gesorgt hatte, daß Edward seine Cousine ersten Grades heiratete! Durch ein unglaubliches Intrigenspiel hatten sie und Lord Andrew Hastings, ihr Liebhaber, ihre illegitimen Sprößlinge Lady Jane an Stelle des totgeborenen Mädchens untergeschoben und die Sache all die Jahre geheimgehalten!
Das heißt, außer Jane Hastings hatte kein Dritter um dieses Geheimnis gewußt. Die arme, unglückliche Frau war durch den Einsatz von Drogen in verwirrtem Zustand gehalten worden - in dem Brief hatte nämlich noch die an Andrew gerichtete Warnung gestanden, er dürfe eine Weile lang noch nicht aufhören, diese Mittel seiner Frau zu verabreichen, „unser Kräutergebräu", wie Margaret es formuliert hatte. Sie und Andrew hatten angenommen, daß Janes Sinn so verwirrt sei, daß
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