005 - Wrack aus der Vergangenheit
ihnen erzählt, dass da fremde Götter aufgetaucht sind – negative Götter für diejenigen, die dies hier als Heiligtum verehren?«
Ich lag genau richtig. Eigentlich hätte es der Zustimmung gar nicht mehr bedurft.
Und dann kam die Frage, die mir am meisten unter den Nägeln brannte und mich äußerst nervös machte: »Wie viele Priester hat das Heiligtum?«
Er zeigte mir seine sechsfingrige Hand und betrachtete sie zunächst unschlüssig. Dann klappte er erst einen Finger weg. Mit dem Ergebnis war er nicht recht zufrieden. Er probierte es mit noch einem Finger.
Ich hätte gern nachgeholfen, zwang mich aber zur Geduld.
Ein dritter Finger kam weg. Noch drei Priester? Nein, einen Finger machte er halb. Und dann gab es auch in dieser Hinsicht keine Zweifel mehr: Der Computer hatte uns genarrt: Er hatte mehr als einen Roboter. Als er jedoch gesehen hatte, wie empfindlich der erste auf Schockstrahlen reagierte – da hatte er die anderen zwei vorläufig zurückgehalten. Der halbe Finger – das war der schwer beschädigte Roboter, der jetzt wahrscheinlich irgendwo – innerhalb der Ruine? – von den restlichen Robotern repariert wurde. Und ich zweifelte mehr denn je daran, dass es wirklich gelungen sein sollte, den Computer so nachhaltig zu zerstören!
»Du verdammter Halunke!«, rief ich aus. Der Door-moorn wich erschrocken vor mir zurück. »Nein, ich meine nicht dich, sondern den Hüter des Heiligtums. Ich glaubte, er sei zerstört, aber er ist noch sehr aktiv.«
Ich wandte mich an Dimitrij. »Wir müssen so schnell wie möglich nach Tanya und die anderen sehen – ehe es zu spät ist …«
Aber vielleicht war es bereits – zu spät? Wir waren mal wieder hereingelegt worden. In welchem Ausmaß, das war gar nicht abzusehen.
Auf jeden Fall hatte ich die Lage nicht richtig überschaut: Nicht der Comp hatte die Menschen unterschätzt, sondern umgekehrt …
Ganz gewaltig sogar …
*
Diesmal fand es auch Tanya unverantwortlich, dass Ken die Gruppe aufgespalten hatte. Obwohl sie andererseits einsehen musste, dass es im Grunde genommen gar nicht anders gegangen war. Sollten sie denn den bewusstlosen Juan de Costa überall hin mitschleppen? Mario Servantes schimpfte vor sich hin. Er schaute immer wieder zum Dschungelrand hinüber. Dort rührte sich nichts mehr, aber sie fühlten sich wie aus tausend Augen ständig beobachtet.
»Diese verdammte Bande!« Tanya schüttelte missbilligend den Kopf. »Das Ganze ist nur ein Missverständnis, Mario. Das weißt du genauso gut wie ich. Die Grünen meinen es nicht böse. Sie sind nur von dem Computer vereinnahmt worden. Sind wir nicht selber auf ihn hereingefallen? Er ist ein Meister der Strategie und spielt mit uns Katz und Maus.«
»Was sagst du da, Tanya?«, rief Mario alarmiert. Er schaute zur offenen Tür, aus dem der Qualm drang. »Oh, mein Gott! Und wenn das auch wieder nur eine Finte ist, um uns hier in Sicherheit zu wiegen und …?« Weiter kam er nicht, denn in diesem Augenblick traf ihn ein Schockstrahl – direkt aus der offenen Tür heraus.
Tanya schrie auf und dann zeigte sich, was sie als Überlebensspezialistin gelernt hatte: Sie sprang beiseite, zog gleichzeitig ihren eigenen Schocker und schoss. Nichts geschah in der Öffnung. Tanya rollte sich in die Deckung der Wand. Jetzt konnte sie sich nicht mehr um Juan oder um Mario kümmern. Aber sie brauchten ihre Hilfe sowieso nicht. Erst später, wenn sie wieder zu sich kamen …
Ja, der Comp war ihnen über. Das hatte er oft genug bewiesen. Das ganze Theater mit den Sterbelauten …
Sie gellten Tanya noch in den Ohren, obwohl sie längst verstummt waren. Er hatte wahrlich gelernt, mit einfachsten Mitteln auszukommen. Aber wo, um alles in der Welt, hatte er den dritten Schocker her? Wenn er doch selber einen besaß – wieso hatte er ihn nicht früher eingesetzt?
Dafür gab es eigentlich nur eine Erklärung: Es hatte früher keinen gegeben!
Tanya Genada zog ahnungsvoll den Schocker, den sie dem einen Grünen abgenommen hatte. Dieser Grüne hatte nicht geschossen. Als hätte seine Waffe versagt.
Tanya wog sie in der Hand. »Verflixt!«, entfuhr es ihr. »Wieso ist mir nicht gleich aufgefallen, dass es sich nur um eine Attrappe handelt? Dieser Comp lässt auch wirklich nichts aus.«
Sie kam nicht umhin, für das Rechengehirn so etwas wie Bewunderung zu hegen – obwohl sie Feinde waren. Aber das Rechengehirn folgte lediglich seinem Programm und für dieses waren sie unwägbare Gegner, nur
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