0052 - Der doppelte Dämon
sehr schnell, als er sah, was Natalie George vor ihn auf den Tisch legte. Sal Banacek starrte die magere Ausbeute an.
Er war ein großer, kräftiger Bursche mit einem Gebiß, mit dem er Eisenstäbe durchbeißen zu können schien. Er gefiel sich in Cowboykleidung.
Seine Wildlederjacke war mit langen Fransen besetzt. In einer Lederscheide am Gürtel steckte ein Bowiemesser. An den Füßen trug er weiche Stiefel, die eine handbreit über die Knöchel ragten.
Er war das, was man im allgemeinen als schön bezeichnet. Deshalb war Natalie auch auf ihn hereingefallen. Vor etwa drei Jahren war sie vom Land in die Stadt gekommen.
Sie hatte kaum Ersparnisse mitgebracht, hatte von einem besseren Leben geträumt, hatte nicht gewußt, wo sie unterkommen sollte und wovon sie leben sollte.
Als sie ihren letzten australischen Dollar in Essen umgesetzt hatte, hatte sie sich zu fragen begonnen, ob es richtig gewesen war, nach Melbourne zu gehen.
Daheim hatten die jungen Leute von der großen Stadt gesprochen, als wäre es das Mekka der Jugend. Ein Schlaraffenland, in dem einem die gebratenen Hähnchen in den Mund fliegen würden.
Doch die Wirklichkeit hatte anders ausgesehen. Natalie George hatte sich die Hacken schiefgelaufen, ohne Erfolg. Niemand gab ihr Arbeit, denn sie hatte nichts gelernt.
Sie war auf der elterlichen Farm Mädchen für alles gewesen. Aber die Betriebe, in denen Natalie nach Arbeit fragte, brauchten Girls, die für den freien Posten bereits vorgeschult waren.
Mit unehrlichem Bedauern schüttelte man überall den Kopf und schickte das blonde Mädchen immer wieder weg.
Da man von falschem Mitgefühl nicht satt wird, quälte das Mädchen schon bald der Hunger. Sie kam sich erbärmlich vor, als sie in die Selbstbedienungsrestaurants ging und dort die Reste hinunterschlang, die andere Leute übrigließen. Aber sie war zu stolz, um auf das Land zurückzukehren und zuzugeben, daß es ein Fehler gewesen war, das Dorf zu verlassen.
Sie hatte Angst vor dem spöttischen Grinsen der Leute, vor ihrem Gelächter, vor ihrem Hohn. Deshalb blieb sie in Melbourne.
Und damit begann ihr Leidensweg, denn in dem Augenblick, wo es ihr am dreckigsten gegangen war, tauchte Sal Banacek als »rettender Engel« auf.
Heute wußte sie, daß sie sich damals nicht von ihm hätte helfen lassen dürfen. Doch der Abend ist immer klüger als der Morgen. An der Tatsache, daß ihr Sal Banacek geholfen hatte, war nun nichts mehr zu ändern.
Er erhob sich mit gerunzelter Stirn. Sein durchdringender Blick musterte Natalie. Sie trug ein einfaches rotes Kleid, das ihre Rundungen betonte. Sie hatte üppige Brüste, einen strammen Po und wohlgeformte Hüften.
Ein Mädchen, das so anziehend aussah wie Natalie George, mußte einfach mehr Geld verdienen als die paar Kröten, die sie soeben vor Sal Banacek auf den Tisch gelegt hatte.
Der Zuhälter hakte die Daumen in seinen Gürtel. »Sag mal, wofür hältst du mich, Baby?«
Natalie George holte tief Luft. Sie hatte schon befürchtet, daß es nicht genug sein würde, was sie Sal Banacek gegeben hatte.
Sie stellte sich aber dumm und erwiderte: »Ich verstehe nicht, was du meinst, Sal.«
Zorn funkelte in Sal Banaceks Augen. »So. Verstehst du nicht. Dann will ich es dir mal erklären.« Er wies auf die Banknoten. »Denkst du, ich lasse mich mit diesem Bettel abspeisen? Wofür hältst du mich? Bin ich ein Almosenempfänger? Baby, das Leben in dieser Stadt ist nicht billig. Soll ich mich etwa einschränken, weil du zu faul bist, ein bißchen mehr zu arbeiten?«
»Sal, ich war zwei Tage krank. Ich war nicht in der Lage, auf die Straße zu gehen…«
»Interessiert mich nicht. Dann hättest du eben an den restlichen Tagen ‘ne Sonderschicht einlegen sollen.«
»Ich bin doch keine Maschine, Sal.«
»Ich werde dir zeigen, was du bist!« herrschte der Zuhälter das Mädchen an. Er holte aus und schlug sie. Die Ohrfeige riß Natalie George beinahe von den Beinen.
Ihre Wange brannte und war feuerrot. Tränen schimmerten in ihren Augen. Sie begann zu schluchzen.
Sal Banacek schlug ein zweitesmal zu. Diesmal fiel Natalie. Sie fing zu weinen an, schüttelte zitternd vor Angst den Kopf und bettelte: »Nicht mehr schlagen, Sal. Bitte, schlag mich nicht mehr. Sag mir, wieviel du haben möchtest. Ich gebe es dir von meinem Geld.«
Er nannte den Betrag, der ihn versöhnlich stimmen würde.
»Okay«, keuchte das Mädchen. »Okay, du kriegst den Rest. Ich hole das Geld, Sal. Du kannst es heute noch
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