0055 - Wir, Mr. Unbekannt und das Gold der Diane
muss also annehmen, dass die Männer, die Murdocks Schweigen erkauften, die Nerven verloren und ihn unter allen Umständen mundtot machen mussten, gleichgültig, was aus der Nachricht wurde, die Murdock zu hinterlassen androhte!«
»Sicher, so denke ich es mir! Und wer war entsetzt, als ich das Stichwort ›Diane‹ nannte? Niemand anders als Hep Wilbur!«
»Sie konzentrieren allen Verdacht auf diesen Mann, der über einen nicht zu unterschätzenden Einfluss verfügt. Haben Sie aber auch nur einen Beweis, der ausreicht, um ihn in Haft zu nehmen?«
»Habe ich!« strahlte ich ihn an. »Als wir Hep Wilbur in seinem Haus besuchten, trat aus einem Zimmer ein Mann, der bei unserem Anblick sofort wieder verschwand. Es war der Mann, der im illegalen Spielkasino im zweiten Stock über dem ›Tabarin‹, das ja im Besitz Mr. Wilburs ist, am Wechseltisch saß und unser Geld gegen Jetons eintauschte. Und im Spielclub war auch jener Mac, der es auf mich mit einer Tommy-Gun abgesehen hatte, angestellt… ebenfalls Mabel Clindrose, die mir zu viel verraten wollte! Ist das nicht überzeugend?«
»Allerdings!« sagte Mr. High fest. »Ich werde sofort die notwendigen Schritte unternehmen, um Hep Wilbur festzunehmen…«
Ich unterbrach ihn schnell.
»Wir wissen noch gar nicht, was nun für all die Geschehnisse das Motiv ist! Wir wissen nur, dass tödliche Feindschaft zwischen Wilbur und Balcroft bestanden haben muss, sodass man alles daransetzte, um Paul Balcroft aus dem Weg zu räumen. Und wenn man ein Neuntausend-Dollar-Auto dafür einsetzte! Es muss sich also um einen großen Einsatz handeln… denn Geld spielte ganz offensichtlich bei allen Ereignissen in diesem Fall keine Rolle!«
»Was wollen Sie also noch erreichen?«
»Ich will ein hieb- und stichfestes Motiv- und ebensolche Beweise! Dazu brauche ich die Aussagen Joe Murdocks… denn alles beginnt bei der ›Diane‹ und alles endet bei ihr!«
»Also, gewissermaßen ein Totenschiff à la Traven!« lächelte Mr. High und bot uns Zigaretten an. »Sie wissen, dass ich Ihnen völlig freie Hand lasse! Wie viel Zeit brauchen Sie noch?«
»Höchstens einen Tag!« sagte ich entschlossen und erhob mich. »Aber jetzt möchte ich erst einmal schlafen. Ich bin rechtschaffen müde!«
»Gehen Sie nach Hause?«
Ich schüttelte den Kopf.
»Ich werde im Hospital schlafen, neben dem Zimmer von Joe Murdock. Ich möchte dabei sein, wenn er die Besinnung wiedererlangt!«
»Und Sie, Phil?«
Phil sah mich an und lächelte. Dann schnippte er ein imaginäres Stäubchen von seinem Revers und meinte einfach:
»Ich bleibe selbstverständlich bei Jerry, Mr. High!«
***
Mitten in der Nacht, so schien es mir, wurde ich unsanft geweckt. Ich richtete mich auf und warf einen bösen Blick auf meine Uhr am Handgelenk. Es war gegen sechs Uhr morgens, und der Mann, der mich geweckt hatte, trug die weiße Kleidung des Pflegepersonals des Polizeilazaretts.
»He, Mr. Cotton! Ihr Mann ist bei Besinnung!«
***
»Wie fühlen Sie sich, Captain?«
Die schwarzen Augen des Mannes musterten mich, spöttisch. Obwohl man außer den Augen, der Nasenspitze und dem mächtigen dunklen Bart um das Kinn, den er nach alter Segelschiff-Kapitänsmanier unter dem Hals ausrasiert trug, kaum etwas von seinem Gesicht sehen konnte, fühlte er sich doch sichtlich wohl.
»Sie sind Detectives, well? Was wollen Sie von mir?«
»Wir möchten gern, dass Sie uns einige Fragen beantworten, Mister Murdock! Wer hat auf Sie geschossen?«
Der Mann stellte sich dumm.
»Hat wirklich jemand auf mich geschossen?« fragte er spöttisch. »Ich habe so etwas schon von dem Quacksalber gehört, der eben hier saß! Ich weiß von nichts… kann also auch keine Fragen beantworten!«
»Moment mal!« sagte ich gelassen und setzte mich auf den Stuhl. »Wir wissen eine ganze Menge mehr über Sie, Captain! Es ist witzlos, dass Sie versuchen, den Unwissenden zu spielen! Wir sind vom FBI - wenn Sie wissen, was das für eine Einrichtung ist!«
Murdocks Augen zogen sich zu einem Spalt zusammen. Wieder einmal hatten die drei Buchstaben einem Menschen einen gehörigen Schrecken eingejagt!
»Und wenn ich wirklich nichts weiß?« fragte er störrisch.
Ich setzte mein freundlichstes Lächeln auf, obwohl ich gar nicht in dieser Stimmung war. Die Zeit war knapp, und wir wollten endlich diesen Fall zum Abschluss bringen.
»Sie wissen eine ganze Menge! Sie sind einmal als Kapitän auf der ›Diane‹ ge fahren und, haben auch die letzte Reise des
Weitere Kostenlose Bücher