0055 - Wir, Mr. Unbekannt und das Gold der Diane
ihn dann auszuhorchen, er in dem heißen Bemühen, mir einen größeren Trinkgeldbetrag abzugaunem. Wenn dieser Tonio auch nur einen Zipfel von Italien zu sehen bekommen hatte, dann nur auf der Landkarte… das stand für mich fest.
»Wann macht ihr hier eigentlich Schluss?« fragte ich beiläufig.
»Unsere Konzession läuft bis vier Uhr dreißig«, gab er Auskunft. »Meistens aber wird es gegen fünf, bis die letzten Gäste gegangen sind!«
Ich war zufrieden. Die Zeit stimmte. Kurz vor fünf hatte ich Mr. Unbekannt am Chrysler-Coupe getroffen. Also war er gleich nach dem Verlassen der »Letzten Flasche« zu dem Wagen gegangen, wo ich ihn traf.
Ich reichte Tonio das Bild und erklärte ihm meine Geschichte. Tonio warf mir einen misstrauischen Blick zu.
»Gewiss, der Herr war bei mir an der Bar!« sagte er, merklich kühl geworden. »Sind Sie ’n-Teck? Oder von der Polizei?«
Ich versuchte, mein harmlosestes Gesicht aufzusetzen, und es gelang mir auch bestens.
»Sehe ich so aus?« fragte ich beleidigt. »Mir liegt nur daran, dass dieser Herr nicht mal aus Versehen etwas verrät, wenn ich mit meiner Frau mit ihm Zusammentreffen sollte! Und deswegen will ich auch das Geld zurückgeben!«
»Sie können es ja hier bei mir abgeben!« schlug-Tonio vor und blinzelte. Ich wusste genau, dass er die zwanzig Dollar einfach für sich behalten wollte, doch ich ließ ihm den Spaß.
»Na, schön!« meinte ich. »Mir ist die Sache einen Zwanziger wert. Hauptsache, meine Frau erfährt nichts davon.«
Ich beugte mich vertraulich etwas vor und kniff ein Auge ein.
»Wissen Sie, Tonio!« flüsterte ich im Verschwörerton. »Ich hatte damals, als ich den Herrn kennen lernte, ein kleines Spielchen arrangiert… und war pleite! Wenn meine Frau das herausbekommt, dann kann ich mich nach einem Anwalt umsehen! Denn meine Frau hat Geld… und ich bin mit ihr verheiratet!«
Tonio nickte. Er schien mir zu glauben. Sicherlich hatten ihm schon des Öfteren Männer solche Geschichten erzählt. So etwas kam vor, und ein guter Mixer musste eben für alles Verständnis haben. Er strich geschickt die zwanzig Dollar ein, die ich ihm hinschob.
»Sagte der Herr etwas davon, dass er auch gewonnen hatte?« fragte ich.
Tonio hatte jetzt Vertrauen zu mir gefasst. Die zwanzig hatten sein Misstrauen besiegt.
»Er sprach etwas von einem Wagen, den er gewonnen hätte!« meinte er.
Ich spürte, wie mir das Herz bis zum Halse schlug. Jetzt hieß es, vorsichtig zu sein!
Ich nickte tiefsinnig.
»Er hatte ein unwahrscheinliches Glück!« murmelte ich, als könne ich das heute noch nicht begreifen. »Wir hatten ganz schön gegambelt… und da bekam er vier Kings auf die Hand! Eine Karte, die es alle Jubeljahre einmal gibt! Und noch so ’n Scheich, der mit uns hielt, verlor an ihn einen nagelneuen Wagen!«
»Er muss Sie ganz schön abgekocht haben, Sir!« grinste Tonio und entblößte eine Reihe gelber, schadhafter Zähne. »Er schmiss hier geradezu mit dem Geld um sich!«
»Das kann ich mir vorstellen! Mit meinem Geld!« brummte ich sichtlich verärgert. »Er zog nachher mit einem Mädchen ab! Kann mir vorstellen, dass er den Lebemann spielen konnte!«
»Ach, ich glaube, der Herr hat mehr Geld als wir beide zusammen!« meinte Tonio neidisch. »Er war schon drei- oder viermal hier… allerdings immer allein! Und dann heß er die Puppen tanzen, kann ich Ihnen sagen!«
Ich bestellte noch zwei High-Balls. Für ihn einen und für mich einen.
»Und dabei sagte er, er wäre so schwer verheiratet!« setzte ich listig hinzu.
Tonio stieß ein kicherndes Lachen aus.
»Sagt er! Jedenfalls hat er es dann mit der Treue nicht so genau genommen. Ich habe ihn immer mit einem unserer Tanzgirls abziehen sehen!«
»Vielleicht wissen die etwas, wo er aufzutreiben ist?« sagte ich.
Doch Tonio schüttelte den Kopf.
»Das glaube ich kaum! Die Mädchen, mit denen er zusammen war, sind alle nicht mehr bei uns! Dem weiblichen Personal ist es nämlich verboten, mit Gästen das Lokal zu verlassen!« Er lachte schmierig. »Sie wissen ja, wir sind ein vornehmer Laden!«
»Hahaha!« machte ich. »Und mit wem war er gestern hier? Mit so ’ner großen Blonden? Die saß die ganze Zeit am Tisch und hat ihm Glück gebracht!«
»No!« ereiferte sich der Goldjunge. »Es war Mabel aus dem ›Tabarin‹.« Er kniff ein Auge zu. »Sie wissen doch… das ist die Kleine, die dort die Bar macht! Im Oberstock… wo man Sie abgekocht hat!«
Ich hätte den Bengel umarmen können. Doch
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