0056 - Das Ungeheuer von Loch Morar
Ferien? Oder sind Sie zum Rennen gekommen?«
»Nein, keins von beiden. Ich schreibe einen Bericht für eine archäologische Zeitung.«
»Wie ein Ruinenbuddler sehen Sie nicht gerade aus.«
Der Mann lachte. »Bin ich auch nicht, sondern Reporter. Ich heiße übrigens Bill Conolly.«
»Angenehm, mein Name ist Bob McClure. Ich wohne in Seaground.«
»Dann können Sie mir vielleicht mit Informationen dienen, wenn ich welche brauche«, meinte Bill. »Ich werde Ihnen auch ein Honorar zahlen.«
Bob winkte ab. »Als Honorar nehme ich die Fahrt.«
Die Straße führte auf den See zu. Manchmal hatten sie einen freien Blick auf die Wasserfläche, dann wieder wurde er durch Bäume und Ufergebüsch verwehrt.
Bill deutete mit dem Daumen nach links. »Der See hat seine eigene Horror-Geschichte«, sagte er.
»Ja.« Einsilbig kam die Antwort, und der Reporter wunderte sich. »Wissen Sie mehr darüber?« Bob schwieg.
Bill wiederholte seine Frage.
Jetzt hob der junge Student die Schultern und erwiderte: »Kaum.«
»Aha. Also doch«, sagte Bill.
»Nein, ich weiß nichts.«
Bills Misstrauen und sein Forscherdrang waren erst recht geweckt. Und er beschloss, nicht lockerzulassen.
»Ich bin, wie Sie wissen, fremd hier«, sagte er. »Können Sie mir ein Lokal oder einen Gasthof in Seaground empfehlen?«
»Ich weiß nicht, was Sie gewohnt sind.«
Bill lächelte. »Nicht viel. Ich bin mit einem einfachen Zimmer schon zufrieden. Zudem bleibe ich ja nicht ewig hier. Nur sauber muss der Raum sein.«
»Das wird sich machen lassen, Mr. Conolly. Allerdings müssen Sie damit rechnen, dass zahlreiche Zimmer belegt sind. Bald findet hier ein Motorbootrennen statt, und das ist für die ganze Umgebung immer eine Sensation.«
»Ich werde schon Glück haben.« Bill war zuversichtlich.
Noch führte der Weg hoch am See entlang, doch je mehr sie sich der Ortschaft Seaground näherten, umso stärker fiel die Straße ab. Bis sie auf gleicher Höhe mit dem Loch Morar entlanglief.
»Hinter der nächsten Kurve können Sie die Ortschaft bereits sehen«, sagte Bob McClure.
Bill Conolly verringerte die Geschwindigkeit. Er fuhr die Kurve aus, da immer mit Gegenverkehr zu rechnen war. Das Dorf sah er zwar noch nicht, dafür jedoch das Spruchband, das quer über der Straße hing und an Bäumen befestigt war.
WELCOME IN SEAGROUND.
Darunter in kleiner Schrift las Bill Informationen über die Motorbootrenntage. Sie fuhren dicht am See entlang. Bill warf einen raschen Blick nach links. Er sah einen breiten Uferstreifen, auf dem etwa dreißig Rennboote auf Kiel lagen. Ihre Besitzer und auch zahlreiche Helfer liefen zwischen den Booten herum, fachsimpelten, bastelten und reparierten.
Die Rennwoche warf bereits ihre Schatten voraus.
Die Fahrbahnen verengten sich und führten durch ein altes Stadttor mitten in den Ort Seaground hinein.
Sie fuhren über Kopfsteinpflaster in eine schmale Gasse hinein, die als Einbahnstraße gekennzeichnet war. Sie lief mit anderen Straßen zusammen auf einen mit zahlreichen Fahnen geschmückten Marktplatz aus. Bill Conolly zog den Wagen nach links und lenkte ihn in eine Parklücke.
»So«, sagte er, »da wären wir.«
Bob McClure, der die letzten Minuten über ziemlich schweigsam gewesen war, öffnete die Tür. »Vielen Dank, Mr. Conolly«, sagte er und wollte aussteigen.
Bill hielt ihn an der Schulter zurück. »Einen Moment noch.«
Der junge Student drehte den Kopf. »Was ist?«
Mein Freund lächelte entwaffnend. »Ich möchte Sie gern zu einem Drink einladen. Außerdem habe ich Hunger. Wie wär’s? Kommen Sie mit?«
Bob zögerte, doch schließlich nickte er und sagte: »Wenn es nicht zu lange dauert, meinetwegen.«
»Okay, Bob. Nennen Sie mich Bill. Wissen Sie ein nettes kleines Lokal?«
»Das Candlelight. Hier am Marktplatz.«
»Gut. Gehen wir hin.«
»Wollen Sie sich zuvor nicht ein Zimmer besorgen?«, fragte Bob.
»Die Idee ist gut.«
Der Student deutete auf eine Holzbaracke. »Dort ist das Info-Center. Die vergeben auch Zimmer.«
Bill und Bob gingen hin. Zwei Suchende waren vor ihnen, und Bill entnahm schon den Gesprächen, dass es ungeheuer schwierig werden würde, noch ein freies Zimmer zu bekommen. Das sommersprossige Mädchen hinter dem langen, mit Prospekten beladenen Tresen hob bedauernd die Schultern. Dann war Bill an der Reihe.
»Suchen Sie auch ein Zimmer, Sir?«
»Ja.«
»Tut mir leid, aber…«
»Natürlich hast du noch ein kleines Zimmer für meinen Freund, Kathy«, mischte sich Bob
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