0056 - Das Ungeheuer von Loch Morar
Tod existierte. Ihm hatte ich schließlich oft genug gegenübergestanden. Man fand überall seine Spuren, wenn man erst einmal in der Szene drin war.
Ich war sicher, dass wir noch mehr Stützpunkte finden würden, falls wir das nächste Abenteuer überlebten…
***
Wir passierten die Blockhütte des alten McBower und liefen zum See hinunter.
Ich konnte den vorderen Rand des Wassers nicht sehen, da ein Schilfgürtel uns die Sicht verwehrte. Die langen, grünen Rohre bewegten sich leicht im Wind.
»Und wo liegt das Boot?«, fragte Bill Conolly.
McBower deutete nach rechts. »Wir müssen noch ein paar Schritte laufen.« Es war wirklich nicht weit.
Der Alte hatte eine Schneise in den Schilfgürtel gehauen und sogar einen kleinen Holzsteg gebaut, an dem das Motorboot vertäut lag.
Es war ein alter Kahn. Er hätte dringend einen neuen Anstrich nötig gehabt. Mein Blick fiel ziemlich skeptisch aus, und McBower lachte. »Keine Sorge, Mr. Sinclair, der Motor ist so gut wie neu. Sie haben einen richtigen Wellenflitzer vor sich.«
»Na ja, mal schauen.«
Der Kahn war ein Außenborder. Zwei Personen fanden darin Platz.
Bill und ich liefen über den Steg. Der Reporter stieg als erster in den Kahn und setzte sich ans Heck. Als ich hineinsprang, schwankte das Boot bedenklich.
Der Außenborder stand hoch. Bill kickte ihn hinab, sodass die Schraube im grünen Wasser verschwand. Die auslaufenden Wellen schaukelten das Boot hin und her.
Der alte McBower hatte die Schneise weit in den Schilfgürtel geschnitten.
Wir hatten einen freien Blick nach vorn. McBower löste die Leine.
Bill schaute ihm dabei zu, während ich nach vorn blickte.
Es war wohl Zufall, dass ich am Ende des Schilfgürtels die Bewegung im Wasser sah. Es entstand ein Wellenkreis, den ebenso gut ein Fisch verursacht haben konnte. Ich hätte auch normalerweise gar nicht weiter hingeschaut, wenn nicht das Misstrauen sowieso schon zu tief gesessen hätte.
Denn plötzlich sah ich, wie sich eine Hand mit fünf gekrümmten Fingern aus dem Wasser schob…
***
Ryan McNeal lief auf seinen Assistenten Clive Thomas zu. »Wer war das, mit dem du gesprochen hast?«
»Ein Polizist.«
»Was?« Schnaufend holte McNeal Atem.
»Sogar vom Yard.«
»Was wollte er?«
»Er hat gefragt, warum das Rennen noch nicht begann, das war alles.«
»Und? Hast du ihm den Grund genannt?«
»Selbstverständlich.«
»Du Idiot.« McNeal schlug sich gegen die Stirn. »Verdammt, jetzt wird der Kerl doch misstrauisch. Wenn der Nachforschungen anstellt, können wir das Rennen in den Mond schreiben.«
»Hätte ich ihn anlügen sollen?«
»Dir wäre schon eine Ausrede eingefallen!«, blaffte McNeal.
»Und anschließend wäre ich der Dumme gewesen, wenn der Bulle die Wahrheit erfahren hätte. Nein, Mr. McNeal, mit mir nicht.«
»Okay, ist nicht zu ändern. Wenn ich schon mal nicht da bin, läuft auch alles verkehrt.«
Eingebildeter Affe! dachte Clive.
»Wir wollen nur hoffen, dass nicht noch mehr Staub aufgewirbelt wird«, sagte McNeal. »Jetzt gehen wir erst mal zu den Fahrern und beruhigen sie.«
»Die sind doch gar nicht nervös«, meinte Thomas.
Wegen dieser Antwort schaute sein Vorgesetzter ihn an, als wolle er ihn fressen. Wütend stapfte McNeal los, und Clive Thomas folgte ihm.
Die Fahrer standen in kleinen Gruppen zusammen und unterhielten sich. Manche hielten sich auch abseits. Die Gesichtszüge der Männer waren von einer nahezu stoischen Gelassenheit.
Durch irgendeine Indiskretion musste sich bereits herumgesprochen haben, dass der Start verzögert wurde.
Einer der Rennfahrer löste sich aus der größten Gruppe. Er trug eine rote Rennjacke mit der Startnummer drei darauf. Er hielt einen großen Helm in der Hand.
»Wir starten noch nicht?«, fragte er.
McNeal blieb stehen. »Woher wissen Sie das, Mann?«
Der Fahrer hob die Schultern. »Man hört so einiges. Es spricht sich schnell herum.«
McNeal nickte. »Sie haben Recht, es stimmt. Wir starten erst später.«
»Und wann?«
»Den genauen Zeitpunkt kann ich ihnen auch nicht sagen. Leider, Mister.«
»Okay.«
McNeal und Clive Thomas gingen weiter. Thomas lächelte verzerrt, als er an dem Fahrer vorbeischritt. »Haben Sie es nicht gesehen?«, fragte er seinen Boss.
»Was gesehen?«
»Die Augen von dem Kerl. Sie waren stumpf. Richtig glanzlos und ohne Leben. Wie bei einem Toten…«
»Du spinnst.«
Thomas hob die Schultern. »Was ich gesehen habe, das habe ich gesehen«, verteidigte er sich.
»Ja, ja.«
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