006 - Der Fluch der blutenden Augen
Themse.
»Wie ich bereits sagte, habe ich das erst ziemlich spät bemerkt. Ich bin fremd
hier in London, das Straßenbild ist mir noch nicht so vertraut. Erst recht am
Abend fällt es schwer, sich zu orientieren. Als ich merkte, wo ich in etwa war,
bat ich darum, aussteigen zu dürfen. Doch der Fahrer beschleunigte statt dessen
die Fahrt. Dann kam es zu dem Unfall. Der Wagen fing sofort Feuer.«
Wie schwer ihm diese Lüge fiel! Aber hier war sie notwendig. An dem Bild
der Dinge hätte sich im Grunde genommen nichts geändert, wenn er erwähnt hätte,
dass das Feuer durch die Laserwaffe entstanden war. Er hätte die Dinge nur noch
verwirrt und eine Kette von Nachfragen und Nachforschungen in Gang gesetzt, die
für einen PSA-Agenten alles andere als gut waren. Die Stärke eines Agenten der Psychoanalytischen Spezialabteilung lag
darin, dass nur eine verschwindend kleine, führende Gruppe von Menschen auf der
Welt überhaupt wusste, dass es diese geheime Institution gab.
Der Sergeant, der ihn hatte zurückrufen lassen, musterte ihn eingehend.
»Die Dinge muss man in einem anderen Licht betrachten, Mister Brent.«
X-RAY-3 verstand, was das bedeutete. »Man muss nicht, Sergeant«, antwortete
er mit fester Stimme. »Es hat sich nichts daran geändert. Sie wollen mich mit
dem Mord in Verbindung bringen?«
»Nichts spricht dagegen!«
»Nichts spricht dafür, Sergeant! Man kann mir nichts nachweisen. Ich war
Fahrgast, und ich wurde von dem Mann aufgenommen, der den Wagen gefahren hat.«
Der Sergeant nickte. »Das sagen Sie! Und ich glaube Ihnen auch. Sie sind
fremd in unserem Land. Es ist nicht ausgeschlossen, dass Sie der Bursche in
eine Sache verwickeln wollte, um den Verdacht auf Sie zu lenken.«
Larry war über diesen plötzlichen Gedankenumschwung überrascht.
»Wir werden mehr wissen, sobald wir die Identität des Fahrers festgestellt
haben. Noch eins, Mister Brent: Es ist nicht ausgeschlossen, dass wir Ihnen
während der nächsten Tage einige Fragen stellen müssen. Sie werden verstehen,
dass ich den Fall weitermelden muss. Scotland Yard wird sich der Angelegenheit
annehmen. Verlassen Sie bitte während der nächsten Tage nicht die Stadt!«
»In Ordnung, Sergeant. Ich werde mich zur Verfügung halten.«
Damit war das Gespräch beendet. Der Sergeant wandte sich ab, und der mit
Pit angesprochene Beamte, der Larry vorhin zum Hotel hatte fahren wollen, ging
mit dem Amerikaner zu dem bereitstehenden Wagen. Diesmal begleitete sie ein
weiterer Beamter, der sich auf den Rücksitz neben Larry setzte. Offenbar war
eine stillschweigende Übereinkunft getroffen worden, zur Vorsicht einen zweiten
Mann im Wagen zu haben.
Als das Auto abfuhr, sah Larry den Sergeant, der ihn zurückgerufen hatte,
am Funkwagen stehen.
Er konnte nicht hören, was er sagte, aber er konnte sich denken, dass eine
erste Berichterstattung an Scotland Yard erfolgte. Was er nicht wusste, war,
dass der Sergeant den Vorschlag machte, den amerikanischen Touristen namens
Larry Brent nach Möglichkeit sofort unter polizeiliche Bewachung zu stellen.
»Vielleicht zeichnen sich Dinge ab, die wir im Augenblick noch nicht
übersehen können«, sagte er in das Mikrophon, und er sah dabei aus den
Augenwinkeln dem davonfahrenden Wagen nach. »Es ist nicht auszuschließen, dass
er Hand in Hand mit dem Burschen gearbeitet hat. Denn wenn man es genau
besieht, mutet seine Geschichte etwas merkwürdig an. Er will erst ziemlich spät
bemerkt haben, dass der Fahrer gar nicht die Richtung zum Ambassador-Hotel
eingeschlagen hat. Das kann man glauben, man kann es aber auch lassen.
Andererseits konnte ich ihm nichts nachweisen, ich hatte keinen Grund, ihn
festzuhalten.«
»Wir werden uns um die Angelegenheit kümmern«, sagte die Stimme am anderen
Ende der Strippe.
●
Sie brachten ihn zum Hotel, und Larry bedankte sich. Der Sergeant, der den
Wagen gesteuert hatte, begleitete ihn noch bis an den Hoteleingang.
Larry Brents Miene war ernst und verschlossen. Er hörte kaum, was der
Sergeant sagte, als er sich von ihm verabschiedete. Der Beamte wünschte ihm
weiterhin schöne Tage in London und sagte, er sei überzeugt davon, dass sich
die Dinge, die im Augenblick so kompliziert aussahen, sicher mit dem Beginn des
neuen Tages klären würden.
»Wenn jemand unschuldig ist, dann braucht er das englische Gesetz nicht zu
fürchten, Sir.«
X-RAY-3 lächelte müde.
Die Anstrengung der letzten Stunde stand ihm ins Gesicht geschrieben. Er
war blass, abgekämpft, und
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