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006 - Der Fluch der blutenden Augen

006 - Der Fluch der blutenden Augen

Titel: 006 - Der Fluch der blutenden Augen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Larry Brent
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mit
einem prächtig verzierten Lendenschurz bekleidet, an dem – wie eine Fahne – ein
breiter Stoffstreifen zwischen den Beinen herabhing. Dieser blinkte, als wäre
er mit zahlreichen Edelsteinen besetzt. Swomi hielt die Beine leicht gespreizt.
Sein muskulöser Körper stand wie zum Sprung bereit, in der Rechten einen
langen, geflammten Dolch haltend, so, als sei er bereit, sofort zuzustoßen,
wenn sich ein Unbefugter den heiligen, geweihten Gegenständen nähern sollte, um
sie zu berühren. Das Gesicht des Hausgottes war grell bemalt. Es war ein
breites, ausdrucksstarkes, asiatisches Gesicht mit tief in den Höhlen liegenden
Augen.
    Swomi sah alles, Swomi hörte alles.
    Der Hausgott war hier in diesem kleinen Bereich noch mächtiger als Kali,
die Göttin des Blutes.
    Die Sektierer lagen auf den Knien, wagten nicht, das Gesicht zu erheben,
als sich jetzt eine Gestalt aus ihrer Mitte löste. Es war Valmiki Rasmandah,
der Priester der Sekte, der Hausherr, der Gebieter des Gottes. Er allein war in
der Lage, Kontakt zu Swomi herzustellen, der ebenfalls nur ein Diener Kalis
war. Swomi sprach durch Valmiki Rasmandah zu ihnen.
    Der geheimnisumwitterte reiche Kaufmann aus Indien betrieb in London und
Umgebung mehrere Filialen, in denen kostbare Stoffe aus Übersee angeboten
wurden. Die Menschen, die geschäftlich und privat mit Rasmandah zu tun hatten,
wussten nichts von seinem rätselhaften Verhältnis zu den Göttern, die er verstand
und die ihn verstanden.
    Ein uneingeweihter Beobachter hätte an seinem Verstand gezweifelt, wäre er
Zeuge der Dinge geworden, die sich in dieser gespenstischen Umgebung schon
abgespielt hatten, und sich Abend für Abend eine Stunde nach Mitternacht wiederholten.
    Kali und Swomi wurden angerufen. Valmiki Rasmandah nutzte die
Vermittlungsdienste seines bläulichen Hausgottes. Mit hocherhobenen Armen trat
er vor die starre, steinerne Götzenfigur. Er beschwor sie, murmelte dumpf
zahlreiche Sprüche und Formeln und verbeugte sich unablässig.
    Seine Anhänger folgten dem Beispiel. Der düstere Kellerraum war erfüllt vom
dumpfen Gemurmel unverständlicher Gebete und Anrufungen, in denen immer wieder
grell und schrill ein Name ausgestoßen wurde: »Kali!«
    Die steinernen Götzenfiguren rührten sich nicht, und doch schienen sie in
diesen Sekunden von einem eigenartigen Leben durchpulst zu werden, einem Leben,
das von den zuckenden Leibern der Sektierer auf die Steinfiguren überzuspringen
schien.
    Die flackernden Fackeln zeichneten riesige, bizarre Schatten der Figuren
über die knienden, beschwörend gestikulierenden Anhänger der Göttin Kali.
    Valmiki Rasmandahs Gesicht wurde vom Schein einer Fackel angeleuchtet. Er
war ein stolzer, kluger und berechnender Mann. Selbst jetzt, in dem deutlich
erkennbaren Zustand der Trance, in die er sich versetzt hatte, wirkten seine
Züge nicht entstellt und flach. Seine Augen erspähten jede Bewegung, jedes
Detail in dem gespenstischen Raum, der den Gottheiten um Kali geweiht war.
    Rasmandah wirbelte plötzlich herum. Seine Arme flogen in die Höhe, sein
Körper straffte sich. Sekundenlang stand er wie Swomi, der Hausgott, da.
    Die kräftigen, scharfgezeichneten Lippen des Inders bewegten sich. Seine
dunkle Stimme war nicht laut, aber sie übertönte das Gemurmel der
Beschwörungsformeln seiner Anhängerschar, die in dieser Stunde zehn Männer
umfasste.
    »Wir haben Kali gerufen, und Swomi wird uns antworten. Was der Welt draußen
verborgen ist, werden unsere Sinne erfassen, auch wenn wir es nicht begreifen können.
Doch wir sind auf dem richtigen Weg. Zweimal schlug unsere Mission fehl, doch
vielleicht schon in dieser Minute, wo wir erneut die Antwort der Göttin
erbitten, wird einer unserer Freunde, Jupal, den Auftrag erfüllen, der uns
gegeben wurde. Der Ungläubige hat den Fluch der Göttin auf sich geladen. Die Blutenden Augen , verborgen unseren
Blicken, weil sie auch uns zu töten vermögen, lechzen nach seinem Blut. Wir
werden es bringen, wir haben es versprochen! Wir erfüllen Kalis Wunsch!«
    Die letzten Worte kamen wie ein heiseres Flüstern über seine Lippen.
Rasmandahs Augen glühten. Er war besessen von einer religiösen Wahnidee, und er
wusste, dass er auf dem richtigen Weg war. Er beging keinen Fehler. Niemals!
    Er wandte sich ab, ruckartig, und seine Rechte fasste in den dünnen,
schwarzen Vorhang, der die Wand neben dem übermannsgroßen Standbild der Göttin
verbarg.
    Mit einer heftigen Bewegung riss er den Store herab, und es wurde

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