0060 - Das Kastell der Toten
elektrischer Schlag!«, stammelte der Wissenschaftler, der noch immer einen ziemlich benommenen Eindruck machte. Er schüttelte den Kopf, wie es Boxer nach einem schweren Treffer zu tun pflegen.
»Komm! Wir müssen zu Sanchez!«
Das war gar nicht nötig, denn dieser betrat nun zögernd den unterirdischen Raum.
»Es ist zwecklos! Sic haben den Schrei gehört, Professor, mit dem Steinquader haben sie natürlich wieder die Öffnung verschlossen«, berichtete er knapp. »Was ist eigentlich passiert?«
Zamorra erzählte ihm von dem Kraftfeld.
»Wir müssen versuchen, das Steinstück zu entfernen, wenn wir uns nicht abschlachten lassen wollen!«
Wenig später begannen sie zu arbeiten. Abwechselnd ritzten sie mit ihren Messern in den Fugen, um diese zu vergrößern. Es war ein langwieriges Unternehmen und keiner von ihnen wagte zu hoffen, es bis zum Einbruch der Dunkelheit geschafft zu haben.
Unermüdlich schabten sie den Stein ab. Zamorra wurde von einer inneren Unruhe immer wieder angetrieben. Seine Sorge um Nicole spornte ihn an. Er schabte wie besessen. Bald hatte er ein Messer abgebrochen, aber sie hatten ja noch eins.
»Gib acht, verdammt noch mal!«, fauchte ihn Bill an, als er sah, wie leichtfertig der Professor mit ihren Überlebenschancen umging.
»Entschuldige, ich war in Gedanken ganz wo anders!«
»Sicher bei Nicole?«
»Ja!«
***
Mit quietschenden Reifen stoppte ein grauer Range Rover vor der Pfarrei. Ein letztes Aufheulen des Motors, dann verstummte er. Die Tür schwang auf und ein junges, hübsches Mädchen mit kurzen blonden Haaren sprang heraus. In der Hand hielt es eine Papiertüte, auf der der Name eines spanischen Supermarktes gedruckt war.
Sie versperrte sorgfältig das Fahrzeug, bevor sie auf das mächtige Holzportal der Pfarrei zuging.
Sie stemmte sich gegen die Tür, drückte die Klinke nach unten.
Quietschend schwang das Tor auf.
»Zamorra, Bill?«, rief sie fragend in das Halbdunkel. Niemand antwortete ihr. Nicole Duval hatte plötzlich ein flaues Gefühl in der Magengegend. Sie fühlte die Gefahr, obwohl anscheinend niemand im Raum war.
Als sie den Luftzug spürte und herumwirbelte, war es bereits zu spät. Eine dunkle Gestalt, die hinter der Tür gestanden hatte, trat hervor, eine behandschuhte Hand legte sich um ihren schlanken Hals, eine andere drückte ihr auf den Mund.
Sie biss mit aller Kraft zu. Die Hand zuckte zurück, der Unheimliche schrie schmerzgepeinigt auf. Nicole wehrte sich mit Händen, Füßen und Zähnen, aber da waren noch zwei Maskierte, die genau so aussahen wie die, die gestern die Pferde für die Templer gebracht hatten. Nicole hatte keine Chance. Ein Strick zischte durch die Luft, schlang sich um ihre Arme. Es dauerte nicht mehr lange, bis Nicole gefesselt am Boden lag.
»So! Du sollst das erste Opfer der Templer sein!«, schnarrte eine heisere Stimme, die durch die Kapuze gedämpft wurde.
»Nein! Neeeiiin!«, schrie Nicole in Todesangst, bevor sich ein Knebel in ihren Mund legte.
***
Zamorra blickte fluchend auf seine blutigen Finger, die teuflisch brannten. Bill und dem Padre, der großen Fleiß an den Tag legte, ging es nicht anders. Ununterbrochen rieselte zerbröckelter Stein auf sie herab, denn einer von ihnen arbeitete immer.
»Ob Nicole wohl schon zurück ist?«, wollte Zamorra beunruhigt wissen.
»Sicher!«
Zamorra warf einen Blick auf die Armbanduhr. »Schon gleich dreizehn Uhr! Wir müssen uns noch mehr beeilen. Kommen Sie, Padre, lassen Sie mich weitermachen!«
Zamorra griff nach dem Messer. Er kratzte unermüdlich in den Fugen, die sich bereits zusehends vergrößert hatten, weiter.
Die Stunden rannen dahin. Immer banger blickten sie auf das Zifferblatt der Uhr.
»Die Batterien sind bald leer!«, stellte Bill nüchtern fest. Er nahm die letzten Ersatzbatterien zur Hand, um sie in die Stablampe, die nur noch sehr schwach leuchtete, einzusetzen.
Sie schwiegen. Nur die schürfenden Geräusche deuteten darauf hin, dass sich Menschen tief unter der Erde in dem Schreckensgewölbe befanden.
Das zweite Messer war längst abgebrochen, der Griff zersprungen.
Sie hielten die scharfe Klinge in den bloßen Händen, während sich Nicole eine Meile entfernt vergeblich bemühte, die Stricke zu lockern.
Das Unheil nahm seinen Lauf, es war nicht mehr aufzuhalten.
Immer öfter mussten die erschöpften Männer Pausen einlegen. Sie wischten das Blut von ihren Fingern, besahen sich die aufgerissenen Hände.
»Es muss bald soweit sein!«, rief
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