0060 - Das Kastell der Toten
wunderschöne Armbrüste!«, fügte dann Bill hinzu, als er sah, dass sie Sanchez verständnislos ansah.
»Ach so!« Dem Padre fiel es wie Schuppen von den Augen. Während sich die beiden daranmachten, mit dem Werkzeug aus dem Range Rover vorne in das Holzstück ein Loch für den Bogen zu bohren und eine Rille für den Silberbolzen stemmten, berichtete ihnen der Gottesmann von seinem Erlebnis in der Bäckerei.
»Da hilft alles nichts, unsere Vorräte sind aufgebraucht. Einer von uns muss nach Aquatila fahren, um Proviant zu holen!«, stellte Nicole fest.
»Ein wenig haben wir ja noch!« Bill zeigte auf zwei Konservenbüchsen mit Corned Beef. »Für ein Frühstück reicht es gerade noch!«
»Ich würde gerne nach Aquatila fahren!«, meldete sich Nicole freiwillig.
»Also ich weiß nicht!«, überlegte Zamorra. »Vielleicht ist es besser, wenn du fährst, Bill!«
»Meinetwegen, aber wirst du mit den Armbrüsten allein fertig werden?«
»Nein! Nicole, du kannst fahren, aber sei vorsichtig, hörst du! Den Dörflern ist nicht zu trauen. Steig nur in Aquatila aus dem Auto«, unterwies sie der Professor besorgt.
»Du brauchst dir um mich wirklich keine Sorgen zu machen, ich kann allein auf mich aufpassen!«, lachte das hübsche Mädchen.
Zamorra konnte nicht einmal widersprechen, denn sie hatte schon oft genug das Besagte unter Beweis gestellt.
»Du brauchst dich nicht zu beeilen! Wir steigen gleich Vormittags zur Ruine hoch. Irgendwo müssen die Verdammten ja zu finden sein. Wahrscheinlich liegen sie in ihren Steinsärgen. Wir erlösen sie, noch bevor sie sich am Abend zu ihrem gespenstischen Leben erheben. Wenn wir Glück haben, sind wir bis Mittag wieder zurück. Falls wir noch nicht zurück sein sollten, gehe gleich in die Pfarrei, Padre Sanchez wird sie nicht versperren. Sobald du bei ihm bist, schiebe den Riegel vor und lasse niemanden außer uns herein. Versprichst du mir das?«, bat sie der Professor.
»Versprochen!!«
»Okay. Trotzdem werde ich mir Sorgen um dich machen!«, murmelte Zamorra, dem es gar nicht recht war, dass seine Sekretärin alleine die weite Autofahrt unternehmen wollte.
»Ich mich um euch auch! Also, ich werde mich am besten gleich auf den Weg machen!«, sagte sie rasch, um die trüben Gedanken zu verscheuchen. Nicole verabschiedete sich von den Männern.
Wenig später hörten sie draußen den Motor des Rovers aufheulen.
Es dauerte nicht mehr lange, bis sie den Armbrustschaft fertig gestellt hatten. Als Bogen diente ein langer biegsamer Föhrenzweig, den der Padre von den Bäumen schnitt. Zuletzt bespannten sie den Bogen und befestigten den Abzug. Bill übte mit einigen Holzstücken die Treffgenauigkeit der Waffen. Ein letzter Schliff noch und sie waren sicher, dass sie sich auf die selbst gebastelten Armbrüste verlassen konnten.
Sie legten ihre Meisterwerke auf den Tisch.
»Und jetzt zu den Geschossen!« Padre Sanchez trug einige Zweige, die er vorher zum Trocknen in die Sonne gelegt hatte, zusammen, um sie auf die aus grobem Stein gehauene Feuerstelle zu legen. Mit viel Geschick hatte er binnen weniger Augenblicke ein knisterndes Feuer entfacht.
Zamorra beobachtete gespannt, wie der Priester einen kleinen Kessel auf einem ehernen Dreifuß in das Feuer hängte.
»Haben Sie die Form bald fertig?«, fragte Sanchez Bill, der sich große Mühe gab, bolzenähnliche Löcher in einen Stein zu schlagen.
»Ich bin gleich fertig«, antwortete er, ohne von der Arbeit wegzuschauen.
Bill hatte es fertig gebracht, fünf ziemlich gleichmäßig tiefe kegelförmige Löcher in den Stein zu schlagen. Schwitzend legte er den Hammer beiseite. Er warf einen Blick auf seine Armbanduhr.
Es wurde schon bald neun. Sie wollten bis zum Mittagessen, das Nicole aus Aquatila holte, wieder zurück sein.
Der Priester nahm sein Silberkreuz, das er immer bei sich getragen hatte, von der Kette. Er hielt es einige Sekunden lang hoch, seine blutleeren Lippen murmelten ein Gebet.
Dann legte er es behutsam in den Kessel.
»Um Himmels willen, warum machen Sie das? Es gibt doch Silber genug in der Kirche!«, entfuhr es Zamorra.
Der Pater antwortete lange nicht. Er blickte starr in das Gefäß, in dem sich das Kreuz zu einer brodelnden Masse zu verwandeln begann. Traurige Züge machten sich auf dem jungen Gesicht breit, seine Augen wurden feucht.
Der Professor sagte nichts mehr. Er schwieg, weil er es für besser hielt, den Gottesmann mit seinen Gedanken nun allein zu lassen.
Es dauerte eine kleine Ewigkeit,
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