0064 - Der Hexer von Paris
machen. Sieh dich erst einmal in Paris etwas um.«
Roger hob die Schultern. »Dafür habe ich morgen noch Zeit. Heute will ich schlafen. Ich bin müde.«
»Dann schlaf gut, mein Kleiner.« Madame ging und schloß die Tür.
Aufatmend zog Roger seine Jacke aus und ließ sich auf das Bett fallen. Es ächzte in allen Fugen, als es das Gewicht des jungen Mannes spürte, aber es hielt.
Roger machte sich lang und verschränkte die Arme hinter den Kopf. Er schaute genau auf das kleine Fenster, dessen Scheiben so schmutzig waren, daß man kaum hindurchblicken konnte.
Roger stand noch einmal auf und öffnete das Fenster. Frische Nachtluft strömte in den Raum. Von der Straße her vernahm er das Summen des Verkehrs. Der Autostrom riß in einer Stadt wie Paris niemals ab.
Irgendwann schlief der junge Mann ein. Die Fahrt war einfach zuviel gewesen und steckte ihm noch in den Knochen.
Er wurde wach, als er Lärm und Lachen hörte.
Verwirrt setzte Roger Dolain sich auf. Im ersten Augenblick wußte er nicht, wo er sich befand, doch dann kam die Erinnerung zurück.
Er schwang seine Beine vom Bett, stand auf und schlich zur Tür. Leise öffnete er sie.
Der Lärm wurde lauter. Jemand sang mit sonorer Baßstimme ein Lied, dann fielen die anderen mit ein. Gläser klirrten, Frauen kreischten. Dolain schien es, als würde da unten eine regelrechte Fete gefeiert.
Er schloß die Tür und war sichtlich irritiert. Das hätte er in diesem Haus nicht vermutet. Langsam keimte in ihm ein Verdacht hoch. Sollte er etwa in eines jener Freudenhäuser geraten sein, die für Paris angeblich so berühmt waren.
Roger schluckte. Wohl fühlte er sich nicht bei dem Gedanken. Er hatte noch nie ein Bordell besucht, wohl mit seinen Kollegen Witze darüber gerissen, aber selbst in solch einem Haus zu stecken, war doch etwas anderes.
Roger kam ins Schwitzen. Er suchte in seiner Jacke nach Zigaretten, fand noch ein Stäbchen in der Schachtel und zündete es an. Als er den ersten Rauch einsaugte, mußte er husten. Die Zigarette war zu stark für ihn.
Er drückte den Glimmstengel in einem Metallaschenbecher aus.
Dann stand er auf und trat ans Fenster. Über Paris lag der Sommerhimmel wie ein blaues Tuch aus Samt. Vereinzelt funkelten ein paar Sterne. Sie wirkten auf ihn wie ferne Diamanten. Der Widerschein zahlreicher Lichter schimmerte am Horizont.
Am gewaltigsten war der Eiffelturm.
Silhouettenhaft ragte das dunkle Gestänge hoch. Mehrere Scheinwerfer strahlten das weltberühmte Gebäude an. Die Lichter brachen sich auf dem Metall. Dieser Anblick war schon etwas Erhabenes. Davon hatte der junge Mann immer geträumt.
Vor Staunen bekam er den Mund nicht zu. Dann aber geschah etwas, was ihn an seinem Verstand zweifeln ließ.
Urplötzlich tauchte hinter dem Bauwerk eine gigantische Gestalt auf. Dunkel und drohend war sie.
Roger glaubte seinen Augen nicht zu trauen, als die Gestalt noch weiter wuchs und ein riesiger Totenschädel das letzte Drittel hinter dem Eiffelturm einnahm…
***
Blitzschnell wurde mir die Luft knapp. Im ersten Augenblick wollte Panik in mir hochwallen, doch dann zwang ich mich zur Ruhe. Neben mir hörte ich Suko keuchen und würgen. Auch ihn hatte es erwischt.
Der Fuß rutschte vom Gaspedal. Ich wollte noch bremsen, kam aber nicht mehr dazu, weil mich der Druck der Finger nach hinten zog. Dafür schlug ich unbewußt mit der Hand gegen das Lenkrad, gab ihm einen Drall nach links. Die Reifen machten die Bewegung mit, und der Bentley schoß über die Wegbegrenzung auf eine Wiese zu.
Zum Glück stand in der Nähe kein Baum, aber die lange Schnauze des Wagens bohrte sich in einen Strauch.
Dann stand das Fahrzeug.
Vor meinen Augen wallten rote Kreise. Mein Gegner hinter mir mußte Bärenkräfte besitzen. Ich hörte ein gieriges Kichern und Lachen. Dazwischen ein Keuchen und Stöhnen.
Es waren widerliche Laute, aber ich kannte sie, hatte sie bereits gehört. Vor zwei Wochen, als wir in der Jenseitswelt gelandet waren, und wir in der Stadt der Verlorenen gegen die gefährlichen Zwerge kämpften.
Hockten diese Bestien jetzt im Wagen?
Ich riß meine Arme hoch, fuhr damit an der Kopfstütze vorbei und packte zu.
Fettiges Haar glitt zwischen meine Finger. Im gleichen Augenblick löste sich der Druck an meiner Kehle.
Ich warf mich sofort nach vorn und atmete tief ein.
Suko stieß gerade die Tür auf und ließ sich nach draußen fallen. Ich tat es ihm nach, sprang aus dem Wagen, öffnete die Fondtür, zog dabei meine Waffe und
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