0064 - Der Hexer von Paris
breitete die Arme aus und drehte die Handflächen nach außen. »Die Zwerge werden über das Land herfallen und es in ihren Besitz bringen. Frankreich soll ein Stützpunkt des Bösen werden, in dem ich allein herrschen werde.«
»Und John Sinclair oder Professor Zamorra? Du weißt, daß Zamorra in Frankreich lebt.«
Belphegor winkte ab. »Das sind keine Gegner für mich. Du hast ja gesehen, wie schnell ich diese Shao in meine Gewalt bringen konnte. Mit den anderen wird es kaum weniger Schwierigkeiten geben.«
Der Schwarze Tod wiegte den Knochenschädel. »Sieh die Sache als nicht so einfach an. Wir haben schon jahrelang versucht, unsere Gegner auszuschalten und es nicht geschafft.«
»Ihr seid nicht ich«, erwiderte Belphegor sehr von sich überzeugt.
Wut schoß wie eine Lohe in dem Schwarzen Tod hoch. In diesen Dingen reagierte er überaus menschlich. »Vergiß nicht, daß dir Sinclair bereits eine Niederlage bereitet hat. Die Mystery School war ein Schlag ins Wasser.« [1]
Belphegor winkte ab. »Vergessen!«
»Aber nicht für mich.«
»Soll ich dir all die Niederlagen aufzählen, die Sinclair dir schon zugefügt hat?« höhnte er.
Da schwieg der Schwarze Tod.
»Wie lautete deine Entscheidung?« fragte Belphegor. Er wollte endlich wissen, woran er war.
»Du kannst Paris haben!«
»Gut, mehr wollte ich nicht.«
»Aber ich werde dich beobachten und vielleicht auch selbst eingreifen, wenn es nicht so klappt, wie ich es mir vorgestellt habe.«
Belphegor war so von sich überzeugt, daß er jovial zustimmte. »Kannst du ruhig. Ich habe keine Angst.«
»Dann wünsche ich dir Glück«, sagte der Schwarze Tod.
Belphegor lächelte kalt. Einen Lidschlag später drehte er sich um und verschwand in der Tiefe der Dimensionen.
Der Schwarze Tod blieb allein zurück. Er dachte über das Gespräch nach. Zufrieden war er nicht. Belphegor machte ihm einen zu starken Eindruck, und der Schwarze Tod sah seine Existenz als Asmodis’ Vertreter gefährdet, denn wenn Belphegor es schaffte, die Gruppe um Sinclair und Zamorra zu erledigen, war ihm ein Aufstieg gewiß. Für den Höllenfürsten zählten nur die Erfolge in der Gegenwart und nicht die der Vergangenheit.
Der Nebel wurde stärker. Schon bald hüllte er die Gestalt des Dämons völlig ein, und als er wenig später wieder von einem Windstoß zerfasert wurde, war von dem Schwarzen Tod nichts mehr zu sehen.
Doch die Zeichen waren auf Sturm gestellt!
***
Auf die Idee, uns mitten in der Nacht in den Hyde Park zu bestellen, konnten eigentlich nur Verrückte kommen.
Oder Dämonen.
Myxin, der Magier, war ein Dämon.
Und er hatte das Treffen vereinbart. Er hatte auch die Bedingungen gestellt.
Suko und ich sollten allein kommen.
Wir waren gespannt.
»Wenn das eine Falle ist, tappen wir Idioten noch freiwillig hinein«, sagte Suko.
Ich hob die Schultern. »Wenn er uns hätte reinlegen wollen, wäre er nicht offen an uns herangetreten.«
Suko schüttelte den Kopf. »Ich traue ihm nicht«, erwiderte er verbissen.
Von der Seite her schaute ich meinen Freund an, während ich den silbermetallicfarbenen Bentley durch die menschenleere Bayswater Road, an der nördlichen Grenze des Hyde Parks steuerte. Suko hatte sich nicht nur in den letzten drei Wochen verändert, er war regelrecht zu einem anderen geworden.
Der Chinese hatte seinen Schock nicht überwunden. Vor zwei Wochen war seine Freundin Shao nicht nur in eine Horror-Welt entführt, sondern dort zu einer Zwergin gemacht worden. Wir waren durch das transzendentale Tor im Kino des Schreckens ebenfalls in diese Welt eingedrungen, hatten Shao aber nicht mehr befreien können, sondern waren froh gewesen, diese Welt noch verlassen zu können: Und zwar mit der kleinen Caroline Potter, die in dem Fall eine Schlüsselrolle spielte. Letztendlich aber wahnsinnig geworden war und sich nun in einer Nervenklinik zur Untersuchung befand. [2]
Suko hatte seine Freundin gesehen, und ich konnte seine Reaktion sehr gut verstehen.
Shao war auf magische Weise zu einer Zwergin geworden. Aber nicht nur das. Auch ihr Bewußtsein hatte sich verändert. Sie stand jetzt voll auf der Gegenseite. Sie haßte mich und auch ihren früheren Geliebten, das hatten wir deutlich gespürt.
Die letzten beiden Wochen waren schlimm gewesen. Verzweifelt hatte Suko nach seiner Shao gesucht, doch die Arbeit erfolglos abgebrochen.
Shao blieb verschwunden. Niemand von uns wußte, wo sie war. In einer Zwischenwelt, in einem anderen Universum – oder in der
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