0064 - Die Mühle der Toten
Gunod?«
»Wie es genau zuging, daß der Dämon unter Luzifers Scharen geriet, weiß kein Mensch. Beau Gunod tritt vorzugsweise in der Gestalt eines sehr schönen Mannes auf, wenn er sich körperlich zeigt. Er wurde 1536 von einem Magister Gunod beschworen und später in einer Abhandlung beschrieben. Von seiner schönen Erscheinung und von jenem Magister rührt der Name her, unter dem der Dämon heute bekannt ist.«
»So einen Quatsch, wissen Sie, Zamorra«, sagte Raoul Morgand.
»Aber wie man mit Gunod fertig wird, das wissen Sie mit Garantie nicht.«
Die Menschen im Obergeschoß der alten Mühle spürten einen Luftzug. Es roch penetrant nach Schwefel.
Eine kultiviert klingende Stimme sagte zu Nicole Duval: »Sie sind eine sehr schöne Frau, Mademoiselle, ein wahrer Leckerbissen für jeden Mann und jeden Dämon. Gestatten Sie, daß ich Ihnen diese Rose als Zeichen meiner aufrichtigen Bewunderung überreiche?«
»Nein, Nicole!« schrie Zamorra. »Faß diese Rose nicht an.«
Die bildhübsche Nicole zuckte zurück. Zamorra näherte sich der in der Luft hängenden Rose mit seinem silbernen Amulett. Bill Fleming schüttelte verwundert den Kopf. Einen Dämon, der Rosen verteilte, hatte er auch noch nicht erlebt.
Zamorra berührte die Adonisrose mit dem silbernen Amulett. Im gleichen Moment verwandelte sie sich, wurde zu einer fetten, häßlichen Spinne mit fingerlangen Beinen. Fast wäre sie auf Zamorras Hand gelandet. Gewiß war sie giftig.
Die Spinne fiel zu Boden, dem Gesetz der Schwerkraft gehorchend, und Zamorra zertrat sie. Es knirschte unter seinem Absatz.
Ein ärgerlicher Fauchlaut ertönte.
»Versuchen wir es anders!« sagte die Stimme des Dämons metallisch und höhnisch.
***
Ein Brausen erfüllte die Luft. Es wurde so dunkel, daß man kaum noch etwas sehen konnte. Eiskalte Windstöße fauchten aus dem Nichts. Stöße und Püffe von unsichtbaren Fäusten trafen die Menschen in dem engen Flur von allen Seiten.
Raoul Morgand brüllte auf und schoß. Die Luger spuckte eine grelle Feuerzunge. Die Kugel prallte irgendwo gegen einen Stein und jaulte als Querschläger davon.
Morgand schoß um sich.
»Aufhören!« brüllte Zamorra. »Wollen Sie uns umbringen, Sie Narr?«
Morgand hörte nicht. Da hechtete Zamorra ihn an und riß ihn von den Beinen. Morgand krachte mit dem Kopf gegen die Wand. Aber er war noch nicht kampfunfähig. Zamorra umklammerte sein Handgelenk und schlug ihm die Waffenhand gegen den Boden.
Morgand zielte mit den Fingern nach Zamorras Augen. Zamorra konnte den Kopf wegnehmen, aber jetzt wurde auch er wütend. Er setzte einen Würgegriff an und drosselte Morgand die Luft ab.
Der Schnurrbärtige strampelte mit den Beinen, bäumte sich auf und hämmerte mit der linken Faust gegen Zamorras Kopf. Dann wurde er durch den fachmännisch angesetzten Würgegriff schlaff, nach ein paar Sekunden schon.
Zamorra hielt ihn noch einige Augenblicke, nahm ihm dann die Pistole ab und warf sie weg. Morgand machte jetzt keinen Ärger mehr, aber Zamorra hatte genug andere Sorgen.
Nachdem eine kurze Pause eingetreten war, setzten die Schläge und Stöße wieder ein. Das Amulett baumelte an der massiven Kette um Zamorras Handgelenk. Er nahm es, federte hoch.
Zamorra rief die Worte des Schlüssels Salomonis, jene uralte Beschwörungsformel, die Geister und böse Mächte dem Willen des Rezitators unterwarf. Die Schläge hörten auf. Es wurde ein wenig heller.
Bill Fleming und Nicole Duval atmeten schwer. Zamorra wußte, daß er auch nicht besser aussah. Plötzlich rasten die Wände mit wahnsinniger Geschwindigkeit um ihn herum. Boden und Decke wechselten.
Zamorra wußte, daß es sich um eine Illusion handelte, um einen Dämonenspuk. Trotzdem ergriff ihn ein Schwindel. Er hörte Bill und Nicole aufschreien.
Übelkeit stieg in Zamorra hoch. Er konnte sich kaum noch auf den Beinen halten. Der Dämon wollte ihn fertigmachen, bis er halb hinüber war, wollte ihm das Amulett abnehmen und ihm dann den Rest geben.
Zamorra begriff es in Zehntelsekunden. Es ging um Leben und Tod. Wieder rief er die Worte des Schlüssels Salomonis, und er deutete mit dem Amulett in alle vier Richtungen und beschrieb einen Kreis damit.
Das tolle Durcheinander kam zum Stillstand. Ein enttäuschter Schrei gellte von wie von weither, wie aus den Tiefen eines Abgrunds. Bill Fleming und Nicole mußten sich an der Wand stützen.
Nur Raoul Morgand, der gerade wieder zu sich kam, hatte nichts mitbekommen.
»Beau Gunod!« rief
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