0067 - Der Teufelskrake
Pendelbewegungen die Ketten so hinunterzuschleudern, daß sie sich wie Fesseln um Arme und Leib des mörderischen Kraken wanden.
Die ersten drei Versuche gingen daneben. Ein vierter Versuch schlug fehl, da das Ungeheuer mit einem gewaltigen Schlag die Bewegung der Kette abfing. Klirrend fiel die Kette ins Wasser.
Vergebene Sekunden. Ein Zeichen nach oben.
Der Pilot hievte Zamorra in seinem Sitz hoch. Neue Ketten. Wieder abwärts. Wieder das Schweben und Gleiten über dem gewaltigen Koloß aus Fleisch und Muskeln und Greifern.
Dann ein gewaltiger Schwung – die Kette wickelte sich rasselnd um zwei der Arme. Zamorra biß die Zähne aufeinander. Er hielt fest. Er durfte jetzt nicht loslassen. Er mußte den Druck verstärken, mußte die Kette enger ziehen.
Aber da bäumte sich das Ungeheuer auf, schlang einen freien Arm um die Kette und riß sie nach unten.
Der Ruck war so unglaublich hart, daß sich die Riesenkraft des Kraken über Zamorra und das Seil bis zum Hubschrauber übertrug.
Wie von einer Riesenfaust getroffen, sackte der Hubschrauber zwei, drei Meter nach unten.
Zamorra war gezwungen, die Kette loszulassen. Das Untier hätte ihn und die Maschine über sich unweigerlich ins Wasser gezerrt.
Er ließ sich nach oben hieven.
»Funkspruch«, sagte der Pilot und hielt ihm das Gerät hin. »Professor Cirelli.«
»Zamorra. Ich höre.«
»Ich habe es beobachtet, Zamorra«, kam Cirellis Stimme. »Waren das Seile?«
»Es waren Ketten, Cirelli.«
»Auch mit denen wird das Ungeheuer fertig. Sie müssen die Harpune benutzen. Zielen Sie auf die Stellen, wo die Arme mit dem Kopf der Bestie verwachsen sind. Eine Art Schulter bilden diese Stellen. Dort ist das Kraftzentrum der Arme. Sie müssen mehrmals treffen, dann lähmen Sie den Kraken.«
»Danke, Cirelli. Ich werde wohl so vorgehen müssen.«
Ein neuer Anflug auf das Ungeheuer. Zamorra sah beim Niedergleiten, daß die Bestie die Kette zerriß. Wie eine dünne Perlenschnur.
Er hatte die Harpune genommen. Er hatte geladen. Jetzt drückte er ab.
Fauchend schoß der stählerne Pfeil ins Ziel, bohrte sich in einen der Armmuskeln des Kraken. Sofort ließ Zamorra die Waffe zurückkommen. An einer Fangschnur gelangte sie sicher in seine Hand.
Ein Klumpen aus Knorpel und Fleisch hing daran.
Sechsmal schoß Zamorra den Pfeil ab. Sechsmal traf er das Ungeheuer. Nach einer halben Stunde zeigten sich die ersten Lähmungserscheinungen.
Da ließ Zamorra den Piloten noch tiefer heruntergehen. Kurzerhand sprang er ins Wasser. Nur matt widersetzte sich der Krake noch. Die Kraft seiner Arme war für Stunden gebändigt und unter Kontrolle.
Zamorra legte einen ganzen Verband, ein ganzes Netz aus Stahlketten an. Die ungeheuren Tentakeln schlossen sich immer enger um den Leib des Satans, der aus der Tiefe des Meeres gekommen war, um alles niederzuwalzen, was ihm entgegentrat.
Zamorra ließ sich hochhieven. Dann ein letzter Augenblick der Spannung. Der Hubschrauber stieg langsam an. Die Ketten hielten. Meter um Meter hob sich der Krake aus dem Meer. Er war überwältigt.
Aber es waren fast vierzig Männer nötig, um ihn auf der Insel Lenone zu bändigen. Schließlich brachte man ihn in einen der größten Lagerschuppen. Zwölf Stunden, so hatte Cirelli durchgegeben, würde er ohne Wasser auskommen und überleben.
Am Tage darauf kam ein Containerschiff aus Catania an. Cirelli ließ das Ungeheuer in einem dreifach gesicherten Behälter abtransportieren.
Er bedankte sich überschwenglich bei Zamorra, als dieser ihn mit Nicole aufsuchte und ihm die geliehenen Gegenstände zurückbrachte. Den Behälter mit dem Kopf dos Kraken, den Borellas Angel aufgerissen hatte. Und die Harpune. »Die«, sagte Cirelli, »gehört Ihnen, Zamorra. Es ist ein Andenken. Ich habe den Teufel der Kraken dafür. Ich werde ihn studieren. Und die Fischer von Lenone können wieder ungestört ihrer Arbeit nachgehen.«
ENDE
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