0067 - Der Teufelskrake
Fischers von Lenone zweifeln. Ich möchte Madame nicht sehen, weil ich mißtrauisch gegen euch bin. Aber ich brauche sie wie euch zur Durchführung meines Planes. Sie muß dabeisein und zuhören können.«
»Bringt die Frau her«, rief Corina. »Wir wollen den Plan des Professors hören.«
Der alte Tresi machte sich selbst auf den Weg, um Nicole zu holen.
Zamorra sah mit einem Blick, daß dem Mädchen kein Leid geschehen war.
Er winkte ihr kurz zu, und ihre Augen begannen im Widerschein der Fackeln und Laternen zu leuchten.
Er trat auf sie zu und umarmte sie vor aller Augen.
Dann setzte er den Fischern seinen Plan auseinander. Es gab keinen unter ihnen, der ihm nicht mit zunehmender Spannung zuhörte.
***
»Ihr seid tapfer und kühn«, begann Zamorra. »Jeder auf den Inseln weiß es, und niemand wird es jemals bestreiten. Aber ihr geht gegen einen Feind an, den ihr zu wenig kennt. Und ihr dürft mir vertrauen, wenn ich euch sage, daß Cirelli und ich genauso hinter dem Teufel aller Kraken her sind. Nein – unterbrecht mich nicht. Ich werde euch gleich etwas zeigen, das euch die Richtigkeit meiner Worte beweisen wird. Denn ich nehme an, Luca Borella, daß du seit einigen Wochen eine deiner teuersten Angeln vermißt, nicht wahr?«
Der Fischer sah Zamorra mit offenem Mund an.
»Woher – woher wißt Ihr das?« stammelte er. »Der Fisch ist mit ihr davongeschwommen. Es war ein Mordskerl von einem Schwertfisch.«
»Nein, Borella«, sagte der Professor mit fester Stimme. »Es war kein Schwertfisch und kein Thunfisch, wie ihr sie gewöhnlich jagt.«
»Und was war es?«
»Es war ein Riesenkrake«, sagte Zamorra leise. Aber die Wirkung war ungeheuer. Alle sprachen durcheinander. Erst auf ein Zeichen Luigi Tresis schwiegen die Männer wieder. Noch dichter drängten sie sich um Zamorra.
»Sprecht weiter!« sagte Borella. »Woher wißt Ihr…?«
»Ich weiß es nicht nur«, war Zamorras Antwort. »Ich habe eure Angel.«
»Du lügst!« schrie Enrico Corina los. »Du willst uns nur davon abhalten, gegen Cirelli loszuziehen!«
»Ruhe jetzt!« befahl Zamorra. »Ich will euch gleich noch eines sagen: wer mir nicht zu Ende zuhören will, wer gegen Cirelli ziehen möchte, der möge gleich losfahren. Er verschwendet hier seine Zeit. Ich sage euch nur, daß ihr nicht an seine Insel herankommt. Sie ist durch einen Minengürtel gesichert. Cirelli kann euch über einen elektronisch gesteuerten Kanal von Kameras und einen Bildschirm beobachten. Er zündet die Minen, sobald sich ein Boot auf mehr als dreißig Meter naht.«
»Woher wißt ihr das, Professore?« fragte Tresi.
»Von ihm selbst. Ich war in dieser Nacht bei ihm. Und ich habe mich überzeugt, daß er wirklich ein Forscher ist. Nein – unterbrecht mich nicht. Hört mir zu. Es war Cirelli, der den Kraken mit Borellas Angel im Kopf eines Tages fand. Er studiert das Leben der Unterwassertiere. Und er kennt genau das Datum, von dem an die Kolonie der Kraken unruhig wurde. Eure lanzenartige Angel, Borella, war der Grund für den Aufruhr. Es war nicht Eure Absicht. Aber der Krake wurde von den Widerhaken der Angel erfaßt. Als er fliehen wollte, habt Ihr natürlich als Fischer versucht, die Beute einzuholen. Bei dem Kampf wurden Schlund und Rachen des Kraken total aufgerissen. Ihr könnt den Kopf des Tieres gleich sehen.«
»Zeigt ihn uns, oder wir glauben euch kein Wort mehr!« rief Corina.
»Dann macht mir Platz, daß ich zu meinem Boot gehen kann.«
Schweigend traten die Männer auseinander.
Als er nahe beim Boot war, hörte er die Schritte einiger Männer hinter sich. Sie trauten ihm also nicht. Sie glaubten, daß er die Gelegenheit zur Flucht nutzen wollte.
Er nahm es ihnen nicht übel. Er konnte sie verstehen, ihre verletzte Ehre, ihre Trauer um den Verlust der jungen Fischer.
Aber er wandte eine Taktik an, die ihr Mißtrauen endlich zerstreute.
Abrupt blieb er stehen und wandte sich um.
»Ah, fein!« rief er den Fischern entgegen. »Ich freue mich, daß ihr mich begleitet und mir helfen wollt. Da könnt ihr den Behälter mit dem Kopf der Krake gleich selbst tragen. Er ist wirklich ziemlich schwer für einen Mann.«
Mit einem Satz sprang er an Deck und hängte eine Plane über den Behälter. Dann winkte er zwei der jungen Fischer zu.
Sie kamen aufs Boot. Auf Zamorras Zeichen hin ergriffen sie den Behälter.
Schweigend ging die kleine Truppe zu der Stelle zurück, wo die anderen Fischer bei den Booten warteten.
»Stellt das hier ab«, sagte Zamorra.
Weitere Kostenlose Bücher