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0068 - Die Geisternacht

0068 - Die Geisternacht

Titel: 0068 - Die Geisternacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Wolf Sommer
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hindurchpreschen konnte.
    Pizana war nicht ganz so glücklich. Er wurde von zwei Kriegern angegriffen, die sich ihm in den Weg stellten.
    Aber der Mann aus Sacromonte wusste sich zu helfen. Zamorra, der jetzt stehen geblieben war, um ihm Unterstützung zu gewähren, brauchte nicht einzugreifen.
    Die federgeschmückte Keule seines Begleiters trat in Aktion. Einer der Angreifer bekam sie voll auf den Schädel. Der andere setzte seine eigene Keule ein, wurde jedoch von Pizana in Fechtermanier pariert. Dann führte Zamorras Helfer den Gegenschlag, dem der Azteke nichts mehr entgegenzusetzen hatte. Schwer getroffen stürzte er zu Boden. Pizana war wieder an der Seite des Professors. Seine Augen sprühten vor Kampfeslust.
    Gemeinsam hasteten sie weiter.
    »Wir müssen raus aus der Stadt«, keuchte Zamorra. »In diesen Gassen werden sie uns kurz über lang einkesseln.«
    Der Indianer knurrte ein Wort der Zustimmung.
    Und weiter ging die wilde Jagd. Die Azteken hatten ihren Schock jetzt überwunden und machten sich mit heiserem Wutgebrüll an die Verfolgung. Und sie bekamen ständig Verstärkung, denn immer neue Soldaten tauchten auf.
    Es blieb nicht aus, dass der Professor und Pizana die Orientierung verloren. Ein Haus sah aus wie das andere, eine Gasse wie die nächste.
    Mehr als einmal verstellten gegnerische Krieger ihnen den Weg.
    Dolch und Keule mussten für freie Bahn sorgen.
    Und die Azteken beschränkten sich nicht ausschließlich auf den Nahkampf. Die beiden Männer wurden mehrfach mit Steinschleudern unter Beschuss genommen. Nur der Dunkelheit hatten sie es wohl zu verdanken, dass sie nicht getroffen wurden.
    Trotzdem war schon jetzt abzusehen dass die Gegner am längeren Hebel saßen. Viele Hunde sind des Hasen Tod, hieß es so schön.
    Und das stimmte auch dann, wenn die Hasen wie die Löwen kämpften. Das Gassenlabyrinth Amecamecas nahm die Form einer ausweglosen Todesfalle an.
    Zamorra merkte, dass sie in genau entgegengesetzter Richtung dahinhetzten. Sie waren im Begriff, nicht zum Stadtrand, sondern zum Stadtkern vorzudringen. Die höher werdenden Gebäude sprachen eine deutliche Sprache.
    Und die engen Gassen wurden breiter, verwandelten sich in Straßen. Schließlich erreichten sie eine Freifläche, in deren Mitte ein einziges Bauwerk aufragte.
    Es war ein Rundbau, der von zahllosen Fackeln angestrahlt wurde. Der pyramidenförmige Charakter fiel sofort ins Auge. Der Bau ließ unwillkürlich an riesige, übereinandergestapelte Autoreifen denken, wobei der Durchmesser nach oben hin ständig abnahm.
    Den Abschluss machte ein moscheeähnlicher Aufbau.
    Fraglos handelte es sich um einen Tempel. Und Tempel bedeuteten im Reich der blutgierigen Götter nicht viel Gutes.
    Der Rückweg war ihnen abgeschnitten. Die Schergen saßen ihnen dicht auf den Fersen. Und so wurden sie völlig gegen ihren Willen auf den Tempel zugetrieben.
    Die Überquerung des Tempelvorplatzes war wie Spießrutenlaufen. Geschleuderte Steine und Pfeile umschwirrten sie wie wilde Hummeln. Zamorra verspürte einen leichten Schlag gegen den Rücken. Während des Laufens tastete er nach der getroffenen Stelle.
    Ein Pfeil war in seinem Jaguarfell hängen geblieben. Zum Glück hatte das Ding so wenig Durchschlagskraft gehabt, dass es nicht einmal seine Haut ritzen konnte.
    Aber diese Feststellung war nur ein schwacher Trost. Sie standen jetzt unmittelbar vor dem Tempel. Weiter ging es nicht. Und die Horde der Krieger stürmte jetzt ebenfalls über den Platz.
    Aus allen Richtungen. Das Ende war nahe.
    Zamorra war sich dieser Tatsache genauso bewusst wie Tizoc Pizana. Die beiden Männer sahen sich mit harten Gesichtern an.
    »Ich hätte doch allein gehen sollen«, sagte der Professor. Es klang wie eine Entschuldigung.
    Der Indianer schüttelte energisch den Kopf.
    »Nein, Señor!«, widersprach er. »Ich habe es für mich getan. Für mich und Maria! Sie ist gestorben, und ich werde sterben. Aber mit mir zusammen werden noch einige andere in den Tod gehen.«
    Wie zur Bekräftigung seiner Worte hob er die Keule. Die eingelassenen Obsidiansplitter glänzten im Schein der Fackeln wie ein Fanal des Todes. Die Federspitzen zitterten.
    Zamorra und Pizana wandten sich um, um den Ansturm der Azteken zu erwarten.
    ***
    In dem Bewusstsein, sich ihrer Opfer sicher zu sein, nahmen sie sich Zeit. In einem weit geschwungenen Halbkreis kamen sie näher.
    Manches war in ihren Gesichtern zu lesen. Bewunderung für die Männer, die ihnen so hartnäckigen Widerstand

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