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0070 - Die Brücke ins Jenseits

0070 - Die Brücke ins Jenseits

Titel: 0070 - Die Brücke ins Jenseits Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: A.F. Morland
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Augen, senkten den Kopf und begannen mit ihrer Meditation. Sie wollten sich auf telepathischem Wege mit Omar Namsi in Verbindung setzen. Es klappte nicht auf Anhieb, schließlich war eine Zeitspanne von dreihundert Jahren zu überwinden, doch eine Stunde später hatten sie Kontakt mit ihrem Herrn und Meister.
    »Wir sind hier!« berichtete Ahmet.
    »Alles hat sich verändert, aber wir werden gut geführt«, übermittelte Mehmet seinem Herrn.
    »Gut«, kam es über die Jahrhunderte hinweg. »Geht nun, und sät die Saat des Bösen für mich aus. Wir wollen dieser verfluchten Stadt einen Denkzettel verpassen, der sie bis in ihre Grundfesten hinab erschüttern wird! Macht euch sofort auf den Weg! Ich erwarte euch so bald wie möglich zurück!«
    »Ja, Herr!« sagte Mehmet im Geist.
    »Wir werden deinen Befehl ausführen«, fügte Ahmet den Worten des Freundes hinzu. »Und niemand wird uns daran hindern.«
    Es war eine Stunde vor dem Morgengrauen, als die beiden unheimlichen Gestalten jene düstere Baustelle verließen.
    ***
    In den Krankensälen brannten die Nachtlichter. Ahmet huschte auf einen der Betonblocks zu. Mehmet lag hinter einem Busch und wartete. Seine Hand krampfte sich um den Krummsäbelgriff. Seine funkelnden Augen suchten das Gelände ab. Ein kurzes Zischen war zu hören. Mehmet erhob sich. Das war das Zeichen von Ahmet gewesen, daß die Luft rein war. Wieselflink lief nun auch der zweite Türke auf den Block zu. Ahmet stand im Schatten einer Tür. Mehmets Pluderhosen raschelten gegeneinander. Dann war der Freund und Kampfgefährte bei ihm. Ahmet legte die Hand auf die Drahtglastür.
    Er drückte sie sacht nach innen. Gedämpfte Stimmen drangen an ihre Ohren. Mehmet wollte den Dolch aus seinem Gürtel reißen.
    Doch Ahmet legte ihm die Hand auf den Arm und schüttelte bedächtig den Kopf. »Das wird nicht nötig sein«, flüsterte er. Dann winkte er Mehmet mit sich. Lautlos schlichen sie eine Treppe hinunter. Kälte schlug ihnen entgegen. Ein Röhrensystem lief an der Decke entlang. Neonlicht blendete sie. Mehmet und Ahmet hörten in: sich hinein. Der Fürst der Finsternis selbst schien sich ihrer anzunehmen. Mit verblüffender Sicherheit fanden sie den richtigen Weg.
    Eine Tür ohne Glas.
    Ahmet legte seine warme Hand auf die kalte Klinke. »Abgeschlossen!« stellte er fest.
    Mehmet schob den Freund zur Seite. »Laß es mich machen!« verlangte er. Dann stellte er sich vor die Tür, verdrehte die Augen so weit, daß nur noch das Weiße des Augapfels zu sehen war, fletschte die Zähne und stieß ein unheimliches Knurren aus. Ein heller Fleck bildete sich da, wo sich das Türschloß befand. Augenblicke später zerbrach die Schloßzunge.
    Der Weg in die Totenkammer war frei.
    ***
    Acht Leichen lagen in der Kammer, und sie verströmten süßlichen Geruch. Ahmet und Mehmet störte das nicht. Mehmet inspizierte die Toten. Es waren fünf Männer und drei Frauen. Sieben davon waren nach einem operativen Eingriff verschieden. Der achte Tote hatte einen schweren Unfall nur wenige Stunden überlebt. Jeder Leichnam war gewaschen und gekämmt worden. Die männlichen Toten waren außerdem rasiert. Ihre glatten Wangen glänzten.
    Ahmet winkte Mehmet zu sich. »Fang an!« verlangte er.
    Mehmet nickte mit finsterer Miene. Er stieß die Hand in seine Pluderhose und riß sie sogleich wieder heraus. Sie war zur Faust geballt. Grinsend hielt er sie seinem Freund hin. Dann öffnete er langsam die Finger. Auf seiner Handfläche lagen unzählige kleine Perlen. Sie schimmerten schneeweiß, verfärbten sich für einen kurzen Moment blutrot und schienen abscheuliche Gestalten anzunehmen.
    Grauen. Angst. Entsetzen. Tod. Verderben. Alles das bargen jene unscheinbaren Perlen in sich. Allmählich verloren sie die rote Färbung.
    Sie wurden wieder weiß, dann transparent, und schließlich waren sie nicht mehr zu sehen, wohl aber zu fühlen.
    »Wir werden sie hier auslegen!« sagte Ahmet. »Gib mir die Hälfte davon.«
    Mehmet nickte. Er kippte die Hand. Es sah aus, als würden zwei Kinder mit nichts spielen. Aber es prasselte etwas in Ahmets hohle Hand. Ein teuflisches Grinsen verzerrte die Gesichter der Türken.
    Was sie hier säten, war an Grauen nicht zu überbieten. Was sie hier in dieser Totenkammer deponierten, würde schon bald die ganze Stadt vernichten. Und später das Land. Und später…
    Die Apokalypse würde über Europa hinwegrasen.
    ***
    Danach hatten sie Zeit. Sie konnten erst nachts wieder über die Brücke gehen.

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