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0070 - Die Brücke ins Jenseits

0070 - Die Brücke ins Jenseits

Titel: 0070 - Die Brücke ins Jenseits Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: A.F. Morland
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von über 200.000 Mann donauaufwärts. An seiner Spitze stand der Großwesir Kara Mustapha. Er wollte das zustande bringen, was sein Vorgänger nicht geschafft hatte…
    ***
    Wien, im Jahre des Herrn 1683.
    Omar Namsi stand mit finsterer Miene vor seinem Zelt. Er war ein häßlicher Mensch. Sein Kopf war kahl, er, hatte einen Wolfsrachen und Rattenzähne. Seine Augen hatten die Farbe polierten Bernsteins.
    Sehnen wie Stahltrosse lagen unter seiner dunklen Haut. Namsi war mit dem Bösen im Bunde. Mit Hilfe von Kräften aus dem Schattenreich war Omar Namsi imstande, übernatürliche Dinge zu vollbringen. Grimmig schüttelte er den Kopf. Seit geraumer Zeit war der Kampflärm verstummt. Wien durfte kurz Atem holen. Indessen rüstete Kara Mustaphas Heer zum nächsten großen Sturmangriff.
    »Diese Hohlköpfe!« knurrte Namsi ärgerlich. »Warum hört keiner auf mich? Es wird ihnen nicht gelingen, diese Stadt einzunehmen. Ich weiß es, weil ich die Gabe habe, in die Zukunft zu sehen. Graf Ernst Rüdiger Starhemberg stehen 16.000 Mann regulärer Truppen und etwa 6000 Bürger zur Verfügung. Wir sind weit in der Überzahl. Trotzdem werden wir eine Niederlage erleiden, die in die Geschichte eingehen wird.« Namsi bleckte die gelblichen Rattenzähne.
    »Sie denken, ich wäre ein Wirrkopf, wüßte nicht, wovon ich spreche. Aber meine Freunde im Schattenreich sagen mir, daß es besser wäre, beizeiten von hier abzurücken!«
    15.000 Türkenzelte standen rund um Wien.
    Kara Mustapha lenkte den nächsten Hauptangriff seines Belagerungsheeres gegen den Festungsabschnitt zwischen der Burg- und der Löwenbastei im Westen der Stadt. Hier fand er ein Gelände vor, in dem der Minenkrieg, von dem er sich den größten Erfolg versprach, nicht durch Grundwasser behindert werden konnte.
    Namsi vernahm den Schlachtlärm. Verdrossen schüttelte er erneut den Kopf. »Es nützt nichts. Nützt alles nichts! Wir werden hier keinen Sieg erringen!«
    Übelgelaunt wandte er sich um. Er betrat sein Zelt. Ein grausamer Ausdruck legte sich um seine harten Lippen. Ein knurrendes Lachen drang aus seiner Kehle. Auf dem Boden lag ein hübsches, schwarzhaariges Mädchen. Selima war ihr Name. Vor einigen Monaten hatte Namsi sie sehr verehrt, ja geradezu vergöttert. Alles hätte er ihr damals zu Füßen gelegt, sein Vermögen, seine Zauberkünste, einfach alles. Aber sie hatte ihm unerschrocken gesagt, daß sie es niemals über sich bringen könne, seine Frau zu werden. Sie fände ihn abstoßend, widerlich und ekelerregend. Außerdem gefielen ihr seine nächtlichen Tätigkeiten nicht, die dazu dienten, um die Geister aus dem Schattenreich zu beschwören und sie sich dienstbar zu machen.
    Daraufhin war Omar Namsis Liebe in abgrundtiefen, gemeinen Haß umgeschlagen. Er bestrafte das Mädchen auf eine schreckliche Art: Zunächst legte er ihr magische Fesseln an, von denen sie kein Sterblicher mehr zu befreien vermochte. Und dann befahl er dem Feuerteufel, Selima mit allen ihm zu Gebote stehenden Mitteln zu quälen.
    Namsi lachte wieder.
    Selima lag vor ihm. Splitternackt. Sie hatte einen wunderschönen Körper. Und auf diesem Körper tanzten bläulich züngelnde Flammen. Selima wand sich unter schmerzlich verzerrten Zügen. Sie warf den Kopf verzweifelt hin und her, stöhnte, weinte, war von den unsichtbaren Fesseln jedoch so stark niedergepreßt, daß sie sich nicht erheben konnte.
    »Warum tust du mir das an, Omar?« schrie Selima mit heiserer Stimme. »Warum?«
    »Du weißt, warum! Du hast meine Liebe verschmäht. Das ist die Strafe dafür!« fauchte der mächtige Zauberer.
    »Warum tötest du mich nicht? Warum muß ich so schrecklich leiden?« jammerte das bedauernswerte Mädchen, die bläulichen Flammen schlugen nach ihrem Gesicht. Sie schloß entsetzt die Augen, stieß wimmernde Laute aus.
    »Der Tod wäre eine Erlösung für dich!« knurrte Namsi hartherzig.
    »Ich aber habe nicht die Absicht, dir in irgendeiner Weise einen Gefallen zu tun. Du verabscheust einen so mächtigen Mann wie mich. Dazu gehört sehr viel Mut. Beweise nun, daß du auch tapfer bist. Bis an dein fernes Lebensende werden diese Flammen deinen nackten Leib liebkosen. Wahnsinnig werden dich die Schmerzen eines Tages machen, und ich werde mich zu jeder Stunde an deinen Qualen ergötzen. Du hast es nicht anders gewollt.«
    Das Kanonengrollen nahm an Heftigkeit zu.
    Namsi wandte sich halb um. »Unsere Leute bauen Laufgräben bis an die Festung heran und versuchen, von diesen

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