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0071 - Knochensaat

0071 - Knochensaat

Titel: 0071 - Knochensaat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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Schulter des Mannes und weinte.
    Sanft streichelte der Pfarrer das lockige Haar.
    »Warum tun sie das?« schluchzte die Kleine. »Warum schlafen die Menschen? Warum sind sie so böse?«
    Darauf wußte der Pfarrer keine Antwort. Ihm war nur klar, daß er so rasch wie möglich weg mußte, wenn er Schlimmeres verhüten wollte, denn die Gerippe würden auch auf das Kind keinerlei Rücksicht nehmen.
    Sie waren keine Menschen mehr.
    »Wie heißt du denn?« erkundigte sich der Pfarrer.
    »Marion.«
    »Dann komm, Marion. Wir gehen jetzt zu mir.«
    »Und meine Eltern?« Die Frage klang wie ein Schluchzen, das dem Pfarrer durchs Herz schnitt.
    Er schluckte hart, dann gab er die Antwort. »Es wird schon alles wieder gut«, erklärte der alte Kroger entgegen seiner eigentlichen Überzeugung.
    Marion aber schaute ihn vertrauensvoll an, und der Pfarrer nickte.
    Dann gingen sie.
    Pfarrer Kroger blickte sich immer wieder um, doch von den Gerippen sah er nichts. Alles blieb ruhig und dunkel. Er hörte auch keine Schüsse mehr und wußte nicht, ob er das als positives oder negatives Zeichen werten sollte. Alles war so anders, so verrückt, so irreal, daß er fast den Verstand verlor. Der Geistliche mußte sich ungeheuer zusammenreißen, um auf dem Boden der Tatsachen zu bleiben. Er hatte geschossen. Aber war es wirklich Mord?
    Er dachte darüber nach, und diese Gedanken quälten ihn regelrecht. Er hatte bisher die Verabscheuung der Gewalt gelehrt, und jetzt griff er selbst zu diesen Mitteln. Doch er hatte keine Menschen umgebracht. Nein, es waren Monster, Dämonen, Geschöpfe ohne Seele, lebende Tote – Zombies?
    Begriffe, über die er sich sonst keine Gedanken gemacht hatte, aber jetzt mußte er sich damit befassen. Für den Pfarrer war es schlimm. Doch er hatte in Notwehr geschossen, er hatte nicht einfach losgeballert, nur um den Tötens willen. Und das konnte er vor seinem Gewissen verantworten.
    »Wo bringst du mich hin?« fragte die Kleine.
    »Wir gehen zu mir ins Pfarrhaus.«
    »Und dann?«
    »Warten wir«, erwiderte der Geistliche.
    »Auf meine Eltern?«
    »Auch.«
    Das Mädchen hob die schmalen Schultern. Es trug ein hellblaues Sommerkleidchen mit einer weißen Borde am Saum. »Hoffentlich kommen Mutti und Papi auch.«
    Pfarrer Kroger drückte die Hand der Kleinen fester. »Ganz bestimmt kommen sie. Davon bin ich sogar überzeugt.«
    Die Worte waren so vertrauenerweckend gesprochen, daß die Kleine lächelte. Marion ging plötzlich schneller, und auch der Pfarrer mußte einen Schritt zulegen.
    Dann hörte er das Geräusch!
    Die beiden befanden sich etwa auf halber Strecke, als sie das Geräusch hörten.
    Sofort blieben sie stehen.
    »Was war das?« flüsterte Marion und drückte sich ängstlich gegen den Geistlichen.
    »Ich weiß nicht. Aber keine Angst, ich bin bei dir. Sie werden dir nichts tun.«
    Marion nickte.
    Der Pfarrer aber war nicht so überzeugt. Er hatte die Worte nur gesagt, um die Kleine nicht zu beunruhigen. Wenn die Skelette plötzlich auftauchten und sie einkreisten, dann war es aus.
    Unwillkürlich umklammerte er die mit Silberkugeln geladene Pistole fester.
    Es war trotz allem eine Schande, daß er sich auf eine Waffe verlassen mußte.
    Weiter vorn sahen sie schon das Licht hinter den Fenstern des Pfarrhauses leuchten.
    Ein Hoffnungsschimmer…
    »Komm weiter«, sagte der Pfarrer.
    Sie gingen.
    Rechts von ihnen befand sich das Geländer. Dahinter fiel die Mauer ab.
    Und plötzlich sah der Pfarrer die Knochenhände.
    Sie hatten sich um das Geländer geklammert, und einen Augenblick später zog sich das Gerippe in die Höhe.
    Es mußte unterhalb des Weges gelauert haben, aber jetzt war es da!
    Augenblicklich blieben der Pfarrer und das Kind stehen.
    Marion begann vor Angst zu weinen. Sie zitterte, während ihr die Tränen an den Wangen entlangliefen.
    »Keine Angst«, raunte der Geistliche und hob die Hand mit der Beretta.
    Das Skelett kam.
    Geschickt schwang es sich über das Eisengeländer, stand dann auf dem Weg und breitete beide Knochenarme aus.
    Kein Zweifel, dieses Skelett wollte den Pfarrer und das blonde Mädchen aufhalten.
    Langsam kam es näher.
    Marions Angst wurde so groß, daß sie sich hinter dem Geistlichen versteckte.
    Das war Pfarrer Kroger nur recht.
    Er hob den rechten Arm.
    Die Waffenmündung zeigte jetzt auf den Knochenmann.
    »Bleib stehen!« keuchte der Pfarrer. Seine Stimme zitterte, doch die Hand blieb ruhig. Der Pfarrer wußte, worauf es ankam. Er wollte nicht nur das Leben des

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