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0072 - Das Höllentor

0072 - Das Höllentor

Titel: 0072 - Das Höllentor Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Wunderer
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breiten Grinsen. »Du bist eben nicht daheim.«
    Ich seufzte und hob ab. »Ich habe so etwas wie ein Gewissen, mein Bester. Und vielleicht braucht man mich dringend. – Ja, hallo!« rief ich in den Hörer.
    Zuerst drang nur Rauschen und Knacken an mein Ohr. Die Verbindung war außerordentlich schlecht, vielleicht ein Auslandsgespräch.
    »Hallo, hören Sie mich?« rief ich. »Melden Sie sich!«
    Endlich kam auch eine Stimme durch, eine Männerstimme, aber sie war ganz schwach und verzerrt, so daß ich kaum ein Wort verstand.
    »… Gefahr, John… höchste Gefahr… beeilen…«
    »Hallo, spechen Sie lauter!« schrie ich. »Ich kann Sie fast nicht verstehen! Wer sind Sie?«
    »… weit weg… Tor… bald schon zu spät… John, hier ist… ist… Charly… Charly…«
    Plötzlich begriff ich. Es lag nicht nur an der schlechten Verbindung, sondern mit diesem Mann stimmte etwas nicht. Auch in den Momenten, in denen seine Stimme klar durchkam, sprach er gepreßt und röchelnd.
    »Wo sind Sie?« rief ich angespannt. »Sagen Sie mir, wo Sie sind, dann helfe ich Ihnen!«
    »… unmöglich… keine Chance… kann nicht weiterleben! Ich sterbe! Der Engel war da. Er hat alle Kräfte der Hölle… gegen mich entfesselt!«
    Ich lauschte gebannt. Schlagartig war die Verbindung hervorragend. Vielleicht handelte es sich doch um ein Ortsgespräch? Ich unterbrach den Anrufer nicht, weil er offenbar Schwierigkeiten hatte zu sprechen.
    »Ich habe keine Chance mehr«, fuhr er fort. »John, du mußt retten, was noch zu retten ist. Wenn sie das Höllentor finden, ist es zu spät. Der Wächter wird ihnen helfen! Ich… ich bin am… Ende… John!«
    Nach diesem gequälten Aufschrei brach die Verbindung ab. Ich konnte machen, was ich wollte, ich hörte nichts mehr.
    Langsam ließ ich den Hörer auf den Apparat sinken. Suko beugte sich zu mir herunter. Sprungbereit stand er vor mir.
    »Was ist los?« fragte er gespannt. »Wer war das eben?«
    »Er nannte sich Charly.« Ich suchte in meiner Erinnerung und schüttelte den Kopf. »Ich kenne viele, die Charly heißen, aber ich habe keine Ahnung, welcher Charly das war. Er scheint mich auf jeden Fall gut zu kennen.«
    »Weiter!« Suko fieberte danach, den Rest des Gesprächs zu erfahren. »Was hat er gesagt?«
    »Nicht viel.« Ich wußte noch jedes Wort. »Er hat von höchster Gefahr gesprochen, von einem Höllentor und einem Wächter. Und dann sagte er noch, er habe keine Chance mehr. Der Engel war bei ihm und hat alle Kräfte der Hölle gegen ihn entfesselt.«
    »Kräfte der Hölle!« Suko richtete sich energiegeladen auf. »Dann ist es also ein Fall für uns!«
    Ich sah zu dem baumlangen Chinesen hoch und nickte. »Sieht ganz so aus, Suko! Es scheint ein Fall für uns zu sein. Aber verrate mir, wo ich einhaken soll!«
    Er runzelte verblüfft die Stirn. So weit hatte er offenbar noch nicht überlegt.
    »Na… einhaken«, meinte er zögernd. Endlich zog ein Lichtschimmer über sein rundes Gesicht. »Bei diesem Charly! Du brauchst nur festzustellen, wer dich angerufen hat. Dann ist alles klar.«
    Ich sah ihn verblüfft an und mußte grinsen. »O ja, wirklich sehr einfach! Ich mache also eine Liste von ungefähr zweihundert Charlies und…«
    Suko zog ein enttäuschtes Gesicht und winkte ab. »So genau wollte ich es gar nicht wissen«, murmelte er und griff nach seinem Glas.
    ***
    Am folgenden Morgen mußte ich ins Büro. Ich hätte mir gern die Tage zwischen Weihnachten und Neujahr freigenommen, doch das ging nicht. Es gab zuviel Arbeit.
    Während ich mit meinem silbermetallicfarbenen Bentley zum Yard fuhr, dachte ich über den Anruf nach. Die ganze Nacht hatte er mich nicht in Ruhe gelassen. Immer wieder war ich aufgewacht und hatte darüber nachgedacht.
    Einen schlechten Scherz schloß ich aus. Dazu hatte der Anruf zu echt geklungen.
    Wenn mich nicht alles täuschte, lebte der Anrufer nicht mehr. Er hatte mich wahrscheinlich mit letzter Kraft angerufen, um mich zu warnen.
    Charly!
    Wer konnte es nur sein? Und warum war die Verbindung so stark gestört gewesen? Es kam auch in London vor, daß das Leitungsnetz überlastet war, aber nicht sonntags um elf Uhr nachts.
    Tief in Gedanken versunken fuhr ich im Yard mit dem Aufzug zu meinem Büro hoch und durchquerte das Vorzimmer.
    »Guten Morgen«, sagte ich ganz automatisch zu meiner Sekretärin.
    Normalerweise begann Glenda Perkins die Woche damit, daß sie mir einen neuen, viel zu engen Pulli präsentierte – natürlich an sich selbst – und

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