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0869 - Leichengift

0869 - Leichengift

Titel: 0869 - Leichengift Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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Wusch… wusch… wusch… die Wagen des vorbeifahrenden Güterzuges huschten an uns vorbei. Der Wind erwischte uns. Er wühlte das Haar meines Freundes Suko ebenso hoch wie das meine. Der Zug schien kein Ende zu nehmen. Wir hörten das Rattern der Räder und warteten darauf, daß uns der Zug endlich passiert hatte, damit wir die restlichen Gleise überqueren konnten.
    In dieser verdammt schwülen Sommernacht brachte uns der Luftzug des vorbeirasenden Zuges für Sekunden angenehme Kühlung. Schon seit Wochen erlebten wir Temperaturen, die in die Tropen gehört hätten, aber nicht nach Europa. Allmählich wurde die Hitze mehr als nur unangenehm.
    Der letzte Wagen war vorbei. Ich strich meine Haare zurück, schaute nach vorn und sah über den Gleisen die Luftschlieren tanzen.
    Der Himmel war bedeckt. Wir sahen keinen Mond und keine Sterne. Trotzdem gab es Lichter. Sie gehörten den Signalleuchten, die wie starre Gestalten mit hellen Köpfen in der Dunkelheit standen, um den Menschen ihre Zeichen zu geben.
    »Können wir?« fragte Suko.
    Ich nickte.
    Meine Kopfbewegung hatte Suko nicht eben begeistert, obwohl er lachte. »Aktiv wirkst du nicht gerade.«
    »Nicht bei diesem Wetter.«
    »Darüber zu reden, hat ja keinen Sinn mehr.«
    »Stimmt auch wieder.«
    So machten wir uns auf den Weg. Unser Ziel war ein abgestellter Zug. Wo er sich allerdings befand, wußten wir nicht. Das sollte uns von einem Beamten gesagt werden, den wir treffen würden.
    Es ging um einen Mann, der sich in diesem abgestellten Zug versteckt hielt. Angeblich sollte dieser Mann ein Mittelding zwischen Mensch und Monster sein. Nun, wir hätten darüber gelacht und es als Sommerloch-Geschichte abgetan, wenn es nicht eine Tote gegeben hätte. Eine Reinemachefrau, die Abfälle in einen Müllsack steckte, die die Fahrgäste hatten liegenlassen. Die Frau war tot, niemand hatte sie genau gesehen, aber der Bahnbeamte hatte es steif und fest behauptet. Er hatte uns auch das Mensch-Monster beschrieben, das als grauenhaftes Wesen hinter einem Zugfenster zusammen mit der Toten erschienen war.
    Ob das alles so stimmte, wußten wir nicht. Jedenfalls hatte man uns noch am späten Abend losgeschickt, um nachzuschauen. Es konnte auch daran liegen, daß viele Kollegen, die sich mit normalen Fällen beschäftigten, in Urlaub waren.
    Suko und mir kam die Sache suspekt vor. Allerdings glaubten wir nicht an einen Scherz, sondern sahen uns mehr als Feuerwehrmänner, die für andere den Brand löschten.
    Der Schotter zwischen den Gleisen drückte gegen unsere Sohlen, die sehr dünn waren. Es hatte ja auch keinen Sinn, im Sommer dicke Schuhe zu tragen, und die paar Yards würden wir auch noch überstehen.
    Ein nächtlicher Güterbahnhof, auf dem kein Betrieb mehr herrscht, kann »kalt« und unheimlich sein. Auf mich zumindest machte er diesen Eindruck. Er verströmte den Charme einer Leichenhalle, obwohl es nicht so still war.
    In der Ferne erklang ein Quietschen, wenn irgendwelche Räder über Gleise rollten, und wir hörten auch ab und zu die harten metallischen Schläge, als wäre ein großes Pendel dabei, vor irgendwelche Gegenstände zu hämmern.
    Selbst die alten Bahnwärterhäuschen sahen wir noch. Sie standen da als Wächter und wirkten auf uns wie kompakte Riesen. Hin und wieder spiegelten sich in ihren Fenstern Lichtreflexe, ansonsten blieb alles in einer schattigen Dämmerung zurück.
    So richtig dunkel war es nicht. Da hatte die Nacht nicht die entsprechende Farbe erwischt. Die Umgebung wirkte mehr grau, wobei sich bläuliche Schatten hineingeschoben hatten.
    Suko verlangsamte seine Schritte, und auch ich glich mich dem Tempo an. »Was ist los?«
    Er grinste. »Ich habe ja nichts gegen Nachtspaziergänge, aber dieser will mir gar nicht gefallen. Allmählich habe ich das Gefühl, auf den Arm genommen zu werden.«
    »Warum?«
    »Da läßt sich doch niemand blicken.«
    »Abwarten.«
    »Also lange strolche ich hier nicht mehr durch die Gegend, das kann ich dir sagen.«
    Ich hatte Verständnis, denn auch ich war sauer geworden. Hatte man uns draufgesetzt? Es wäre mehr als ärgerlich gewesen, denn ich konnte mir Besseres vorstellen, als durch die Nacht über einen menschenleeren Güterbahnhof zu laufen, um einem Phantom nachzujagen.
    Der Mann, der auf uns zulief, war kein Phantom. Wir hatten nicht gesehen, wo er hergekommen war, aber er mußte uns entdeckt haben, denn er winkte mit beiden Armen.
    »Das ist unser Beamter«, sagte ich.
    »Glück gehabt.«
    Zwischen zwei

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