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0072 - Die Ruine des Hexers

0072 - Die Ruine des Hexers

Titel: 0072 - Die Ruine des Hexers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Walter Appel
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ausgeschlossen, daß der Geist nur die Namen verwechselt hat. Denke auch an die zweite, etwas unwirkliche Männerstimme, die Klage- und Schmerzenslaute ausstieß.«
    »Das macht alles noch viel rätselhafter. Jetzt verstehe ich bald überhaupt nichts mehr.«
    Zamorra lachte leise.
    »Das kommt noch. Ich selbst bin auch weit davon entfernt, klar zu werden. Aber ich bin anderer Ansicht als du. Gerade dieser Punkt, den ich zuletzt erwähnte, bringt uns vielleicht die Lösung des Rätsels.«
    ***
    Auch im Frühjahr gab es in den Weinbergen allerhand zu tun. Unkraut mußte entfernt, die Rebstöcke beschnitten und Ungeziefervernichtungsmittel gesprüht werden. Die Suchards arbeiteten schon den gesamten Tag in ihrem großen Weinberg am westlichen Ufer der Mayenne.
    Ramond Suchard trug den DDT-Kanister auf dem Rücken und hatte die Gasmaske auf. Gummihandschuhe bedeckten seine Hände.
    Das Sprühgerät zischte und verstäubte seinen Nebel, der die Rebläuse killen sollte.
    Gerade dieser Berg war befallen. Nadine Suchard, Ramonds Frau, und die sechzehnjährige Tochter Yvette beschnitten die Rebstöcke und banden die Ranken zurecht. Julot, der Zwölfjährige, half seiner Mutter und seiner Schwester oder spielte in den schnurgeraden Rebgassen.
    Der terrassierte Hang fiel steil ab, und eine schmale Treppe führte in der Mitte des Suchard-Weinbergs hinauf. Ramond Suchard war schon bald unten angelangt und damit fertig mit seiner Sprüharbeit.
    Mit der Gasmaske sah er aus wie ein Marsmensch.
    Julot war wieder einmal verschwunden. Yvette wischte sich den Schweiß von der Stirn. Ihre Rechte schmerzte vom Zudrücken der Rebschere, denn die Ranken waren hart und zäh.
    Wie ihre Mutter, trug auch Yvette eine blaukarierte Arbeitsschürze, derbe Stiefel und ein Kopftuch. Das Mädchen war rotblond, groß und hübsch. Selbst die Arbeitskleidung konnte die reizvollen Linien ihres Körpers nicht ganz verbergen.
    »Weißt du, Mama«, sagte Yvette, »wenn ich einmal heirate, dann ganz bestimmt keinen Weinbauern. Ich habe die Plackerei im Weinberg einfach satt.«
    Nadine lächelte. Sie war ein ganzes Stück kleiner als die Tochter und fülliger. Eine mütterliche Frau, die aber zuzupacken verstand.
    »Das habe ich auch einmal gesagt. Aber dann kam es doch anders. Sogar in der Bibel ist schon erwähnt, daß die Arbeit im Weinberg mühselig ist. Unser Herr zahlte jedem Arbeiter den gleichen Lohn, ob er nun den ganzen Tag oder eine Stunde arbeitete.«
    »Das könnte er heute auch nicht mehr machen«, lachte Yvette.
    »Sonst käme ihm die Gewerkschaft an den Hals.«
    Nadine mußte mitlachen bei der unbekümmerten Fröhlichkeit ihrer Tochter. Da fegte Julot durch die Rebgasse. Seine helle Kinderstimme klang aufgeregt.
    »Mama! Mama! Drüben steht ein altes, kaputtes Haus in unserem Weinberg. Ganz schwarz ist es, und das halbe Dach fehlt. Und es stinkt mächtig nach Brand.«
    »Julot, du sollst doch nicht immer so schwindeln. Ist denn das eine Art? Was bezweckst du denn damit?«
    »Aber es ist wahr, Mama. Geh nur und sieh es dir an. Vor ein paar Minuten war das Haus noch nicht da.«
    Nadine schüttelte den Kopf.
    »Julot, Julot, du alter Flunkerer! Mit dir wird es noch einmal ein schlimmes Ende nehmen.«
    »Aber ich sage die Wahrheit. Komm nur, Mama, komm!«
    Julot nahm Nadine bei der Hand und zog sie mit. Yvette folgte, belustigt und neugierig. Julot war ein Kerlchen mit Quecksilber in den Adern, voller Scherz und Schabernack. Nadine und Yvette dachten, der Kleine hätte sich wieder einen Scherz ausgedacht, um sie zu foppen.
    Julot zog und zerrte, und Nadine bremste lachend. Es war still, sehr still im Weinberg. Keine Vögel, keine Schmetterlinge flogen hier in diesem Teil. Dann konnten Nadine und Yvette den Berg hinuntersehen. Seine halbrunde Form hatte ihnen den Blick hierher verwehrt.
    Über den grünen Ranken und Blättern ragten geschwärzte Mauern auf und ein halbverbranntes Dach. Es stank bestialisch nach Brand.
    »Seht ihr«, rief Julot. »Ich habe nicht gelogen.«
    »Die schwarze Kapelle!« stieß Nadine Suchard hervor.
    Der Tod des Barons Armand und die Begleitumstände hatten sich rasend schnell herumgesprochen, der Klatsch ein übriges getan. Nadine Suchard zitterte, und Yvette wurde so bleich wie eine frischgekalkte Wand. Mit vortretenden Augen und bebenden Lippen starrte Nadine die unheimliche Ruine an, die sie zuvor noch nie in ihrem Weinberg gesehen hatte.
    »Weg hier, schnell weg!« sagte Yvette. »Das hat nichts Gutes zu

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