0074 - Söldner des Teufels
zwingen. Und diese Sekte natürlich auch nicht. Wir können nur auf seine baldige Einsicht vertrauen. Und das tun wir natürlich auch.«
Zamorra verstand den Freund voll und ganz. Er kannte dieses Problem.
Die meisten dieser neuzeitlichen Sekten arbeiteten auf diese Weise.
Sie lockten die jungen Leute, die nach irgendwelchen verschwommenen Idealen strebten, mit glühenden Versprechungen und Verheißungen. Zufriedenheit, Glück, ein völlig neues Leben… Wenn die Versprechungen nicht mehr ausreichten, griffen die Sektenführer zu durchschlagskräftigeren Methoden.
Drogen, totale Isolation von der Umwelt, Drohungen… Nur wenige konnten sich dem unheilvollen Einfluß der Sekten wieder entziehen, wenn sie einmal in ihren Bann geraten waren.
»Was ist das für ein Verein, dem sich Marcel da angeschlossen hat?« erkundigte er sich.
»Kinder des Lichts nennt sich die Sekte.«
»Oh!«
Dem Professor waren diese Kinder des Lichts keine Unbekannten.
Ein ganz übler Verein, wenn man glauben konnte, was man hörte und las.
Auch Nicole hatte schon von dieser Sekte gehört.
»Sind das nicht die, die behaupten, unverwundbar zu sein?« fragte sie.
Zamorra nickte. »Ganz recht. Ich fürchte, Marcel ist da in eine ganz böse Sache hineingezogen worden. Mir ist zu Ohren gekommen, daß sich diese Kinder des Lichts nicht damit zufrieden geben, auf der Straße die Passanten anzubetteln und ihnen irgendwelche Broschüren anzudrehen. Mitglieder dieser Sekte sollen schon verschiedentlich als echte Kriminelle, als richtige Gewaltverbrecher entlarvt worden sein.«
Aufstöhnend schlug Denise de Marteau die Hände vors Gesicht.
»Unser armer Marcel«, schluchzte sie. »Ein so guter Junge. Und nun ein Verbrecher.«
Ihr Mann blickte gleichfalls sehr betreten drein.
»Daß diese Sekte einen derartig schlechten Ruf genießt, habe ich noch gar nicht gewußt«, sagte er bedrückt. »Ich habe die ganze Zeit über gehofft, daß er wieder zur Besinnung kommt. Aber wenn es sich um kriminelle Elemente handelt…«
Zamorra hielt es jetzt für angebracht, ein paar tröstende Worte zu sprechen.
»Na, nun laßt man nicht die Köpfe hängen, ihr zwei. Marcel ist ein kluger Junge, der durchaus in der Lage sein dürfte, den Braten schnell zu riechen. Wie lange ist es denn schon her, daß er in diesen Verein eingetreten ist?«
»Zwei Wochen.«
»Seht ihr – es besteht also wirklich noch alle Hoffnung, daß er aufwacht aus seinem Traum.«
Noch ein Gedanke kam dem Professor.
»Ich muß in ein paar Tagen sowieso nach Paris«, sagte er. »Wenn es euch recht ist, versuche ich auch mal, mit ihm Verbindung aufzunehmen. Und glaubt mir – ich lasse mich nicht so leicht von ein paar Sektenbossen abspeisen. Einverstanden?«
Und ob die de Marleaus einverstanden waren. In Denises Augen leuchtete neue Hoffnung auf. Sie kannte Zamorra und seinen Ruf.
Der Professor galt nicht nur als eine der bedeutendsten Kapazitäten auf dem Gebiet der Parapsychologie, er war auch als Mann bekannt, der hart und kompromißlos zupacken konnte.
Im weiteren Verlauf der Gespräche redeten sie nicht mehr von Marcel und den Kindern des Lichts. Trotzdem war die Atmosphäre dahin. Das Schicksal des Jungen lag wie eine unausgesprochene Drohung in der Luft.
Und dabei hatte es versprochen, ein so netter Abend zu werden.
Früher als gewohnt verabschiedeten sich Nicole und der Professor, um nach Château de Montagne zurückzukehren.
***
Wie angekündigt, fuhr Professor Zamorra am kommenden Dienstag nach Paris. Nicole war selbstverständlich mit von der Partie, denn sie wich nur höchst ungerne von der Seite ihres Brötchengebers.
Der Professor hatte in der Akademie der Wissenschaften einen Vortrag zu halten. Thema: Das Übersinnliche in der modernen Industriegesellschaft. Im Anschluß an seinen Vortrag gab es dann noch eine längere Diskussion mit zahlreichen gelehrten Köpfen, die sich bis spül in die Nacht ausdehnte. Die Tatsache, daß man seine Ausführungen allgemein als äußerst bemerkenswert und zukunftsweisend ansah, freute den Professor natürlich. Dennoch war er ziemlich froh, als das Ende endlich nahte. Das viele Reden hatte ihn etwas ermüdet, und er freute sich aufs Bett. Nicole, die es sich nicht hatte nehmen lassen, eine aufmerksame Zuhörerin zu sein, besaß gleichfalls die nötige Bettschwere.
Und die hatte sie auch noch am anderen Morgen.
»Müssen wir wirklich schon aufstehen?« fragte sie verschlafen, als Zamorra Anstalten machte, dem Hotelbett zu
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