0075 - Das rote Universum
Liebenswürdigkeit schien es aber nicht gewesen zu sein.
Everson lachte ungerührt. Dabei hatte ich wieder einmal Gelegenheit, festzustellen, daß der Umgangston zwischen Untergebenen und Vorgesetzten durchaus frei und offen war.
Ächzend richtete ich mich in meinem Gliedersessel auf. Auf den Bildschirmen der Galerie waren zur Zeit fünf Planeten auf einmal zu sehen. Weit vor uns stand der gleißende Ball einer fremden Sonne, die nach den Angaben der Auswertung nur mit dem Stern Myrtha identisch sein konnte.
Ich schritt taumelnd zu den Kontrollen hinüber und ließ mich auf dem Platz des stellvertretenden Kommandanten nieder. Ehe ich wieder recht zu mir kam, landete die KUBLAI KHAN.
Ich kannte den erdähnlichen Planeten Gray Beast von einem Unternehmen her, bei dem es darum gegangen war, flüchtige Verräter wieder einzufangen. Beinahe wäre die galaktische Position Terras dem Robotgehirn auf Arkon bekannt geworden. Nur das Eingreifen eines tüchtigen Mannes hatte die wahrscheinliche Zerstörung der solaren Welten verhindert.
Als wir in die dichte Atmosphäre vorstießen und das Heulen der verdrängten Luftmassen hörbar wurde, empfingen wir die ersten Funkimpulse von einer anscheinend sehr starken Bodenstation. Es waren normallichtschnelle Ultrakurzwellen, ein Zeichen dafür, daß man da unten auf den leicht anpeilbaren Hyperfunk verzichten wollte.
Rhodans Gesicht wurde auf einem Bildschirm sichtbar. Er hob grüßend die Hand. Sein Lächeln gefiel mir nicht. Es wirkte wie ein routinemäßiges, gedankenloses Verziehen der Lippen ohne jede echte Herzlichkeit. Sein schmales Gesicht war noch hagerer geworden. Ich hatte ihn seit Monaten nicht mehr gesehen, da ich den Auftrag erhalten hatte, den wertvollen Fiktivtransmitter in die nagelneue KUBLAI KHAN einzubauen.
„Willkommen", sagte Rhodan. Mir war, als wäre er mit seinen Gedanken an einem ganz anderen Ort.
„Landen Sie auf Bahn drei, Sie werden eingewiesen. Bitte kein unnötiges Feuerwerk. Auch Impulswellen entwickeln eine gewisse Schockstrahlung, die man mit 5-D-Meßgeräten unter Umständen ausmachen kann."
Die Bemerkung rüttelte mich auf. Seit wann bestand in dieser Hinsicht eine Anmeßgefahr?
„Aber nur dann, wenn sich der Peiler näher als vier Lichtstunden befindet!" entgegnete ich gespannt.
Sein unechtes Lächeln verschwand, und die Lippen verkniffen sich.
„Du sagst es, Arkonide. Es ist wahrscheinlich, daß sich einige fremde Schiffe im äußeren Grenzbezirk dieses Sternsystems aufhalten. Also bitte möglichst nur mit Hilfe des Antigravitations-Schirmes landen. Das wäre alles. Wir sehen uns gleich. Ende."
Der Bildschirm verdunkelte sich. Ich hörte Marcus Everson schrill und entsetzlich falsch pfeifen. Sein breites Gesicht hatte den selbstzufriedenen Ausdruck verloren.
„Verstehen Sie das?" erkundigte er sich wie beiläufig. Mit der rechten Hand drückte er den Schalter der Bordverbindung. Während ich noch eine Antwort suchte, meldete sich bereits die Energiezentrale.
„Alle Werke auf Antigrav", befahl der Kommandant gleichmütig. „Der Chef hat etwas gegen harte Impulswellen. Bestätigung...!"
Dann wiederholte er seine Frage. Ich sah auf die Bildschirme, die nun die vertrauten Landschaften des ehemaligen Siedlerplaneten zeigten. Rhodan hatte ihn zu einem entlegenen Stützpunkt der Solaren Flotte ausbauen lassen; Kostenaufwand etwa siebzig Milliarden Solar, der neuen Währung des kleinen Sternenreiches.
Als weit unter uns die erstaunlich großen Anlagen des neuen Raumhafens sichtbar wurden und die KUBLAI KHAN im Banne ihrer schwerkraftabschirmenden Antigravfelder auszupendeln begann, hatte ich Perrys Anweisung endlich verstanden.
Ahnungsschwer sagte ich: „Erscheint es Ihnen möglich, daß der Robotregent von Arkon von dem Auftauchen der Überlappungszonen nichts bemerkt hat? Nein...? Na also, da haben wir die Lösung. Wie ich die Maschine kenne, hat sie auf Grund ihrer völlig einseitigen Programmierung und ihrer damit verbundenen Gedankenlosigkeit wieder zu dem altbewährten Mittel gegriffen, das da heißt: Entsendung einer Riesenflotte, zuschlagen und versuchen, den neuen Gegner unter Arkons Vorherrschaft zu zwingen.
Der Regent wird niemals begreifen, daß sich die Verhältnisse geändert haben. Es ist rein mechanisch nicht fähig, die Existenz einer zweiten Zeitebene zu erfassen. Demnach haben wir in der Tat mit dem plötzlichen Erscheinen von zumindest einigen Aufklärungskreuzern zu rechnen. Rhodan ist naturgemäß nicht
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