0078 - Der Todeszug
schnell oder gar nicht angefordert. Beim Innenministerium sollten wir weitere Einzelheiten erfahren und dann sofort in die Abruzzen weiter reisen.
»Dem Güterzugunglück in den Abruzzen wäre um ein Haar noch eine viel schwerere Zugkatastrophe gefolgt«, erklärte Roberto Leone in ausgezeichnetem Englisch. »Der Lokführer des Nachtexpresses nach Pescara konnte den Zug gerade noch zum Stehen bringen. Sonst wäre er in die Trümmer des Güterzuges hineingekracht und ebenfalls entgleist.«
Wir hatten Rom erreicht, die Ewige Stadt. Auch jetzt am Vormittag wir waren schon um 5 Uhr 30 in London abgeflogen herrschte viel Verkehr auf den Straßen. Unser Chauffeur betätigte immer wieder die Hupe.
Die römischen Autofahrer waren für ihren rasanten Fahrstil bekannt. Wir fuhren durch den Stadtteil Ostiense und am Forum Romanum und dem Kolosseum vorbei ins Stadtzentrum. Roberto Leone erwähnte einige Sehenswürdigkeiten Roms. Zeit zum Besichtigen würden Suko und ich kaum finden.
Zumindestens nicht, solange wir mit unserem Fall beschäftigt waren.
Auf der Via Quirinale passierte es dann. Wir fuhren an der Kreuzung mit der Via delle Quatro Fontane gerade wieder an. Der Carabinieri auf der Kreuzung hatte unsere Fahrtrichtung freigegeben.
Ein schnittiger Alfa Romeo auf der Fahrspur neben uns raste plötzlich herüber.
»Achtung!« schrie ich noch, da krachte es auch schon.
Der Alfa-Fahrer hatte das Steuer verrissen und fuhr uns genau in die linke Flanke. Kurz vor der Kreuzung knallte es. Suko, der vorn auf dem Beifahrersitz saß, wurde mit dem Kopf hart gegen den Fensterholm geschleudert.
Wir waren alle nicht angeschnallt, weil der Wagen über keine Gurte verfügte. Deshalb holten wir uns blaue Flecken. Bei höherem Tempo hätte es für uns alle schlimmer ausgesehen.
Der Aufprall war kaum vorbei, als der Fahrer versuchte, die Fahrertür zu öffnen. Es ging nicht, sie klemmte. Auch meine Tür ließ sich nicht öffnen.
Der Alfeo Romeo hatte sich in die linke Seite des Fiat 130 B gebohrt und diese zerbeult wie eine Konservendose. Beide Fahrspuren waren blockiert. Hinter uns stauten sich Fahrzeuge, es gab noch zwei leichte Auffahrunfälle.
Die Bremsen quietschten und Hupen gellten. Die Signalpfeife des Carabinieri, der den Verkehr regelte, schrillte. Der Alfa-Fahrer, ein junger, kräftig gebauter Mann mit einer Sportjacke, stieg bereits aus seinem Wagen.
Ich zwängte mich an dem noch benommenen Roberto Leone vorbei und stieß die Tür auf der anderen Wagenseite auf. Ich stieg aus.
Suko blockierte für unseren Chauffeur den Ausstieg. Der Alfa-Fahrer kam um den dunklen Fiat herum auf mich zu. Seine Bewegungen hatten etwas Abgehacktes. Seine Augen hinter den dunklen Gläsern der Sonnenbrille konnte ich nicht sehen, aber ich hätte gewettet, daß sie starr und glasig waren.
Während empörte Autofahrer ausstiegen und schimpften und Zuschauer zusammenliefen, näherte sich mir der Fahrer, der den Unfall verursacht hatte. Er steckte die rechte Hand in die Tasche.
»Stop!« rief ich. »Bleiben Sie stehen und rühren Sie sich nicht!«
Stop war international. Ob er den Rest verstand, wußte ich nicht. Selbst wenn, er kümmerte sich nicht darum. Ein Fauchen drang über seine Lippen, er bleckte die Zähne wie ein Raubtier.
Dann riß er die Hand aus der Tasche. Er hielt ein Stilett darin. Die Messerhand schoß vor, er hätte mich genau in die Herzgegend getroffen. Ein Mann mit langsameren Reflexen wäre tot gewesen.
Ich riß den Oberkörper zur Seite.
Das Stilett zerfetzte mein Sommerjackett, ritzte aber nicht einmal die Haut. Ein paar Zuschauer schrien auf. Meine zwei Konterschläge hätten auch einen kräftigen Mann glatt zu Boden geschickt.
Aber mein Gegner registrierte sie kaum. Mit einem knurrenden Laut kreiselte er herum. Wieder verfehlte mich das Stilett knapp. Der Unglücksfahrer griff an, er trieb mich auf das Schaufenster des Blumengeschäfts an der Ecke zu.
Meine Beretta lag im Koffer. Einen Versuch mit dem silbernen Kreuz zu starten, das ich unterm Hemd um den Hals trug, hatte ich keine Zeit. Ich brachte einen Karatetritt an. An die feine englische Art durfte ich mich nicht halten, wenn ich am Leben bleiben wollte.
Der Angreifer zuckte zusammen, marschierte aber weiter. An der Kreuzung war der Verkehr blockiert, der Carabinieri stieg von seinem Podest, um zu uns herüberzueilen. Er pfiff mit der Trillerpfeife.
Von den Zuschauern griff keiner ein. Die Leute waren zu verdutzt oder zu feige. Der Angreifer
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