0078 - Der Todeszug
stürmte vor.
Ich steppte erst im letzten Moment zur Seite. Ein Handkantenschlag traf den Nacken des Gegners. Er fiel nicht. Aber weil er zu rasant angestürmt war, rannte er genau ins Schaufenster.
Wie vom Katapult geschnellt, schoß der Mann durch die Scheibe und landete in den Blumendekorationen. Es klirrte und schepperte, als die Scheibe zerbarst und in Scherben auf den Bürgersteig fiel.
Die Schaufensterscheibe hatte ein großes Loch. Doch mein Gegner regte sich bereits wieder. Das Stilett war ihm entfallen. Die Sonnenbrille hing nur noch an einem Bügel von seinem Ohr. Seine Kleider waren zerrissen, er blutete.
Doch wie ein Roboter stieg er aus dem zertrümmerten Schaufenster, ein paar rote Nelken noch an der Jacke. Mit vorgestreckten, gespreizten Händen tappte er auf mich zu.
Sein Blick war starr, so wie ich es mir gedacht hatte. Der Mann konnte kein Untoter sein, sonst hätte er nicht so heftig geblutet. Er mußte unter einem dämonischen Bann stehen. Aber das hieß, daß ich ihn, auch wenn er keine Schmerzen empfand, doch mit einem genau plazierten und kräftigen Betäubungsschlag auszuschalten vermochte.
Meine Hiebe hatten dazu nicht ausgereicht.
Der Dämonenknecht wollte mich an der Kehle packen. Eine Frau unter den Zuschauern kreischte auf, zu schrecklich sah das starre Gesicht meines Angreifers mit den glasigen Augen aus.
Einen Moment, bevor er zupackte, schlug ich zu. Der Schlag traf genau, und er hatte die nötige Wucht. Der Dämonenknecht verdrehte die starren Augen. Ohnmächtig sank er auf den Bürgersteig nieder.
Ich trat einen Schritt von ihm zurück und massierte die Knöchel meiner rechten Hand. Die Zuschauer hatten inzwischen einen Ring gebildet. Der Carabiniere drängte sich hindurch.
Der Fahrer des Fiat 130 B und Roberto Leone waren ausgestiegen. Suko hing noch halb bewußtlos im Autositz und begann gerade erst wieder, sich zu regen. »Was war das?« fragte Roberto Leone aufgeregt. »Der Mann da muß verrückt sein.«
Ich schüttelte den Kopf.
»Da liegen andere Ursachen zugrunde, Signor Leone. Sorgen Sie dafür, daß er ins Polizeigefängnis gebracht wird. Ich will mich später um ihn kümmern.«
Roberto Leone stellte keine Fragen, obwohl er zweifellos einige auf der Zunge hatte. Er sagte nur, ich könne gewiß sein, daß der Mann verhaftet werde, und redete auch gleich mit dem Carabiniere.
Er wies sich als Ministerialbeamter aus und teilte mit, daß ich Oberinspektor bei New Scotland Yard war. Suko brauchte meine Hilfe nicht. Als ich ihn anschaute, winkte er ab. Ich beugte mich über den Bewußtlosen und untersuchte ihn.
Als ich seinen Puls fühlte, stellte ich fest, daß das Herz höchstens vierzigmal in der Minute schlug. Die Haut war sehr kühl. Kein Zweifel, der junge Italiener stand unter dem Einfluß dämonischer Mächte und war ihr Werkzeug. Ob er überhaupt eine Schuld an seinem Handeln hatte, würde sich herausstellen.
Der Bewußtlose hatte keine Ausweispapiere in der Tasche, auch sonst nichts, was auf seine Identität hinwies. Ich erhob mich, borgte mir Leones Krawatte und fesselte ihm für alle Fälle die Hände auf den Rücken.
Der Fiatchauffeur holte die Autoapotheke, und wir verarzteten die Schnittwunden, die der Dämonenknecht sich zugezogen hatte, als er durch das Schaufenster gerannt war. Der Carabiniere kehrte auf seinen Platz auf der Straßenkreuzung zurück, um das Verkehrschaos zu entwirren.
Im Blumengeschäft hatte man bereits die Polizei angerufen, die binnen kurzem eintreffen mußte. Unser Fiat und der Alfa Romeo waren nicht mehr fahrtüchtig, sie mußten abgeschleppt werden.
Bis wir das Innenministerium erreichten, würde es noch einige Zeit dauern. Ich zündete mir eine Zigarette an und wendete mich Suko zu.
»Was macht dein Schädel?«
»Er brummt«, antwortete Suko kurz. »Aber außer einer Beule werde ich wohl nicht viel davontragen.«
»Sei nur froh, daß kein edles Körperteil in Mitleidenschaft gezogen worden ist«, flachste ich.
***
Die hochgewachsene Frau im mit antiken Möbeln überladenen Zimmer der alten Villa hieb mit der ringgeschmückten Hand auf den Tisch. Die Kristallkugel sprang hoch. Die Szene, die die beiden Frauen und der junge Mann darin gesehen und miterlebt hatten, verschwand abrupt.
»Salvatore hat versagt«, grollte die hochgewachsene alte Römerin. »Er konnte John Sinclair nicht töten, von Suko, dem Chinesen, ganz zu schweigen. Wir müssen auch weiter mit den beiden rechnen. Asmodis wird das nicht freuen.«
Die
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