008 - Wasser für Shan
Männer wieder für sich eingenommen hatte. Sie entzogen ihm die Zustimmung, bevor es überhaupt zur direkten Auseinandersetzung mit Labagor kommen konnte.
Wortlos schritt Labagor wieder zum Schlepper zurück und das Geländefahrzeug setzte sich wieder in Bewegung. Doch nun wichen sie von ihrem bisherigen Kurs ab und zogen ein kleines Tal entlang, das sich immer mehr verengte und vor einem gewaltigen Steilhang endete. Er war dicht mit den orangefarbenen Bäumen bewachsen, die hier ungeahnte Höhen erreichten und den Blick auf die Hügelkuppe verwehrten.
So kämpften sie sich fluchend den Berg hoch und stützten sich dabei an den eng zusammenstehenden Stämmen ab, nicht ahnend, welche Entwicklung sie damit einleiteten.
*
Sie erwachte. Sie rieb sich mit Fingern, die sie nicht mehr besaß, den Schlaf aus nicht vorhandenen Augen, reckte sich und fühlte das Blut kribbelnd durch Glieder fließen, die ihr nicht gehörten. Sie schmeckte den Staub der Jahrhunderte in den sie umgebenden Schaltkreisen. Weit von ihr entfernt schliefen ihre Schwestern und ängstliche Trauer schlich sich in ihre Gedanken ein, als sie begriff, dass einige davon nicht mehr erwachen würden.
Sie spürte eine Berührung an ihrer Haut. Natürlich besaß sie auch keine Haut mehr; es fehlten ihr nur die Begriffe für den Ersatz, der ihr die gleichen Empfindungen vermittelte.
Es musste ein Shaner sein, der sich ihr näherte, sich langsam an ihrem Körper empor tastete. Sie fieberte ihm entgegen, wollte ihn ergreifen, spüren, seine Formen auskosten, seinen Geist ausloten, mitfühlen, empfinden, ihn streicheln und dann an ihre Schwestern weiterreichen.
Ein Shaner! Sie öffnete die Augen ihrer Haut und hätte vor Freude jauchzen mögen, als sie sah, dass es mehrere Shaner waren, die sich einen Weg zwischen den orangenen Poren zu ihr empor bahnten. Sie öffnete sich ihnen weit, begierig auf die Erfahrungen des fremden Lebens, hoffend auf überwältigende Gefühle.
Sie war so lange einsam in ihren Träumen gewesen.
*
Tritar zwängte sich erhitzt durch die verfilzten Stämme, die enger beieinander standen, als es vom Fuß des Berges aus noch den Anschein gehabt hatte. Vor ihm bahnte sich Rabator einen Weg, die anderen waren weit abgefallen. Die Ruhe in dem Schlepper hatte ihm gut getan.
Es wurde immer wärmer, doch erst nach zwanzig weiteren Schritten merkte Tritar, dass die Hitze von den Bäumen ausging. Leise bewegten sich die mächtigen Stämme, wiegten sich nach einer für Shaner unverständlichen Melodie des Windes. Immer mehr der orangenen Stämme wurden aus ihrer Starre gerissen und hatten Teil an dieser unerklärlichen Bewegung, bei der ein jeder Stamm zuerst einmal nach hinten in sich zusammenfiel, dann aber von unten wieder hinaufgeschoben wurde. So entstanden orangene Wellen, die an der Bergflanke hinauf- und wieder hinabwanderten.
Dann spürte Tritar eine Berührung, hart und knorrig und zugleich sanft und er wurde von den sich windenden Pflanzen den Berg hinaufgetragen, bis er die Kuppe erreicht hatte.
Einer nach dem anderen tauchten die übrigen Männer der Gruppe auf dem Gipfel auf, getragen und geschoben von den orangenen Stämmen. Erst, als der letzte sein Ziel erreicht hatte, erstarben die Bewegungen unter ihnen.
Ängstlich scharten sich die Männer um den Psychotechniker, der den Schlepper verlassen hatte und blickten sich um.
Sie standen auf einem verhältnismäßig großen, nur spärlich mit Gras bewachsenem Plateau, in dessen Mitte drei gewaltige, steinerne Jochbögen ein schmales Dreieck bildeten, in dem die Luft vibrierte. Vier von Monolithen gesäumte Wege führten von jeder Himmelsrichtung auf die künstlich errichtete Anlage zu; wo sie sich hätten kreuzen müssen, befand sich ein Gittertor. Seitlich versetzt lag ein lang gestrecktes, flaches Gebäude, das einer Restaurierung bedurft hätte, im großen und ganzen aber noch erhalten schien.
»Das ist der Transmitter«, sagte Labagor mit laut hallender euphorischer Stimme.
»Er wird unserem Leiden ein Ende bereiten.«
Die Männer schwiegen. Sie spürten – wie auch Tritar – die Fremdartigkeit des von Menschen- oder anderer Hand geschaffenen Gebildes.
»Was ist ein Transmitter?«, fragte Tritar schließlich, da ansonsten niemand das Wort ergreifen wollte.
»Es ranken sich viele Geschichten um diese Relikte aus der Zeit vor der Großen Verwüstung«, holte Labagor aus. »Vielleicht habt ihr sie auch schon vernommen. Doch trotz aller Gerüchte sind
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