0082a - Amoklauf in der Todeszelle
Wald, um dort Holz abzuholen, das sie gekauft haben. Damit werden sie sicher bis zum späten Nachmittag beschäftigt sein. Auf der Farm sind also am Nachmittag höchstens der Sechzehnjährige und die beiden Frauen. Und damit werden wir wohl fertig werden.«
»Und wenn die beiden Männer zurückkommen?«
»Bis dahin müssen wir das Jagdgewehr gefunden haben.«
»Wenn eins da ist«, knurrte der ewig pessimistische Antonescu.
»Du gehst mir auf die Nerven mit deiner Unkerei!« brummte Jack Wright. »Es gibt im Umkreis von tausend Meilen keinen Farmer, der kein Gewehr hätte. Verlaß dich drauf, daß mindestens ein Gewehr da ist, vielleicht sogar mehrere. Und Munition auch.«
»Hat der Farmer wenigstens auch einen Personenwagen?«
»Ich sah im Hof ein Stationcar stehen. Das ist sehr praktisch für uns. Wir können hinten genug Lebensmittel und Decken einladen. Und vorn haben wir auf den zwei Bänken mit fünf Mann gut Platz.«
Schweigen herrschte auf einmal. Jeder dachte für sich die Konsequenzen dessen durch, was sich auf der Farm abspielen würde. Mit Sicherheit fühlte sich nur Jack Wright kein bißchen von dem Gedanken beunruhigt.
***
Am Anfang des Waldes standen schlanke, hohe Tannen. Sie standen . ziemlich weit auseinander, so daß das Vordringen keine Schwierigkeiten bereitete. In einer weit auseinandergezogenen Reihe drangen wir langsam vor. Das Gelände stieg sanft an.
Ungefähr vier Schritte links von mir ging der Bürgermeister.
»Weiter oben gibt es Felsen«, sagte er. »Und leider auch eine kleine Höhle. Hoffentlich hat der Kerl diese Höhle nicht gefunden. Der Eingang ist so schmal, daß ihn ein Mann mit einem Gewehr eine halbe Ewigkeit lang halten kann, wenn er Verpflegung bei sich hat.«
»Und wenn er nie müde wird«, fügte ich hinzu.
»Ach, ja«, nickte der Bürgermeister. »Da haben Sie recht. Aber der Gedanke widerstrebt mir, vor der Höhle zu liegen und darauf zu warten, daß der Kerl mal einschlafen könnte.«
»Mayor«, sagte ich, »Sie glauben gar nicht, wie mir selbst dieser Gedanke widerstrebt. Aber wenn er wirklich in der Höhle stecken sollte, gibt es noch eine andere Möglichkeit, ihn dort herauszutreiben. Und die dauert nicht so lange.«
»Nämlich?«
»Wir lassen uns Tränengas kommen.«
»Ist denn das Zeug wirklich so wirkungsvoll, wie es in Gangsterfilmen dargestellt wird?«
»Absolut zuverlässig. Sie würden auch das Bestreben haben, einen Raum zu verlassen, in dem sich Tränengas ausbreitet. Das kann ich Ihnen garantieren. Ohne Gasmaske hält es kein Mensch aus.« Unser Gespräch versickerte. Wir marschierten langsam voran. Der Boden war dick mit den abgefallenen Nadeln der vergangenen Jahrzehnte bedeckt, so daß man wie auf einem dicken Teppich ging. Ab und zu schnitt ein Waldweg unsere Richtung. Tief ausgefahrene Wagenspuren bröckelten langsam ab, wo der Boden trocken war. An tiefgelegenen Stellen standen Pfützen, und man versank in dem schlammigen Boden.
Mindestens jeder zweite von uns hatte eine Taschenlampe. Die Strahlenkegel geisterten vor uns her durch den nächtlich dunklen Wald. Oft sah man ein Reh sich schreckhaft vor uns tiefer in die Finsternis hinein zurückziehen. Hasen hoppelten schnell und possierlich davon, und einmal zischte ein rotschwänziger Fuchs blitzschnell auf uns zu und an uns vorbei.
»Wie lange brauchen wir für unseren Weg?« fragte ich einmal.
»Eine gute Stunde, bis wir oben bei den Felsen sind«, erwiderte der Bürgermeister von Clickson. »Aber drüben sinkt der Berghang weniger steil ab als hier und ist deshalb länger. Die Männer von Appleton werden fast zwei Stunden brauchen, bis sie von drüben herauf zu den Felsen gekommen sind.«
Wieder schwiegen wir und hingen unseren Gedanken nach, während wir durch den nächtlichen Wald vorwärts tappten. Nach ungefähr zehn Minuten, vom Waldrand an gerechnet, stießen wir auf eine niedrige Fichtenschonung. Hier standen die Bäume so eng, daß wir uns nur mühsam hindurcharbeiten konnten. Natürlich war es unwahrscheinlich, daß der Zuchthäusler hier mit seinem Jeep reingekommen sein sollte, aber es bestand immerhin die Möglichkeit, daß er den Jeep im Stich gelassen und sich in der Schonung verkrochen hatte. Also mußten wir vorsichtig und gründlich die ganze' Schonung durchkämmen. Wir mußten die breiten, tiefen Äste hochheben und darunterleuchten, wenn wir es nicht riskieren wollten, daß wir an ihm vorbeigingen.
Das kostete viel Zeit. Als wir die Schonung hinter uns
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