009 - Das Geheimnis der Statue
würde.«
»Es wird wohl weniger Heimweh sein, als einfach das Gefühl, hier so abgeschnitten zu sein. Auf der Erde können wir uns wenigstens noch einigermaßen frei bewegen, aber hier …« Er sprach den Satz nicht zu Ende, sondern machte eine weit ausholende Geste.
»Wir sind es nun mal nicht gewohnt, auf begrenztem Raum eingesperrt zu sein.«
Eine Weile gingen sie schweigend nebeneinander her. Nachdem das Eis einmal gebrochen war, empfand es Ken Randall als erleichternd, sich endlich offen mit jemandem über seine Probleme unterhalten zu können und zu wissen, dass er verstanden wurde, weil Tanya die Situation als genauso bedrückend empfand. Dazu waren gar nicht viele Worte nötig.
Wahrscheinlich war der Freiheitsdrang gerade bei Survival-Spezialisten wie ihnen besonders ausgeprägt, weil sie an keinen festen Arbeitsplatz gebunden waren und ihre Aufträge sie ständig von einem Ort zum anderen führten.
»Es gibt noch jemanden, der schier wahnsinnig zu werden droht«, sagte Tanya unvermittelt. »Pieto. Ich habe ihn vorhin besucht. Er verlässt sein Quartier so gut wie gar nicht mehr, nachdem er schon unzählige Male versucht hat, dich zu erreichen. Du bist der einzige hier, dem er vertraut. Warum lässt du ihn allein?«
Ken musterte intensiv den Zementboden vor seinen Füßen, als gäbe es dort etwas ungeheuer Aufregendes zu beobachten. Verlegen strich er sich durch das dunkelblonde Haar, eine Verlegenheitsgeste, die ihm so zur Gewohnheit geworden war, dass er sie gar nicht mehr bewusst wahrnahm.
»Vielleicht, weil ich mich schäme?«, antwortete er nach einer kurzen Pause und wich dem Blick seiner Begleiterin weiterhin aus. »Wir verdanken ihm unser Leben, aber ich habe es mit einer Lüge erkauft. Pieto hat mir geglaubt, dass ich ihm alle Wunder dieser Welt zeigen würde, die er so sehnsüchtig zu sehen wünscht. Stattdessen habe ich ihn hierher gebracht. Er ist zu einem Forschungsobjekt geworden. Sicher, Haller lässt ihn sehr behutsam behandeln und hat den Wissenschaftlern nicht mehr als eine Stunde täglich zugestanden; mittlerweile haben sie ihre Forschungen sogar abgeschlossen. Pieto kann sich weitgehend frei bewegen, aber er hat ständig mindestens einen Aufpasser in seiner Nähe, sobald er sein Quartier verlässt. Ich fühle mich schuldig, seine Freundschaft missbraucht zu haben.«
»Aber es ist nur vorübergehend«, wandte Tanya Genada ein. »Da man ihn mittlerweile von den Füßen bis zu den Haarspitzen untersucht hat, lässt man ihn jetzt in Ruhe. Sobald die Verbindung zur Erde wieder besteht, wird sich alles ändern. Er kann uns begleiten und wird mehr zu sehen bekommen, als er sich in seinen kühnsten Träumen ausmalt. Gerade weil du der einzige bist, zu dem er immer noch Vertrauen hat, solltest du dich intensiver um ihn kümmern.«
Randall kämpfte kurz mit sich, ob er es wirklich wagen konnte, der Survival-Spezialistin von seinem Plan zu erzählen. Er entschied sich dafür. Mittlerweile kannte er Tanya, die er anfangs für eine zwar hübsche, aber arrogante Vertreterin ihrer Zunft gehalten hatte, gut genug und hatte seine Meinung über sie in vielen Punkten ändern müssen. Wenn sie ihm gegenüber keine Gelegenheit ausließ, sich mit ihren Leistungen zu brüsten, so war das keine Hochnäsigkeit, sondern eine ganz normale Reaktion darauf, dass er eben diese Leistungen ständig anzweifelte. Er hatte einsehen müssen, dass sie als Survival-Spezialist genauso gut war wie er selbst.
Und sie war vertrauenswürdig, ein Kumpel, mit dem man Schweber stehlen konnte. Selbst wenn sie nicht einverstanden wäre, würde sie ihn nicht verraten. Rasch blickte er sich um. Sie waren allein.
»Ich überlege, ob ich mich einfach über Hallers Befehl hinwegsetzen soll«, teilte er ihr leise mit. »Man wird uns dafür schon nicht den Kopf abreißen. Es gibt eine ganze Menge, das mir zu großes Kopfzerbrechen bereitet, als dass ich weiterhin hier tatenlos herumlungern könnte.«
Er erzählte ihr von der seltsamen Statue, auf die er bei der Flucht aus dem Lager der Bulowas gestoßen war, erinnerte sie an den unerklärlichen Zeitverlust und kam auch noch einmal auf die seltsame telekinetische Waffe zu sprechen, die die Magier der Festung Xarith gegen die Menschen eingesetzt hatten.
»Ich vermute, dass es sich genauso wie die kristallenen Translatoren und Psychostrahler um ein Überbleibsel des letzten Besuchs der Kyphorer auf Phönix handelt«, schloss er.
Tanya starrte ihn einen Moment lang überrascht an,
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