Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
009 - Der Engel von Inveraray

009 - Der Engel von Inveraray

Titel: 009 - Der Engel von Inveraray Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karyn Monk
Vom Netzwerk:
Krinolinenrock seiner üppigen Gattin. Durch den Aufprall aus dem Gleichgewicht gebracht, kippte sie hintenüber und blieb mit ihrem sperrigen Reifrock zwischen Tisch und Wand stecken.
    „Hilfe!" kreischte sie und ruderte wie eine riesige, umgedrehte Schildkröte mit Armen und Beinen.

    „Hab ich dich, du kleiner Lümmel!" schnaubte der Mann und zog Jamie unsanft an den Schultern hoch.
    Simon stürzte sich auf Jamies Häscher, entwand ihm den Spazierstock und schlug ihm damit kräftig gegen das Schienbein. „Lassen Sie die Hände von ihm!"
    „Hilfe, Mörder!" schrie der Mann und ließ Jamie los, um sich zu verteidigen. „Er will mich umbringen!"
    Mr. Ingram wandte sich von Jack ab, um seinen bedauernswerten Kunden zu Hilfe zu eilen. Als er an Annabelle vorbeilief, die in all dem Durcheinander bewundernswert gefasst wirkte, sprang sie leichtfüßig auf einen Stuhl, nahm das Bild, das sie zuvor bewundert hatte, von der Wand und schlug es dem völlig verdutzten Mr. Ingram auf den Kopf.
    „Na, warte, du kleine ...!"
    Er sprach nicht aus, was immer er hatte sagen wollen, sondern jagte Annabelle stattdessen durch den schmalen Gang. Unglücklicherweise fegte er dabei mit dem Bilderrahmen, der ihm wie ein ausladender vergoldeter Kragen um Hals und Schultern lag, ein elegantes Teeservice, einige fein geschliffene Kristallgläser und mehrere kostbare Weinkaraffen von einem prächtigen Anrichtetisch, auf dem er sie zuvor liebevoll arrangiert hatte.
    „Schauen Sie her!" rief Charlotte, als Mr. Ingram kurz davor war, Annabelle an ihren seidigen blonden Haaren zu packen.
    Einen Augenblick lang abgelenkt, hob Mr. Ingram den Blick.
    Eine feine venezianische Tischdecke segelte auf ihn zu und landete auf seinem Kopf, bevor sie sich über den Bilderrahmen breitete und ihm das Aussehen eines kleinen, hohen Tisches mit einem runden Ball in der Mitte verlieh.
    „Ich bringe euch alle um, ihr gemeinen Strolche!" brüllte er, fuhr herum und zerrte wütend an dem kostbaren Stoff, um sich zu befreien. Stühle und Tische fielen um, als er sich rasend vor Zorn um die eigene Achse drehte.
    „Macht, dass ihr rauskommt!" schrie Jack und brachte die kleine Glocke über dem Eingang zum Klingen, als er die Tür aufriss. „Sofort!"
    Die Kinder bahnten sich einen Weg durch die Porzellanscherben, die umgestürzte Ritterrüstung und das herumliegende Mobiliar und flüchteten Hals über Kopf aus dem Laden. Sie waren so verängstigt, dass sie sich nicht einmal umblickten, um zu sehen, ob es Mr. Ingram gelungen war, sich zu befreien.
    „Lauft!" befahl Jack, als sie auf die Straße rannten.
    Die Kinder bedurften keiner weiteren Ermutigung. Sie wichen geschickt Kutschen und Passanten aus, während sie in verschiedene Richtungen auseinander stoben. Jack lief über die Straße und schaute noch einmal zurück, um zu prüfen, ob eins der Kinder verfolgt wurde.
    Ihm stockte das Herz, als er beobachtete, wie Charlotte auf der Türschwelle ins Stolpern kam und stürzte, um gleich darauf von dem wutentbrannten Mr. Ingram wieder hochgezerrt zu werden.

7. KAPITEL
    „Wo ist Genevieve?" fragte Jack atemlos, als er zur Tür hereinstürmte.
    „Gütiger Himmel, sieh dir nur den Schnee an, den du über meinen frisch geputzten Boden verteilst!" schimpfte Doreen, die am anderen Ende des Flurs auf den Knien die Dielen wischte. „Weißt du nicht, dass man vor dem Eintreten seine Stiefel auszieht?"
    „Genevieve!" rief Jack, ohne sich um Doreen zu kümmern, und riss die Türen zum Salon auf. Er wirbelte enttäuscht herum, als er diesen leer vorfand, und lief zur Treppe. „Genevieve!"
    „Was soll dieser ganze Aufruhr?" erkundigte sich Oliver, der mit einem Stiefel in der einen und einem fettigen braunen Lappen in der anderen Hand in der Küchentür erschien. Er nahm das Entsetzen auf Jacks Gesicht wahr. „Was ist passiert, Junge?"
    „Oliver, wo ist Genevieve?" Jacks bleiches Antlitz glänzte vor Schweiß, seine Augen blickten wild und verzweifelt.
    „Nun, sie ist im Keller, Junge", erwiderte Oliver, der begriffen hatte, dass etwas Entsetzliches geschehen sein musste. Er betrachtete kurz die Kinder, die soeben, sehr zu Doreens Verdruss, mit ihren schmutzigen Stiefeln ins Haus stapften. Keins von ihnen war verletzt. Dann verfinsterte sich seine Miene. „Wo ist Charlotte?"
    Jack eilte durch die Küche und lief die Kellertreppe hinab. Genevieve saß auf einer Kiste und wühlte lustlos in einer geöffneten Truhe. Sie war offenbar seit geraumer Zeit damit

Weitere Kostenlose Bücher