0091 - Ernst Ellerts Rückkehr
Ellert konnte bemerken, daß ein Trupp von Soldaten bereits auf den Parkplatz zu abschwenkte. Fünf Minuten vielleicht ... Und was würde geschehen, wenn Onot tatsächlich mit einem Gleiter floh? Würde man ihn dann nicht um so schneller fassen?
Ellert dachte an den Polizeiwagen, der gegen die Häuserfront gerast war - und lächelte gedanklich. Nein, man würde Onot nicht schneller fassen. Keinesfalls!
So schnell er konnte, suchte er Onot auf. Der Druuf stand unbeweglich am alten Platz. Er schien eine fürchterliche Angst davor zu haben, Ellert zu verlieren. Vielleicht war ihm der Gedanke unerträglich geworden, eines Tages wieder allein sein zu müssen.
„Du mußt laufen, Onot, so schnell du kannst! Wir müssen den Parkplatz vor den Soldaten erreichen. Wie lange wirst du unterwegs sein? Zwei Minuten?"
Der Druuf schätzte die Entfernung ab.
„Etwa drei Minuten, aber keine Sekunde länger."
Natürlich gebrauchten sie Zeiteinheiten der Druuf, aber umgerechnet entsprachen die Angaben terranischen Werten.
„Gut, dann lauf! Ich lasse dich für eine Minute allein. Bevor du den Parkplatz erreichst, bin ich wieder bei dir."
Onot gab keine Antwort. Innerlich war er sogar bereit, notfalls ohne Ellert zu fliehen, wenn der Geist nicht rechtzeitig zurückkehrte. Aber das war kaum zu befürchten. Er begann zu laufen. Ellert schlüpfte in den Körper eines Gerichtsbeamten, der voller Aufregung damit beschäftigt war, die elektronische Kontrolle des Gefängnisses zu überprüfen. Ein streng aussehender Druuf stand dabei und erwartete anscheinend das Ergebnis der Bemühungen. „Nun?"
Ellerts Opfer betätigte einen Hebel und sagte dann: „Es stimmt! Onot hat diesen Raum allein durchschritten. Er hat keinen Helfer gehabt, sondern entfloh aus eigener Kraft."
„Der niedergeschlagene Wärter ist immer noch bewußtlos. Ebenso der Torwächter. Niemand versteht, wie Onot so etwas fertigbringen konnte. Er scheint doch völlig verrückt zu sein."
„Vielleicht ist er es auch." Der Zivilist wurde wieder ungehalten.
„Es liegt nicht bei uns, Vermutungen anzustellen. Verbinden Sie mich mit dem Obersten Richter. Ich benötige seine Erlaubnis, eine Kontinental-Fahndung anzusetzen. Das gleicht dem Kriegszustand."
„Und das alles wegen eines übergeschnappten Wissenschaftlers!"
Ellert blieb, bis er mit den Augen des Kontrollbeamten das Gesicht des Obersten Richters auf dem Bildschirm sah und den Befehl vernahm, den entflohenen Onot unter allen Umständen - und zwar lebendig einzufangen. Mit der Gewißheit, noch eine lange Nacht vor sich zu haben, verließ er den Druuf und versetzte sich in einer Art materieloser Teleportation zurück zum Raumfeld.
Er war hoch genug über dem Boden, um Onot und die Soldaten gleichzeitig zu erblicken. Der Geflohene war noch hundert Schritt von dem ersten Gleiter entfernt, die Polizisten noch zweihundert Meter vom Rand des Parkplatzes. Es würde sehr knapp werden. Onot war sichtlich erleichtert, als er Ellert spürte.
„Wir schaffen es nicht!" keuchte er und erhöhte sein Tempo. Seitlich waren die Umrisse der marschierenden Soldaten zu erkennen. Sie beeilten sich nicht besonders, denn in einem solchen Falle rechnet immer jeder damit, daß der Brennpunkt der Geschehnisse sicherlich an einer anderen Stelle sei. Einer täuscht sich dann immer.
„Nimm den nächsten Gleiter!"
Es war ein kleineres Fahrzeug, aber sicherlich nicht minder schnell und wendig als die anderen. Onot sprang mit einem mächtigen Satz in die Kabine, nachdem die Tür leicht zur Seite geglitten war. Seine Hände fanden die Kontrollen fast automatisch. Der Antrieb summte, noch während sich die Tür wieder schloß. Und dann erhob sich der Gleiter vom Boden und schoß mit unglaublicher Beschleunigung hinauf in den dunklen Nachthimmel. Wie ein schnell kleiner werdendes Diadem funkelnder Lichter versank die Stadt unter ihnen. Einige Strahlschüsse verloren sich in der Entfernung. Und dann war nur noch Einsamkeit und Finsternis um sie.
*
„Er ist geflohen", berichtete Gucky, nachdem er Rhodan ein wenig abseits in einer kleinen Mulde gefunden hatte. „Ellert wird dabei keine kleine Rolle gespielt haben. Wie sollen wir ihn nun noch finden?"
Rhodan saß auf einem Felsbrocken und spürte die beginnende Kälte. Er hatte mit seinem kleinen Energiestrahler schon zweimal einen Stein von Kopfgröße „angeheizt" und als nicht leuchtendes Feuer benutzt, aber auf die Dauer genügte das nicht. Die vor ihm liegende Ungewißheit
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