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0093 - Vlado - der Schreckliche

0093 - Vlado - der Schreckliche

Titel: 0093 - Vlado - der Schreckliche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Franc Helgath
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er den Pfad absuchte, der von Unkraut und Famen überwuchert kaum mehr zu erkennen war.
    Er führte genau über Vlados Gebiet auf den Eingang zur Grotte zu, die nichts anderes als die Öffnung zu einem weitläufigen Labyrinth war, das sich bis unter die Burgruine und hinüber auf die deutsche Grenze zog.
    Der Grotteneingang lag schon wieder außerhalb der Bannmeile. Pavel Zapotoky nahm an, dass der Gang hier früher einmal zu dicht an der Erdoberfläche angelegt worden und später eingestürzt war.
    Worzek musste seine beiden Fragen wiederholen, und Zapotoky ging immer noch nicht weiter. Er stand wie angewachsen. Als Kinder hatten sie über die ›Märchen‹ der Erwachsenen gelacht. Pavel Zapotoky hatte seinen Bruder hier in der Gegend verloren. Es war eine beliebte Mutprobe bei ihnen gewesen, sich nachts über die Bannmeile zu wagen.
    Von seinem älteren Bruder hatte man nie mehr etwas gehört. Das war schon länger als fünfzig Jahre her. Zapotoky wischte sich über die Augen, als könnte er so die Bilder vertreiben, die aus dem Nichts vor ihm aufgetaucht waren, als er wieder die Mündung der MP an seinem Rücken spürte. Worzek rammte sie ihm neben der Wirbelsäule ins Kreuz. Ein stechender Schmerz raste durch Zapotokys Körper und zuckte hoch bis zur Hirnschale.
    »Ob du nicht endlich weitergehen willst, habe ich dich gefragt!«, herrschte Kas Worzek in wütend an.
    »Es ist nicht mehr weit«, antwortete der Mann aus Zelezná Ruda müde. »Überhaupt nicht mehr weit, Worzek. Wir sind bereits da. Hier gilt auch Ihre Maschinenpistole nichts mehr. Hier hört die Welt der Menschen auf, Worzek. Hören Sie doch mal! Hören Sie was? Sie hören nichts! Es ist still hier. Ruhig und friedlich. Wie in einem Grab…«
    Pavel Zapotoky stand jetzt rund zehn Meter innerhalb des verbotenen Gebietes. So weit war er gegangen.
    Keinen weiteren Schritt würde er mehr tun.
    Und wenn Worzek ihn mit seinem Messer in Stücke hackte oder ihn mit Blei spickte.
    In die Hände des Leichenfürsten zu fallen, musste grässlicher sein als alles, was menschliche Vorstellungskraft sich ausmalen konnte.
    Schoss Worzek nicht und stach er auch nicht mit seinem Messer zu, bestand noch die hauchdünne Chance, sich mit ein paar schnellen Sätzen hinaus in die stürmische, kalte, böhmische Vorwinternacht zu retten.
    Aber Worzek hatte weder Auge noch Ohr für die Außerordentlichkeit ihrer Situation. Blind wie er war, wollte er sie alle ins Unglück stürzen.
    Er vollführte zwei, drei groteske Sprünge zur Seite, stieß einen wütenden Schrei dabei aus und legte die MP auf Pavel und seine Leute an. Fluchend ließ er den Sicherungsflügel in Feuerstellung schnappen.
    Doch er riss den Abzug der Waffe nicht durch. Er ließ sie vielmehr sinken.
    Ungläubiges Entsetzen breitete sich in seinen Zügen aus, die plötzlich nicht mehr nur vom Mond aus der Dunkelheit geschält wurden. Wie gallertiger Schleim floss grünlich phosphoreszierendes Licht über sein Gesicht und über die Schultern. Sein aufklappender Mund schien wie ein schwarz klaffender Krater, der größer und größer wurde, von einer unglaublichen Macht aufgesprengt.
    Ein erstickter, gequälter Schrei, ein Wimmern, das vom Splittern des Kiefers übertönt wurde. Deutlich trat die Bruchstelle aus der Haut.
    Kas Worzek fiel zuerst auf die Knie, drohte dann vornüber zu kippen. Mit übermenschlicher Kraft hielt er sich aufrecht, brachte den Lauf der MP hoch, riss den Abzug durch.
    Sein Ziel waren nicht mehr Pavel Zapotoky und seine Getreuen. Er hielt an ihnen vorbei.
    Scheppernd verließen Feuergarben den Lauf, rasten Stichflammen in schneller Folge an den Männern aus Zeleznâ Ruda vorbei und zuckten auf eine Gestalt zu, die urplötzlich im Rücken der Grenzgänger aufgetaucht war.
    Der Leichenfürst saß in vollem prächtigen Ornat auf einem glänzenden Rappen. Silberbeschläge am Lederzeug glänzten im selben geheimnisvoll schillernden Licht auf, das auch Kas Worzeks Schädel und Schultern eingehüllt hatte. Eine Aura des Bösen.
    Mit eisigen Händen griff die Furcht nach den Herzen der Männer, drohte sie zu zerquetschen. Pavel Zapotoky spürte, wie alle Kraft ihn verließ. Alles in ihm schrie: ›Ich will weg!‹
    Doch er konnte nicht einmal den kleinen Finger bewegen. Er stand starr, als wäre er zu einem der Felsen geworden, die am Rande des Pfades anstiegen.
    Er hatte den Kopf noch halb über die Schulter gewendet und sah, wie die Feuergarben durch den Körper des Leichenfürsten jagten,

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