Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
0093 - Vlado - der Schreckliche

0093 - Vlado - der Schreckliche

Titel: 0093 - Vlado - der Schreckliche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Franc Helgath
Vom Netzwerk:
mit ihnen geschehen sein könnte. Natürlich hatten die Zeitungen keine Zeile darüber berichtet. Doch im Dorf, in dem er lebte, blieb so etwas nicht geheim. »Der Leichenfürst hat sie geschnappt«, tuschelten sich die Leute hinter vorgehaltenen Händen zu. Aus Prag war ein Trupp von Staatssicherheitsbeamten gekommen, der sich in der ›Goldenen Gans‹, einem Gasthof in Zeleznâ Ruda, als Touristen einquartiert hatte. Sie zogen finstere Gesichter, weil sie mit ihren Ermittlungen nicht weiterkamen.
    Touristen…
    Noch nie waren um diese Zeit Touristen nach Zeleznâ Ruda gekommen.
    »Sie werden auch nichts herausfinden«, sagte Pavel Zapotoky leise zu sich selbst. »Wenn sie sich zu nah heranwagen, werden sie eines Tages selbst nicht mehr gefunden.«
    »He, Alter!«, rief Kas Worzek. »Führst du Selbstgespräche? Keine Zeit mehr. Wir müssen endlich los. Nun marschier schon. Ich bleibe hinter dir. Herr Cup, Sie folgen mir, und die anderen drei kümmern sich um das Gepäck unseres Gastes.«
    Kas Worzek selbst griff unter seinen hellen Staubmantel und brachte einige Maschinenteile zum Vorschein. Er setzte sie zusammen, und Pavel Zapotoky erkannte eine ›Skorpion‹, eine Maschinenpistole, die sich ganz klein Zusammenlegen und in der Manteltasche mittragen ließ.
    »Was soll das?«, fragte der alte Pavel verärgert. »Wir nehmen nie Waffen mit, wenn wir sie nicht gerade in Rucksäcken hinüberschleppen. Ist doch viel zu gefährlich.«
    »Das entscheide ich, Alter«, entgegnete Kas Worzek scharf und viel zu laut. Jedes Geräusch, das lauter als der Sturm wurde, konnte sie Kopf und Kragen kosten.
    Pavel Zapotoky wandte sich wortlos um, drückte Büsche auseinander und bahnte sich einen Weg durchs Unterholz. Er schlug nordwestliche Richtung ein.
    Knapp zehn Minuten konnte er ungehindert den Trupp anführen. Dann drückte ihm Kas Worzek plötzlich die Mündung der Skorpion in den Rücken. Pavel Zapotoky stand steif.
    »He, Alter! Willst du mich verkohlen? Ich kann die Karten lesen. Das ist doch nicht unsere Richtung. Wir machen einen Bogen.«
    Worzek hatte natürlich recht. Sie schlugen einen Bogen. Nie wäre es dem alten Pavel eingefallen, sich der Bannmeile um die Ruine zu nähern. Am Tag sollte das ja noch ungefährlich sein. Aber nachts?
    Selbst am Tag wagte sich keiner der Eingeweihten nicht einmal an den Weiher am Fuße der Ruine heran, obwohl es dort vor Fischen wimmeln sollte, die eine willkommene Bereicherung ihrer kargen Speisekarten gewesen wären.
    »Na? Was sagst du dazu?« Der kleine Trupp der Grenzgänger war ins Stocken geraten.
    »Sie sprechen viel zu laut, Worzek«, antwortete Zapotoky verärgert. »Ich habe meine Gründe.«
    »Pfeif auf deine Gründe. Wir sind schon fast eine Viertelstunde zu spät dran. Dann werde ich eben die Führung übernehmen. Es reicht, wenn du mir den Eingang zur Grotte zeigst.«
    Pavel Zapotoky biss die Zähne zusammen, um nicht laut herauszufluchen. Seiner Meinung nach konnte nur ein Städter so hirnverbrannt sein, sich in die Nähe der Ruine zu wagen. Und nichts anderes hatte Worzek vor. Der Karte nach war die Strecke zum Eingang ihrer Grotte tatsächlich kürzer, wenn man sich innerhalb der Bannmeile hinbegab. Doch dorthin hätten Pavel Zapotoky keine zehn Pferde und keine zehntausend Kronen gebracht. Er war zwar schon alt, aber er hing auch am Leben. Er hatte nichts gegen kalkulierbare Risiken, aber das Risiko, über das Gebiet des Leichenfürsten zu gehen, war unkalkulierbar.
    Kas Worzek brach laut durchs Unterholz. Nur der Wissenschaftler aus Prag trottete hinter ihm her. Pavel und seine Leute blieben stehen. Sie setzten ihre Koffer ab.
    Endlich bemerkte Worzek, dass ihm außer Jurai Cup niemand mehr folgte. Der junge Mann blieb stehen. Dieser Idiot schaltete auch noch seine Stablampe ein!
    Kas Worzek war mit Abstand der größte Narr, den die Zentrale je mitgeschickt hatte. Er schien die ganze Grenzgeherei als einen Ausflug mit einem kleinen Schuss Abenteuer zu betrachten.
    »Was ist los?«, schrie er. »Seid ihr alle angewachsen?«
    Pavel Zapotoky zog unwillkürlich den Kopf ein vor soviel Dummheit. Warum schoss dieser Wahnsinnige nicht gleich Leuchtraketen, um die Grenzer auf sie aufmerksam zu machen?
    Dann wollte Pavel antworten. Er wollte Worzek anlügen und ihm sagen, dass es ausgerechnet in diesem Gebiet vor Polizei nur so wimmelte, aber Pavel wartete zu lange.
    An seiner Stelle begann Basci zu reden. Er war noch zwei Jahre älter als Pavel und damit schon

Weitere Kostenlose Bücher