0094 - Alle auf einen Schlag
fiel es mir nicht sehr schwer, Pier 19 zu finden. Ich bog von der Straße ab auf die Mole, weil ich schon draußen die abgeblendeten Lichter einiger Wagen sah, die nur von der Stadtpolizei sein konnten. Im Dämmerlicht sahen wir die Antennen der Polizeifahrzeuge und bei zweien auch das Signallicht.
Ich fuhr so weit wie möglich an die Fahrzeuge heran. Kurz vor ihnen stoppte mich ein Mann mit ausgebreiteten Armen. Als unser Wagen stand, waren wir auch schon von drei, vier Mann umringt, die sogar Waffen in den Händen hielten.
»Steigen Sie aus!«, sagte eine befehlsgewohnte Stimme.
»Das hatten wir ohnehin vor«, bemerkte ich trocken.
Wir kletterten hinaus.
»Hände hoch!«, kommandierte ein ungefähr fünfunddreißig Jahre alter Mann mit wachen, energischen Gesichtszügen.
Wir taten ihm den Gefallen.
»Jimmy, Rob, klopft sie ab!«
Well, sie fanden natürlich im Schulterhalfter unsere Kanonen. Das fanden sie anscheinend sehr imponierend, denn jemand murmelte etwas von schweren Jungs.
»Ich würde an eurer Stelle die Pistolen mal genauer ansehen«, schlug ich vor.
Ihr Boss trat näher.
»Warum?«, fragte er scharf.
»Unsere Schießeisen haben so einen schönen Stempel.«
Er stutzte. Dann ließ er sich mit einem Stabscheinwerfer unsere Waffen anleuchten. Endlich hatte er den Prägestempel gefunden.
»FBI!«, sagte er tonlos.
Phil und ich grinsten.
»Um Himmels willen!«, murmelte er weiter. »Da habe ich mir ja was Schönes eingebrockt! Entschuldigen Sie, meine Herren! Ich konnte ja nicht wissen -«
Er gab uns unsere Dienstpistolen zurück.
»Sie brauchen sich nicht zu entschuldigen«, sagte ich. »Ich hätte an Ihrer Stelle genauso gehandelt. Sie sind der Leiter der Mordkommission?«
»Ja, Lieutenant Boyd.«
»Cotton. Das ist Decker.«
Es gab ein kurzes Händeschütteln, dann fragte ich: »Schon irgendetwas ermittelt, Lieutenant? Unmöglich in der kurzen Zeit, was?«
»Die Identität des Toten konnten wir anhand seiner Papiere schon feststellen. Es handelt sich um einen gewissen Jack Lansforth. Er hat außer einigen persönlichen Papieren auch seine letzte Lohntüte bei sich. Hafenarbeiter.«
»Beschäftigt bei…?«, fragte ich.
»Bei der Export-Import-Company McPherson«, sagte Lieutenant Boyd.
***
Wir schwiegen verblüfft. Schon wieder war der Name McPherson gefallen. Er hatte heute schon seinen dritten Arbeiter verloren. Das gab uns zu denken.
»Wo wurde der Tote gefunden?«, fragte ich.
»Hier. In dieser Baracke. Die Arbeiter benutzten sie, um zu frühstücken, ihre Mäntel aufzuhängen und ihre Sachen abzustellen.«
»Wie kam Lansforth hinein? War die Bude noch nicht abgeschlossen? Um diese Zeit dürfte doch langsam Feierabend sein, umso mehr als diese Schicht ja schon um sieben Uhr früh anfing.«
»Es war nur noch der Vorarbeiter da. Er hatte noch Papierkrieg mit dem Kapitän des Schiffes zu erledigen, das am Pier liegt.«
»Die Santa Margareta?«
»Ja, ich glaube, so heißt der Pott.«
»Und dieser Vorarbeiter hat Lansforth gefunden?«
»Ja. Er rief sofort den Nachtwächter von McPhersons Bürogebäude an, weil der Telefonapparat in der Baracke nur mit dem Bürohaus Verbindung hat. Der Nachtwächter verständigte die Polizei.«
»Ich möchte mir den Toten gern mal ansehen.«
»Bitte! Der Spurensicherungsdienst arbeitet zwar noch, aber ich glaube, bis an den Toten wird man den Fußboden schon abgesucht haben.«
Wir gingen zu der Baracke. Im Innern hatte man Standscheinwerfer aufgebaut, um dem Spurensicherungsdienst die Arbeit zu erleichtern. Wenn man jedes Härchen sehen und mitnehmen soll, muss man gutes Licht haben.
Von der Tür liefen zwei rote Kordeln bis zu dem Toten, der in der Mitte des großen Raumes vor einem einfachen, abgenutzten Tisch lag. Die aufgespannten roten Schnüre liefen in einem kreisförmigen Bogen rings um den Toten. Zwischen den Schnüren befand sich das Gebiet des Fußbodens, das vom Spurensicherungsdienst bereits mit Lupen und Pinzetten abgesucht worden war. Innerhalb dieser Fläche konnte man sich frei bewegen. Hinter den Schnüren knieten vier Mann und suchten den übrigen Fußboden ab. Jeder Zigarettenstummel, jedes Har, jeder von Schuhen liegen gebliebene Erdrest wurde in Glasröhrchen gegeben, aufgeschrieben und registriert. Vielleicht befand sich darunter auch ein Indiz, das einmal vor Gericht den Mörder entlarven könnte. Die biochemische Haaranalyse hat schon manchen Verbrecher ans Messer geliefert…
Als wir eintraten, schoss der
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