0098 - Entfesselte Gewalten
Art sagte Bully, was er über Gucky dachte. „Wie eine Blindschleiche treibt er sich hier und da herum! Wie einer, der sich selbst nicht mehr ausstehen kann! Weiß der Kuckuck, was ihm über die Leber gelaufen ist, aber er wird schon wieder normal werden, Perry."
Das Jahr 2044 näherte sich dem Ende, und die Situation im Arkonidenreich hatte sich leicht beruhigt den Menschen auf der Erde wurde eine Verschnaufpause gegönnt - aber einer der wenigen, der von Tag zu Tag eigentümlicher wurde, war Gucky.
Wenn es ihm irgendwie möglich war, dann hockte er in seinem Bungalow, starrte die Wände an, hielt dabei seinen Nagezahn versteckt und grübelte vor sich hin.
Er wußte selbst nicht, was ihm fehlte. Krank fühlte er sich nicht, aber eigentümlich bedrückt, lustlos und ununterbrochen beunruhigt. Manchmal hatte er versucht, vor sich selbst fortzulaufen. Es war ihm ebensowenig gelungen wie allen anderen vor ihm, die es auch ausprobiert hatten.
Gestern hatte der Chef ihn angerufen. Perry wollte ihn aufheitern, aber Gucky wollte nicht aufgeheitert werden; er wollte seine Ruhe haben, keinen Menschen sprechen, keinen Menschen sehen.
Rhodan hatte nach wenigen Sätzen sein Gespräch beendet. Voller Unruhe hatte er danach John Marshall, den Chef der Mutantengruppe, angerufen. „Marshall, kommen Sie einmal zu mir herüber!" Und Marshall kam. „Marshall, wissen Sie, was Gucky fehlt?" fragte ihn Rhodan.
Marshall wußte es auch nicht. „Er läßt nicht zu, daß man seine Gedanken liest, Sir", erwiderte der Telepath. „Aber er läßt auch nicht mit sich reden. Vielleicht ist er doch krank, oder sein Alter macht sich plötzlich bemerkbar. Wie alt ist Gucky eigentlich? Wissen Sie es, Sir?'
*
Rhodan schüttelte den Kopf. „Nein, John. Niemand von uns weiß es. Ich glaube, Bully hat vor einigen Jahrzehnten versucht, es von ihm zu erfahren, aber wie ein alterndes Mädchen hat sich Gucky gesträubt, ihm sein Alter anzugeben. Merkwürdig, wenn man es sich jetzt überlegt, aber auch beunruhigend, wenn man die Möglichkeit einer rapiden Alterung in Betracht zieht. Ob sein Organismus auf eine Zelldusche anspricht?"
Marshalls Bemerkung war mehr ein Selbstgespräch als an Rhodan gerichtet. „Gucky und alt? Das kann ich mir schlecht vorstellen, aber noch weniger, daß er krank sein soll. Macht er nicht den Eindruck eines stark Deprimierten, Sir?"
Rhodan beugte sich vor, und als Marshall ihn ansah, entdeckte er in den Augen des Ersten Administrators Sorge und Beunruhigung. „John, wollen Sie nicht noch einmal einen Versuch machen? Vielleicht sagt Gucky Ihnen, was er hat ...“
„Mir, Chef? Wenn er schon Ihnen und Bully aus dem Weg geht und jede Auskunft verweigert, dann läßt er mich schon gar nicht an sich herankommen. Trotzdem will ich es noch einmal versuchen. Nur glaube ich nicht an einen Erfolg."
*
Zur Silvesterfeier lud Rhodan den Mausbiber ein.
„Nur das nicht, Perry", wehrte Gucky kläglich ab. „Ich mag mich ja selbst nicht mehr sehen! Warum soll ich euch allen die gute Stimmung verderben? Ich habe etwas anderes vor. Ich muß mich ablenken. Ich will mir Paris einmal ansehen, das soll doch eine tolle Stadt sein. Kennst du sie, Perry?"
Aber das klang alles so müde, so desinteressiert, daß Perry Rhodan allmählich doch zu der Überzeugung kam, Gucky müßte ernstlich krank sein.
Er schilderte dem Mausbiber Paris in den herrlichsten Farben, doch mitten in seiner Beschreibung winkte Gucky gleichgültig ab.
„Ach, ich fliege doch nicht zu Silvester nach Paris. Ich bleibe in meinen vier Wänden. Tu mir den Gefallen und halte mir den Dicken vom Leib, Perry. Ich kann sein Mitleid nicht vertragen, wenn er es auch noch so gut meint. Verflucht, es ist zum ... zum Davonlaufen!"
Verwundert starrte Perry Rhodan seinen Bildschirm an. Gucky hatte abgeschaltet.
Was ist mit dem Knirps los? fragte er sich voll ernster Besorgnis.
*
Sechs Tage vor jener Alarmkonferenz, in der das Logbuch eines Leichten Kreuzers der Solaren Flotte und ein Wellen-Reflektor die Hauptrolle spielten, flimmerte vor Rhodans Schreibtisch plötzlich die Luft, und Gucky wurde sichtbar.
„Tag, Boß!" Das klang doch wie früher? Ein frohes Lachen huschte über Perry Rhodans scharfgeschnittenes Gesicht; in seinen Augen glomm die Freude auf.
„Na, Gucky? Bist du wieder okay, alter Freund?" Bereitwillig war er auf den saloppen Ton des Mausbibers eingegangen. Er hätte noch mehr Zugeständnisse gemacht, wenn es zur Aufmunterung
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