0099 - Ein Freund der Menschen
See heran, verfing sich in den Überresten der KASZILL und sang sein unmelodisches Lied.
Das Totenlied, dachte Liszog erschauernd. Er war nicht abergläubisch, und der Religion hatte er in frühen Jahren den Rücken gekehrt. Auf seinem Gesicht wurde ein schwaches Lächeln sichtbar. Es war eine rein automatische Reaktion und hatte nichts mit seinen wirklichen Gefühlen zu tun.
Die ersten Tropfen fielen auf das Wrack. Liszog beobachtete, wie sie beim Aufprall in silbrige Perlen zersprangen, einen Moment haften blieben, dann jedoch wie Tränen herabrannen. Es dauerte nicht lange, und das Metall glänzte vor Nässe.
Ein eigenartiges Geräusch riß Liszog aus seinen Betrachtungen. Seine Hand, die in fünf wulstigen Fingern endete, umschloß den Strahler. Sollte sein Gegner einen Ausfall versuchen?
Aber es war nicht der Arkonide. Mit aufgerissenen Augen sah Liszog einen gespenstischen Zug runder Tierkörper auf sich zukriechen. Sie stellten das Häßlichste dar, was der junge Unither bisher erblickt hatte.
Ohne zu überlegen, eröffnete er das Feuer. Crest sah die Lichtkaskaden über den Boden sprühen. Funken stoben bis zu ihm herein. Der Geruch nach versengtem Fleisch wehte heran. Das Feuerwerk hielt nicht lange an.
Crest hörte einen wilden Aufschrei. Dichte Rauchschwaden stiegen empor. Er hustete angestrengt.
Vergeblich bemühte er sich, in dem Qualm etwas zu erkennen. Es begann, heftig zu regnen. Ein schwelender Brand verbreitete beißenden Gestank.
Crest ahnte, daß der Unither auf die Hornwühler geschossen hatte. Nach dem verzweifelten Schrei des Rüsselträgers zu schließen, hatten ihn die wütenden Tiere überwältigt. Auch seinem schlimmsten Feind wünschte der Arkonide keinen solchen Tod.
Der Wind trieb den Rauch zu ihm herein. Seine Augen tränten. In seiner Lunge breiteten sich stechende Schmerzen aus. Hier konnte er nicht länger bleiben. Dort draußen erwartete ihn vielleicht eine gereizte Schar gefährlicher Hornwühler. Aber im Moment erschienen sie ihm als das kleinere Übel. Hustend und keuchend arbeitete sich Crest ins Freie.
Er stolperte über die Kadaver einiger verbrannter Tiere. Lebende waren nicht zu entdecken. Erleichtert atmete er die frische Luft ein. Der Wind zerrte an seinem zerrissenen Umhang, und der Regen fiel kühl auf ihn herab. Graue Dämmerung tauchte die Umgebung in mattes Licht.
Da sah er den Unither! Er lag bäuchlings auf einem erhaltenen Ringwulst der KASZILL. Seine Entfernung zu Crest betrug nicht mehr als fünfzehn Meter. Vom Boden war er in dieser Lage kaum zu erkennen.
Mit hängenden Schultern sah ihn Crest an. Der Unither war lebendiger als jemals zuvor. Er hatte seine Waffe verloren und war vor den Tieren auf diesen sicheren Platz geflüchtet.
Seine großen Augen waren auf den Arkoniden gerichtet. Es war eine dumpfe Resignation in diesem Blick, die Crest erschütterte. Lange Zeit stand Crest bewegungslos im Regen; ein hagerer Greis, in dessen rechter Hand die schwere Waffe fast wie Hohn anmutete.
Da begann Liszog, allmählich von dem Metallring herabzurutschen. Er zog eine dunkle Spur auf der feuchten Oberfläche. Sicher landete er auf seinen Beinen.
„Stehenbleiben!" warnte Crest auf Interkosmo.
Der Unither kam auf ihn zu. Es war eine stumme Beharrlichkeit in seinen Bewegungen, so, als könnte er in alle Ewigkeit weiterlaufen. Seine runden Augen waren weit geöffnet. „Halt!" befahl Crest. Er unterstrich seinen Ruf mit einer eindeutigen Geste: Er hob den Strahler!
Sein geschlagener Widersacher schien ihn nicht zu hören. Einem Schlafwandler gleich kam er Crest entgegen. Regen lief über sein Gesicht. Die braune Haut schimmerte schwach. In den Augen war ein eigentümlicher, beinahe fiebriger Glanz.
Die Waffe in Crests Hand schien Tonnen zu wiegen. Der alte Mann machte einen Schritt zurück.
Ich kann ihn doch nicht einfach erschießen, dachte Crest. Warum bleibt dieser Wahnsinnige nicht stehen?
Der Wind wurde immer stürmischer. Er heulte und pfiff in den Trümmern des unithischen Raumers, bewegte lose Blechplatten und stieß sie scheppernd gegeneinander. Die Töne schienen von einer fernen Welt zu kommen.
Liszog hatte Crest fast erreicht. Er änderte sein Tempo nicht. Sein Rüssel krümmte sich. Der Strahler in Crests Hand zitterte.
Der Arkonide vermochte nicht abzudrücken. Da kam sein Gegner hilflos auf ihn zu, und es hätte nur einer kleinen Bewegung am Abzughahn bedurft, um ihn nach hinten zu werfen. Doch Crest konnte sich nicht überwinden, auf
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