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01 - Botschaft aus Stein

01 - Botschaft aus Stein

Titel: 01 - Botschaft aus Stein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hubert Haensel
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unersetzlich sein.«
    »Sie wissen , was sich hinter der Wand befindet?«
    »Ich weiß gar nichts.« Bransons Erwiderung kam eine Spur zu hastig, als dass sie glaubwürdig erschienen wäre.
    Tom kam sich benutzt vor. Der Professor erwartete etwas von ihm, ohne selbst die Karten auf den Tisch zu legen.
    Welches Bild der Stele hatte er Branson zugemailt? Wenn er sich recht entsann, war es der Mittelteil gewesen, ein oder zwei Symbole jeweils über und unter der Aussparung und die beiden Seitenblöcke. Überwiegend unbekannte Zeichen, so wie hier an der Wand.
    In diesem Moment glaubte Tom zu verstehen.
    Drei der Symbole hatte er sich nachdrücklich eingeprägt. Falls sie auf dieser Wand hier zu finden waren, würde er sie entdecken.
    Tom begann dort, wo er gerade stand. Er sah Kalendersymbole. Auf der Wand waren neben dem Weltenbaum die kosmischen Lebenszyklen wiedergegeben. Dreizehn baktún , und jedes baktún entsprach in der Zählung der Maya einem Zeitraum von vierhundert Jahren. Demnach wurden die Welt und ihre Bewohner alle 5200 Jahre vernichtet. Vier Zyklen waren schon verstrichen, der letzte hatte mehr als dreitausend Jahre vor Christi Geburt begonnen, das waren altbekannte Daten.
    Tom merkte gar nicht, dass Branson innegehalten hatte und ihn beobachtete. Es fiel ihm erst auf, als er fündig wurde und aufschaute. »Sie kennen dieses Zeichen, Seymor?«
    »Leider nein. Es ergibt für mich keinen Sinn.«
    »Es ist auch auf der Stele zu finden.« Tom tastete die Linien ab, dann die Umrahmung, aber was immer er erwartete hatte, nichts geschah.
    Er suchte weiter, ließ sich von dem Virus leiten, das ihn schon vor langer Zeit infiziert hatte und das »Neugierde« hieß. Bransons Reaktion hatte ihm verraten, dass er richtig vermutete. Natürlich hing alles mit der Stele zusammen. Der Professor hatte die Zeichen schon gekannt, als ihm das Foto zugegangen war.
    »Wann rücken Sie endlich mit Ihrem Wissen heraus, Seymor? Das hier hat mit dem Ende des fünften Zyklus zu tun. Der gewaltsame Tod aller. Der Feuergott. Erwarten Sie einen neuen Codex zu finden, der das bevorstehende Ende der Welt belegt? Geht die Magmablase unter dem Yellowstone hoch?«
    »Kinderkram«, sagte Branson verächtlich. »Prophezeiungen sind die Zeit nicht wert, die man sich mit ihnen befasst.«
    »Was dann?«, wollte Tom fragen, fest entschlossen, dem Grabungsleiter das Messer auf die Brust zu setzen. Doch er brachte die Frage nicht mehr über die Lippen, denn in diesem Moment entdeckte er das nächste Symbol.
    Branson war sein Fund nicht entgangen. »Sie haben denselben Abstand zueinander wie auf der Stele«, sagte er.
    Er hatte recht. Tom fragte sich, warum ihm das nicht sofort aufgefallen war. Er fasste mit beiden Händen zu.
    Ein leises schleifendes Geräusch erklang. Es kam aus der Wand.
    Tom glaubte eine schwache Erschütterung zu spüren. Vor ihm, etwas über Kopfhöhe, spaltete sich ein Steinsegment und die beiden Teile schoben sich seitlich in die Wand.
    Ein aufrecht stehendes, leeres Achteck blieb zurück. Es glich der Aussparung in der Stele wie ein Ei dem anderen. Die Vertiefung war völlig glatt, es gab keine Erhebung. Nicht einmal die Randfuge, die eigentlich hätte vorhanden sein müssen, konnte Tom ertasten.
    »Das war eine schwere Geburt«, sagte Branson vorwurfsvoll hinter ihm.
    ***
    »Ihr Anruf, Tom, und vor allem das Foto waren für mich wie eine Offenbarung. Seitdem warte ich darauf, dass die Stele weitere Übereinstimmungen enthält.« Genau das hatte Seymor Branson vor gut einer Stunde zugegeben.
    Es half nicht, die Stele und die Bildwand deckungsgleich zu überlagern. Toms Blick pendelte zwischen seinem Computerpad und der Wand hin und her. Das permanente Umdenken im Maßstab erschwerte die Übersicht, dennoch war schnell klar geworden, dass es insgesamt nur die drei Übereinstimmungen gab: die beiden Symbole, die den Öffnungsvorgang bewirkt hatten, und das zentrale Achteck.
    »Vielleicht ist da gar kein Geheimnis«, argwöhnte Branson, »und dieses Feld dient lediglich als Zentrierhilfe.«
    »Und dann?«
    »Ich hatte darauf gehofft, Sie würden es herausfinden, Tom. Immerhin hängt Ihnen in Fachkreisen ein… nun, ein gewisser Ruf an.« Branson rieb sich das Kinn.
    Der Grabungsleiter hatte den Öffnungsmechanismus vor ein paar Tagen aufgespürt, war danach aber nicht weitergekommen. Ericsons Anruf war ihm wie ein Fingerzeig der Götter erschienen.
    Fast alle Symbole und Zeichen der Stele fanden sich verstreut auf der Wand.

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