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01 Columbus war ein Engländer: Geschichte einer Jugend

01 Columbus war ein Engländer: Geschichte einer Jugend

Titel: 01 Columbus war ein Engländer: Geschichte einer Jugend Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Fry
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damit zum einen gemeint sein, daß Tiere es nicht tun, befindet ihr euch schlichtweg auf dem Holzweg.
    Wir könnten hier unzählige Verhaltensweisen und Eigenschaften auflisten, die zweifellos unnatürlich sind, wenn ihr denn so krank seid zu glauben, der Mensch sei nicht Teil der Natur, oder so stumpf zu behaupten, »natürlich« hieße »alle Natur, ausgenommen die menschliche Natur«: Gnade, beispielsweise, ist unnatürlich, die altruistische, uneigennützige Sorge um eine andere Spezies ist unnatürlich; Barmherzigkeit ist unnatürlich, Gerechtigkeit ist unnatürlich, Tugend ist unnatürlich, ja – und dies ist der entscheidende Punkt – schon die bloße Vorstellung von Tugend ist unnatürlich, wenn man das Wort »natürlich« in einer so naiven, widersinnigenWeise versteht. Die Tiere, welch arme Kreaturen, essen, um zu überleben. Wir Menschen, welch gesegnete Kreaturen, tun dies auch, aber wir haben Abbey-Crunch-Kekse, Armagnac, Seile d’agneau , Tortilla-Chips, Sauce Béarnaise , Vimto, warme Törtchen mit Butter, Château Margaux, Ingwerkekse, Risotto nero und Erdnußbutter-Sandwiches – alles Dinge, die nichts mit unserem Überleben, aber viel mit Genuß, Kennerschaft und stinknormaler Gier zu tun haben. Die Tiere, welch arme Kreaturen, kopulieren, um sich fortzupflanzen. Wir Menschen, welch gesegnete Kreaturen, tun dies auch, aber wir haben hochhackige Lederstiefel, Wichs-Magazine, Lederpeitschen, Peep-Shows, Degas-Statuen, Live-Sex-Shows, Tom of Finland, Partnervermittlungen und die Tagebücher der Anaïs Nin – alles Dinge, die nichts mit Fortpflanzung, aber viel mit Genuß, Kennerschaft und stinknormaler Lust zu tun haben. Wir Menschen haben eine im buchstäblichen wie im übertragenen Sinn breite Speisekarte zwischen Haute Cuisine und Junk Food für viele Bereiche unseres Lebens entwickelt, und als Strafe dafür, daß wir es gewagt haben, von den Früchten sämtlicher Bäume zu kosten, wurden wir aus dem Garten Eden, den die Tiere immer noch bewohnen, vertrieben, beladen mit den beiden großen jüdischen Kümmernissen: Indigestion und Schuld.
    Ich will mich gerne für viele Dinge in meinem Leben entschuldigen, aber ich werde mich nicht für Dinge entschuldigen, die niemals entschuldigt werden sollten. Meiner eigenen bescheidenen Theorie zufolge, die mich in letzter Zeit häufiger beschäftigt hat, entstehen die meisten Probleme auf unserer einfältigen und wunderbaren Welt gerade daraus, daß wir uns für Dinge entschuldigen, die gar keiner Entschuldigung bedürfen, und dort, wo eine Entschuldigung wirklich angebracht wäre, nicht dazu in der Lage sind.
    Nichts in der folgenden Liste beispielsweise ist schändlich und bedarf der Entschuldigung, auch wenn wir uns mit suizidalem Eifer vom Gegenteil zu überzeugen versuchen:
Ein Rektum, eine Harnröhre, eine Blase und alles, was dazugehört, zu besitzen.
Zu weinen.
Irgendwen oder irgendwas gleich welchen Geschlechts,
Alters oder gleich welcher Spezies sexuell attraktiv zu finden.
Dinge zum Zwecke des Genusses in den Mund zu nehmen
oder in Anus und Vagina einzuführen.
So häufig zu masturbieren, wie es einem gefällt. Oder auch
nicht.
Zu fluchen.
Sexuelle Wünsche zu haben, die sich an Objekten, Gegenständen oder Körperteilen entzünden, die nichts mit Fortpflanzung zu tun haben.
Zu furzen.
Sexuell unattraktiv zu sein.
Zu lieben.
Legale oder illegale Drogen zu konsumieren.
Nach seinen eigenen Ausdünstungen und Körpersäften zu
riechen.
In der Nase zu popeln.
    Immer wieder mache ich mir Knoten ins Taschentuch, die mich daran erinnern sollen, daß man sich für keins dieser Dinge schämen muß, solange sie nicht in Sicht- oder Hörweite derjenigen geschehen, die daran Anstoß nehmen – was im übrigen genauso auf Volkstanz, die öffentliche Erwähnung von Terry Pratchett, das Tragen von Velourskleidung und viele andere harmlose menschliche Eigenarten zutrifft. Höflichkeit ist alles.
    Andererseits habe ich die Befürchtung, mich viel zu selten für Dinge zu entschuldigen oder mich für Dinge zu schämen, die nun wirklich nach einer ehrlichen Entschuldigung und aufrichtiger Reue verlangen.
Sich nicht in die Haut eines anderen hineinversetzen zu können.
Sein Leben zu verplempern.
Unaufrichtigkeit sich selbst und anderen gegenüber.
Nicht ans Tefelon zu gehen oder das Briefeschreiben zu vernachlässigen.
Bei Waren und Gütern nicht nach ihrer Herkunft zu fragen.
In Unkenntnis zu urteilen.
Seinen Einfluß auf andere zu eigenen Zwecken zu

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