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01 Columbus war ein Engländer: Geschichte einer Jugend

01 Columbus war ein Engländer: Geschichte einer Jugend

Titel: 01 Columbus war ein Engländer: Geschichte einer Jugend Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Fry
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schimmelnder Käse, ein glibbriger Klumpen Lammnieren und jede Menge anderer Kostbarkeiten.
    »Halt! Halt!« kreischte Brewer.
    »Aber Sie sagten doch, Mr. Brewer ...«
    »Sie haben uns ausdrücklich drum gebeten, Mr. Brewer!«
    »Wir haben es alle gehört.«
    »Du lieber Himmel, wißt ihr, wie spät es ist!« rief ich entsetzt. »Es bimmelt jede Sekunde. Wir kommen gegen Mittag vorbei, Mr. Brewer, ich brauche nämlich den Lawrence heute nachmittag in Englisch. Sie können sich ja in der Zwischenzeit alles in Ruhe ansehen. Die Sackschutze muß ich nicht unbedingt wiederhaben. Ich meine, wenn Sie dafür Verwendung haben.«
    Und schon rauschten wir ab, ohne uns um sein lautstarkes Protestieren zu scheren. Ganz besonders freute mich der Gedanke an den kleinen Hoffnungsschimmer, den ich ihm gelassen hatte, nämlich die Packung Embassy und die Streichhölzer. Die Embassys waren voller Schnecken, und in der Streichholzschachtel krabbelten ein Dutzend Spinnen.
    Das alles gehörte zur Unschuld eines Dreizehnjährigen, der ich in meinem ersten Jahr in Uppingham war. Nimmt man hinzu, daß ich im Haus von Jungen wie Rick Carmichael, Martin Swindells und Roger Eaton akzeptiert wurde und mit Richard Fawcett und Jo Wood befreundet war, verlief mein Leben in geordneten Bahnen. Noch hatte mein Bruder Roger wenig Grund, sich für mich zu schämen.Unbekümmert ging er seinen Weg, erhaben über alle Niedertracht und Heimtücke.
    Ein anderer Junge in unserem Haus, der mir das Gefühl gab, akzeptiert zu werden, war Paul Whittome, der wie besessen malte, zeichnete, surreale Rock-Opern und Gedichte schrieb und obendrein noch ein exzellenter Kontrabassist und Rugby-Spieler war. Er fand mich unterhaltend genug, um mich in seine Band aufzunehmen, die er zusammen mit einem befreundeten Saxophonisten aus Brooklands und Rick Carmichael, der begnadet Klavier spielte, auf die Beine gestellt hatte. Wir spielten Jack Teagardens Jazz-Standards, »Hunting Tigers in Indiah« und »Jollity Farm« von den Bonzos sowie Klassiker wie »Rock Around the Clock« und Hoagie Carmichaels »Rocking Chair«. Meine Feten-Nummer war das Trompetensolo in »Rocking Chair«, bei dem ich mich mächtig ins Zeug legte und meine Backen wie Dizzie Gillespie aufblähte. Mittendrin ging hinter mir ein Vorhang hoch, hinter dem Sam Rudder tatsächlich Trompete spielte, stocksteif und mit traumwandlerischer Gelassenheit. Darüber hinaus weiß ich eigentlich nicht, was meine Teilnahme in der Band rechtfertigte, einmal abgesehen von kleinen dilettantischen Klaviereinlagen, wenn Rick Gitarre spielte oder sang. Wahrscheinlich unterhielt ich die anderen nur mit blöden Sprüchen. Wir waren immerhin so gut, daß wir zu einem Auftritt an der Public School von Oakham eingeladen wurden, sechs oder sieben Meilen entfernt. Nach meinem Weggang von Uppingham brachte Paul Whittome es in kürzester Zeit zum Millionär, genau wie er es Frowde prophezeit hatte. Er fing als Gemüseverkäufer mit einem Stand an der A1 an, von wo aus er blitzartig zum Kartoffelkönig im Großhandel aufstieg. Später verkaufte er seinen Knollenhandel und betreibt heute das vermutlich erfolgreichste Hotelrestaurant in East Anglia. Hin und wieder gehe ich mit ihm und seiner Frau segeln und hatte vor einigen Jahren die große Ehre, in seinem Gasthaus The Hoste Arms in Burnham Market einenTrakt neuer Gästezimmer einweihen zu dürfen. Er würde es mir nie verzeihen, wenn ich Namen und Adresse seines Etablissements hier nicht nennen würde, da er in puncto öffentlicher Werbung bedauernswert schamlos und unverfroren ist. Wie sonst wird man mit zweiundzwanzig Millionär? Außerdem bin ich es ihm als Dank schuldig, daß er so gnädig war, mich trotz meines musikalischen Unverstands in seine Band aufzunehmen.
    Mein zweiter Auftritt im Showbusiness war die Aufführung einiger Sketche, die ich zusammen mit Richard Fawcett für unser House Supper einstudiert hatte, Fircrofts alljährliche Weihnachtsfeier zum Semesterende, auf der die Schüler der Sixth Form in Dinner-Jacketts erschienen und Wein trinken durften, während der Rest von uns Weihnachts-Cracker knallen ließ und eine kleine Revue aus Musik, Songs und Sketchen auf die Beine stellte.
    Richard und ich schrieben eine Benny-Hill-Nummer um, in der ein Vikar interviewt wird, ohne zu wissen, daß sein Kuhstall sperrangelweit offensteht. Richard war der Vikar (»Ich versuche stets, den Menschen offen zu begegnen«), ich der Interviewer (»Ihr Anliegen ist praktisch mit

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