0,1 % - Das Imperium der Milliardäre
Informationstechnologien Geldmacht auf eine für viele immer noch schwer vorstellbare Weise, weltumspannend bis hin zur Möglichkeit eines financial fascism . 9 Die alte Regel »Money is what money does« ist die Basis für eine neue Form globaler Souveränität geworden, für die Herrschaft der privatesten der Privaten, übrigens auch in Militärdingen. Umgekehrt ist die kapitalistische Wissens- und Informationsgesellschaft nicht denkbar ohne dieses neue Gravitationszentrum der Geldmacht, den Geldmachtkomplex (GMK). In dessen dunkelster Mitte finden wir eine historisch gewachsene, vernetzte ultrareiche Klientel. Sie ist umgeben von Konzern- und Finanzeliten, die im Dienst und auf Rechnung dieser Klientel ständig neue Möglichkeiten der Kapitalakkumulation erkunden und erfinden – nicht ohne dabei auch kräftig und in ständiger Konkurrenz untereinander an sich selbst zu denken. Ihnen wiederum zur Seite stehen politische Eliten beziehungsweise politische Direktorate beziehungsweise Oligarchien, die gerade in der heutigen Situation mit neuen Umverteilungsmodellen experimentieren, die den gesellschaftlichen Reichtum weiterhin möglichst geräuschlos von unten nach oben transportieren, also ohne den sozialen Konsens allzu sehr zu gefährden. Das alles geht schließlich nicht ohne ein Millionenheer untergeordneter Technokraten und Experten (versiert in analytischen, symbolischen und affektiven Spielarten des Wissens).
Machtelite und Funktionseliten: die Differenz
Wenn heutige gesellschaftliche Macht – Macht, die in der gesamten bisherigen Geschichte Gesellschaft bewegt hat und deshalb immer auch das ganz Andere, die Macht der Utopie, herausforderte – sich tatsächlich zwischen den Polen hochtechnisierter militärischer Gewalt und hochinformatisierter pekuniärer Omnipotenz entlädt, so gibt es nur eine Machtelite, denn Macht drängt dazu, sich zu Machtmonopolen zu verdichten und dann entweder alle möglichen Gruppen, die Unterstützungspotential versprechen, zu kooptieren oder eben, zum Beispiel durch Evaluationspraktiken, auszugrenzen. Insofern gibt es durchaus einen Machtkern im Sinne einer herrschendenKlasse, welcher die zentralen Konfigurationen des Militär-Industrie-Komplexes und eben auch des Geldmachtkomplexes bindet und in diesem Sinne vereinheitlicht.
Zugleich aber muss ein solches Kraftfeld, das sich der allgemeinen Arbeitskraft, des Gesamts lebendiger gesellschaftlicher Produktivkräfte bemächtigt, hochgradig differenziert sein und alle möglichen Widersprüche und gegensätzlichen Interessen in sich aufnehmen und austragen. Schon dieses permanente Austarieren und Austragen von Gegensätzen verlangt, dass die Machtelite sich zunächst einmal im Verborgenen organisiert, sozusagen in elitären, privaten Spezialöffentlichkeiten, in denen dann allerdings schon die Gefahr besteht, dass Fach- und Machtidiotentum sich unlösbar miteinander verbinden. Dieser Gefahr des Verkommens sind dann auch die Funktionseliten, jene Mittler zwischen lebendiger allgemeiner Arbeitskraft (die sie auch selbst verkörpern) und exklusiven Machtzonen, ausgesetzt. So vollziehen sich zum Beispiel auch alle Dienstfunktionen der Zuarbeit, der diplomatischen Vermittlung, der direkteren (bis gewaltsamen) Austragung von Konflikten für die Dienstklassen in einer kontaminierten Atmosphäre.
Besonders heikel ist die Situation für die Funktions eliten geworden, seit sich der innere Kern der Machtelite in der bürgerlichen, in der medialen Öffentlichkeit durch die Intellektualität und Diskurskompetenz der Funktionseliten repräsentieren lassen muss. Denn die Machtelite hat unter den heutigen Bedingungen zunächst einmal alle Hände voll zu tun, ihre eigene Integrität zu organisieren. Während sie sich an den Orten der Wertschöpfung und Wertverteilung nicht in die Karten sehen lassen darf, muss sie an den öffentlichen Orten der Herstellung und Sicherung eines gesellschaftlichen Gesamtkonsenses mit Hilfe der Funktionseliten die Karten so mischen (lassen), dass die Abhängigkeit des Machtkerns vom gesellschaftlichen Gesamtarbeiter nicht zurückverfolgt werden kann und vielmehr im gesellschaftlichen Bewusstsein der umgekehrte Eindruck der Abhängigkeit des Gesamtarbeiters von denjenigen erzeugt wird, welche »die Arbeitsplätze schaffen« oder »gute Taten tun«.
Die Funktionseliten selbst tragen in diesen Machtprozessen eine schwere historische Last: Privat sind sie um ihrer sozialen Existenzwillen an die Machtelite gefesselt,
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