0,1 % - Das Imperium der Milliardäre
Berater der Republikanischen Partei, unermüdlich weiter. Das gegenwärtige Anwachsen des privaten Reichtums sei nur mit dem goldenen Zeitalter der vorletzten Jahrhundertwende und den Zwanzigern zu vergleichen. In jeder dieser Perioden hätten die großen Vermögen die demokratischen Werte und Institutionen unterminiert und schließlich die Wirtschaft ruiniert. 4
Die Frage, auf welche Weise diese Multimillionäre zu ihrem Reichtum gekommen sind, ist ebenso komplex wie die Antwortmöglichkeiten. Zusammenfassend aber lässt sich eine einfache These formulieren: Unter dem Banner des Neoliberalismus ist ein Geldmachtapparat entstanden, welcher unternehmerische Eigentumsoperationen, die Generierung von Einkommen aus allen möglichen Quellen (insbesondere den Finanzmärkten), die Vererbung und auch den Raub in einen abgestimmten und vermachteten, netzwerkartigen Zusammenhang bringt. In ihm wird vor allem auch das klassische Betriebsvermögen in Gestalt von kleinen und großen Unternehmen immer »flexibler« gehandhabt, hin und her geschoben, kurzfristig veräußert, zusammengelegt, »filetiert« und so weiter, sodass es heute in erster Linie solche Geschäfte mit verflüssigtem Betriebsvermögen (und nicht Geschäfte auf der Basis von Betriebsvermögen) sind, welche die großen Revenuen erbringen.
Die sozialstrukturelle und kulturelle Basis dieser Geldvermögen und verflüssigten Betriebsvermögen muss gesichert werden. Dazu gehört, um mit einem oft vernachlässigten, soziologisch aber wichtigen Aspekt zu beginnen, die Bedeutung des Gebrauchsvermögens im Luxussegment . Luxuskonsum dient der Sicherung des soziokulturellen Status. Der hier fällige Begriff der conspicuous consumption , des demonstrativ auffälligen Konsums, wurde Ende des neunzehnen Jahrhunderts vom amerikanischen Ökonomen und Soziologen Thorstein Veblen eingeführt, um die Macht- und Herrschaftsfunktion eines aufwendigen, durchaus auch müßigen Lebensstils zu erfassen. Indem die Geldelite materielle und immaterielle Güter, Dienstleistungen und so weiter des Luxusmarktes in auffälliger Weise konsumiert, demonstriert sie nicht nur ihre abgehobene Stellung, sondern fixiert auch alle übrigen Schichten auf ganz bestimmte Vorstellungen von »Glück«.
In diesem Sinne waren und sind beispielsweise die Wohnsitze der Vermögenden ein zentraler Raum für conspicuous consumption , vom Feudalismus bis heute. Gerade auch für Europa lässt sich die Agglomeration von Luxusimmobilien in bestimmten Stadtteilen, in bestimmten Landstrichen (Küsten, Inseln, Kleinstaaten wie Monaco und so weiter) gut und über historisch lange Strecken illustrieren. Auch Mobilität war schon immer ein Feld demonstrativen Konsums – von Kutschen zu Maybachs und Privatjets.
Zur Illustration: Neben den zahllosen Gulfstreams und so weiter gibt es auf der Welt ungefähr fünfzig private Boeing 747er und sogar 777er und etliche Airbus 380 (Flugzeuge, die normalerweise 400 Passagiere befördern) mit Interieurs, entworfen für das Pläsier von höchstens einem Dutzend exklusiver Fluggäste. Megamotoryachten erleben einen nie gekannten Bauboom, ihre Größe steigt rapide, Anschaffungskosten, Verbrauch und Liegegebühren gehen ins Astronomische, ebenso aber auch der Prestigeeffekt und die Möglichkeit der Erzeugung von Netzwerk- und Abhängigkeitseffekten an Bord.
Im übrigen spielt auch der Kunstmarkt eine besondere – und besonders subtile – Rolle im Bereich des demonstrativen Konsums. Wenn, wie jüngst geschehen, ein unscheinbarer, bislang in diesen Kreisen nie gesehener Privatmann (Beobachter vermuteten: ein Russe) auf einer Sotheby-Auktion Picassos »Dora Maar mit Katze« für 95,2 Millionen Dollar, einen Monet für fünf Millionen und noch schnell einen Chagall für 2,5 Millionen Dollar ersteigert und wenn Derartiges immer häufiger in den großen Auktionshäusern geschieht, so steckt dahinter eine »Vermögenskultur« im Umfeld des Geldmachtapparats, die noch kaum erforscht ist.
Auch kulturelles Kapital im Sinne Pierre Bourdieus, vor allem Bildungsprivilegien und -titel, wird für den Ausbau des Geldmachtapparats funktionalisiert. Eliteuniversitäten bleiben den Kindern der Reichen vorbehalten – und den sorgfältig ausgelesenen Best and Brightest aus den übrigen Schichten, welche eines der dünn gesäten Stipendien ergattern und später gehobene Dienstleistungspositionen einnehmen dürfen. Die übrigen Bildungswilligen müssen sich verschulden. Amerikanische
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